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Montag, 31. März 2014

Das kann gar nicht anders sein (1)

Die FAZ berichtet von einer Welle der Empörung als Reaktion auf ein Urteil eines deutschen Gerichts: Ein Afghane hat seine (von ihm) schwangere Ex-Freundin hinterrücks erstochen. Sie hatte sich geweigert, das Kind abtreiben zu lassen, aber auch, es islamisch zu erziehen. 

Das Urteil fiel aber milde aus: Denn die Richter befanden, daß der Täter sich aufgrund seiner kulturellen und religiösen Situation (samt einer nicht sehr gefestigten Persönlichkeit) in einer persönlichen Zwangslage befunden habe. Der Mann hatte die Beziehung zu der Deutsch-Amerikanerin seinen Eltern verschwiegen, weil unter den Jesiden, denen er angehört, einer islamischen Glaubensrichtung, die Wahl des richtigen Ehepartners - was heißt: von der Gemeinschaft anerkannt, auf jeden Fall muslimisch - von größter Bedeutung ist. Das hatte ihm die Frau verweigert. Deshalb konnte der Richter keine "besondere Schuld" feststellen, wie der Staatsanwalt verlangt hatte, um eine (übliche) vorzeitige Haftentlassung des Mannes aus seiner spruchgemäß lebenslangen Haftstrafe zu verhindern.

Die Empörung, von der die FAZ berichtet, ist aber nicht wirklich zu verstehen. Denn es ist ein Rechtsgrundsatz UNSERES Rechts, die subjektive Gewissenssituation eines Täters zu berücksichtigen. Zwar ist einerseits die Tat Maßstab für das Strafmaß, aber in gewissem Rahmen. Die Strafe hängt immer von der Größe der individuellen Schuld ab. Täter in Zwangslagen, wie immer die begründet sein mögen, haben geringere Schuld, als völlig frei und bewußt Handelnde. Für Letzteres aber reicht bloße Kenntnis des Strafrechts nicht aus, wie es dem Täter, der hier geboren und aufgewachsen ist, natürlich zugeschrieben werden muß.

Hier ist eben der Punkt, wo die Religion einsetzt, und jener Punkt aus dem (wie hier schon mehrfach hingewiesen) wir mit der Zuwanderung auch unterschiedliche, zwangsläufig parallele Rechtssysteme aufbauen. Und zwar aus unserem eigenen Rechtsverständnis heraus. Unterschiedliche Religionen aber bringen unterschiedliche Ethik, ein unterschiedliches Moralbefinden. Recht setzt aber (auch) auf subjektivem Moralbefinden auf. Ist eine Kultur religiös homogen, so kann davon ausgegangen werden, daß das Rechtsempfinden überall in ihr gleich ist. Wenn diese Voraussetzungen aber nicht gegeben sind, muß auch das Recht differenzieren - und bei Beurteilung einer Tag auf den kulturellen Hintergrund der Täter eingehen, aus dem heraus erst das Wesen der Tat wirklich hervorgeht.

Wenn wie hier der Ehrbegriff völlig andere Dimensionen hat, als einem christlichen Abendland eigen, so muß das Gericht auch darauf Bezug nehmen. Nur wenn wir die Fundamente unseres eigenen Rechtssystems aushebeln wollten, würden wir das vergessen können. Und auch (wie hier) Muslime (der unterschiedlichsten Prägungen) nach christlich-abendländischem Rechtsempfinden aburteilen können. Darin aber würden wir genau diesem Rechtsempfinden widersprechen. Denn in der Berücksichtigung subjektiver Handlungsmotive berücksichtigt das Recht den christlichen Aspekt, daß Gott gleichermaßen urteilt, daß Schuld und damit die ihr notwendig folgende Sühne durch die Strafe eine sehr subjektive Dimension hat. Wir holen uns mit der Zuwanderung also selbstverständlich auch die Anfänge zu parallelen Rechtssystemen (Mehrzahl!). Selbstverständlich werden wir also mit der Zuwanderung von Muslimen auch muslimisches Recht MIT einführen.

Wobei man sagen muß: Das wäre keineswegs neu, ja darauf baut unser Rechtssystem überhaupt auf! Denn in seinem historischen Herkommen war Recht das Recht von Personen und Personengruppen. Ein auf Territorium bezogenes Recht, wie wir es heute haben, entstand erst mit der Gründung von Marken im Osten, die keine ansässige Bevölkerung hatten. Über Preußen schließlich überzog im 19. Jhd. endgültig dieses Rechtssystem ganz Deutschland. Aber Recht und Urteilsspruch war zuvor immer das Recht von Spezialgruppen, und kein Richter sah sich das Recht, einen Angehörigen etwa eines anderen Stammes (mit anderem Recht) abzuurteilen.

(Man nehme nur die Stelle im Evangelium: Wenn Pontius Pilatus Jesus den Juden übergeben möchte, weil er als Jude in deren Rechtssystem steht, so ist das Argument der Pharisäer auf die Frage der Zugehörigkeit Jesu zu einem Rechtssystem bezogen - sie wollen beweisen, daß er nach römischem Recht und Rechtsempfinden zu verurteilen wäre, das dort einsetzt, wo das jüdische Recht endet: in den Berührungspunkten eines an sich geschlossenen Rechtssystems Israel ins Römische Reich. Man will beweisen, daß Jesus durch seinen Majestätsanspruch römisches Recht verletzt habe. Aber der Selbstanspruch als Gott war nach römischem Recht kein Vergehen.)




Morgen Teil 2) Ein Rechtssystem als Schnittmenge subjektiver Rechtsempfinden



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