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Sonntag, 2. Februar 2014

Apokalypsen der Geschichte

Das Gefühl des Apokalyptischen wächst in einer Kultur dann und dort, wo die Gewißheit, daß wir uns ontologisch nicht selbst fundieren können, wächst. Es ist deshalb ständiger Begleiter jedes Zustands der Menschen, und als Aussage relativ neutral. Denn es ergibt sich immer aus der Grunderfahrung der Diskrepanz aus zivilisatorischem Zustand und ontologischer Grunderfahrung - daß wir unser Sein jemandem verdanken, und daß wir in unserem Dasein dieses Sein nur in zerbrechlichem Gefäß tragen. Immer. Und niemand ist sich dieser Brüchigkeit mehr bewußt als Heilige. Und niemand mehr als Unheilige.

Vielleicht kann man sogar daraus schließen, daß Zeiten, in denen die apokalyptische Grundahnung (die es nämlich ist) als Grundverfaßtheit der Welt besonders ans Tageslicht kommt, besonders "zelebriert" wird, Zeiten zweier Extreme sein können: Die besonderer Heiligkeit wie die eines drohenden Gesamtzusammenbruchs der kulturellen Situation.

Mit einer Unterscheidung: Der Heilige weiß darum, und wirft sich umso mehr auf Gott. Der Unheilige weiß darum, und schreit - vor Angst, in der er sich seine Rettung selbst zu schaffen sucht.

Der Heilige weiß, daß dort, wo die Nacht am tiefsten ist, die Rettung am nächsten kommt, der Moment des Eintritts des Lichtes ist. Eine Rettung, die dem Unheiligen zum Verdammungsurteil wird, weil sein Streben dieses "Hinzukommende", diese Erlösung, dieses Licht ausschließen, ja vermeiden will. 

Darauf beruhen alle Weltrettungsmissionen der Ideologien und sogar der Religionen der Geschichte, und es ist der Schlüssel zum Verständnis der Geschichte überhaupt. Und das macht alle diese Weltrettungsversuche so ... lächerlich, wenn sie etwa von einer Welt ohne Menschen ausgeht. Weil Weltschicksal vom Menschenschicksal nicht zu trennen ist, es aber mit Gewißheit nicht in unsere Hand liegt, die Zeit zu beenden. Oder mit falschen Mitteln das richtige Ziel - Welterhaltung - zu erreichen. Der Bestand der Welt liegt in einer völlig anderen Dimension, im Übernatürlichen gegründet, an der der Heilige bereits teilhat.

Deshalb ist es uns auch nicht möglich (und sie war es nicht einmal dem Sohn Gottes), sie historisch zu verorten. Denn die Apokalypse steht immer quer zur Zeit der Welt, und ihre Erscheinungen, wie sie die Offenbarung des Johannes beschreibt, sind immer gleich da und gegenwärtig. Immer gleich da als geistige Wirklichkeit, die sich ihre teilartige weil auf jeden Menschen bezogene historische Wahrheit immer bildet. Die Apokalypse des Johannes ist also auf zwei Arten gültig und zu lesen: als "Schema" jedes Lebensschicksals, wie als (zeitloses) und ebenso unausweichliches Gesamtschicksal der Welt, in dem sich ihre Geschichte erfüllt.

Diesen Zeitenlauf zu beenden, zu dem dann diese Abläufe absolut und einmalig historisch werden, ist damit ein für sich stehender Akt, der alles, die gesamte Schöpfung (als Welt) umfassen muß, als Reinform zahlloser "Teilapokalypsen" freilich noch einmal gesteigert, weil ja alles in der Welt mit allem, zur großen Gesamtordnung gefügt, zusammenhängt. Als Ende der Geschichte, wie wir sie kennen. 

Das der, der um die apokalyptische Dimension seines eigenen Lebens ohnehin weiß, nicht zu fürchten braucht. Ja, der sogar mit besonderer Verheißung beladen ist. Wenn er denn glaubt.

Denn nur der Glaube ist dieser von jedem zu setzende persönliche Akt, nur er schließt die personale Ebene ab. Keine "Religiosität", keine Philosophie, keine Lehre vermag das je zu leisten, ihr fehlt dieser personale Anschluß an Gott selbst. Deshalb ist der Zentral- und Angelpunkt des Christentums der Glaube an Jesus Christus als Person, als Gott selbst, und er ist durch keine Religion sonst zu ersetzen. 

Wie immer Gott Andersgläubige einmal anschauen mag. Denen diese so überaus reale Dimension aber fehlt.





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