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Freitag, 11. April 2014

Teilhabe an der Passion

Nur das, was als Form geistig enthalten ist, kann in seiner Unvollkommenheit, seiner Verletzung, seiner Zerstörung überhaupt als solches empfunden weil gesehen werden. Deshalb empfindet der Geistige - die Perösnlichkeit - mehr Schmerz als der Ungeistige. Deshalb, schreibt Otto Weininger in "Geschlecht und Charakter", empfindet der Mann (bzw. der Mensch im Männlichen, man könnte es so umbrechen*) mehr Schmerz, als die Frau.

Damit ist auch das Leiden Christi das in seiner Größe und Vollkommenheit am höchsten Ausdenkbare. Denn in ihm ist tatsächlich die (historisch gewordene wie zukünftig werdende) Sünde und Bosheit ALLER ZEITEN enthalten. Sein außerhalb der Zeit stehender, und doch in diese hineinragende Geist hat alles Wirkliche der Geschichte gegenwärtig.

Deshalb ist es keineswegs leeres frommes Gerede, wenn die Kirche sagt, daß dem Gläubigen möglich ist, die HISTORISCHEN Leiden Christi seien in ihrer Schwere und Art von meiner momentanen, historischen gelebten Sündhaftigkeit abhängig. Und deshalb ist es kein leeres Gerede, wenn es heißt, daß der historische Mensch die historischen, konkreten, fleischlichen Leiden des Erlösers mildern, diesen trösten, an seinem Leiden sogar teilhaben, ihn entlasten kann, in der Sühne.**

In Christus ist uns das göttliche ewige Grundgeschehen der Erlösung sinnlich (historisch) gegenwärtig geworden, und in den Sakramenten, in der Liturgie, im Kult nach wie vor historisch gegenwärtig.

Die Nachfolge Christi - die der einzige (!) Weg zur Selbstverwirklichung ist - kann deshalb gar nicht anders aussehen als die (grundsätzliche) Bereitschaft, Christ Kreuz auf sich zu nehmen, wie immer es aussieht, weil es immer nur historische Konkretion, relative Gestalt hat. Nicht zufällig steht aber der Tod, das Leiden, am ANFANG des Jahreskreise, an der Pforte zur Fruchtbarkeit und des Lebens. Am Eingang zur Freude an den Dingen der Erde, die diese aus dem Geheimnis des Lebens heraus (aus dem Tod) hervorbringt, und in der sie uns überschwemmt.

Fast alles aber, was wir heute beobachten, ist ein einziger Versucht, dieser Bereitschaft (!) zum Tod  (die das Sterben selbst bereits ist) auszuweichen. Die sittliche, schöpferische, kulturelle Höhe einer Zeit bemißt sich ausschließlich an dieser Bereitschaft der Zeitgenossen, zu sterben. Ein Versuch, das Leben selbst doch zu gewinnen, nur auf anderen Wegen, die dieses Sterben ersparen. Und in der Suche nach ERsatzzielen ist der Mensch ungemein erfindungsreich (die Klimawandel-Apokalypse ist dafür prototypisch.) Wer den Moralismus, das "Gutmenschentum" erfassen will, hat es darin erfaßt. Nur dieses Sterben macht offen für die Wirklichkeit - als Moment der je neuen Überraschung.



*Was also nicht heißt, wie heute meist mißverstanden, daß die Frau vermännlichen soll, sondern daß das Frausein Frausein wird und werden muß durch die Männlichkeitshaltung in der es ergriffen wird, weil das Wesen des Logos initial und als "idea" männlich-zeugend ist.

**Die Selbstweihe Tirols an das Herz Jesu, die zum Ende des 19. Jhds. vollzogen und vom Vatikan offiziell approbiert wurde, hat deshalb historische Dimension und Auswirkung. Denn in ihr hat sich freiwillig ein ganzes Land, ein Volk dieser Sühne zugesprochen. Was auch immer an Geschichtlichem mit Tirol passiert ist, kann nur - konkret historisch - unter diesem Aspekt überhaupt verstanden werden.




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