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Donnerstag, 12. Juni 2014

WEM glauben, um zu erkennen

Die Kernfrage heute ist nicht, daß die Menschen nichts mehr glauben. Oh ja, sie glauben, und gerade die, die das bestreiten, glauben umso mehr. Die Frage ist nur - WEM und WAS glauben wir dadurch, daß wir JEMANDEM glauben. Weil subjektives Urteil aus dem individuellen geistigen Horizont erst aus dem (über die Sinne) Begegnenden eine Wahrnehmung (über die Welt) machen, baut jeder Mensch auf Gewißheiten auf. Deren Gestalt er aber ... nicht aus sich bezieht. Die Erfahrung vermag nur diese Theorien unterfüttern. Sie ist aber darauf und zuvor angewiesen.

Damit reduziert sich die Frage nach Erkenntnis (bzw. Wahrheit) auf die Frage nach der Autorität. Ohne die es keine Erkentnis gibt. (Was die Bedeutung der Familie, der Eltern, sowie der realen familiären Struktur erkennen läßt.) Nicht als "Zwangsinstrument", als die Autorität verleumdet wird und wurde (um andere Autoritäten und damit Erkenntnisinhalte zur Geltung zu bringen, um nichts sonst geht es dabei), sondern als Quelle der Erkenntnis.

Dieselben Leute, die auf traditionelle Autoritäten (Religion, Kirche, Familie, Väter) schimpfen, sie so gerne verleumden, entkräften wollen, beziehen sich in der nächsten Bewegung auf andere Autoritäten, denen gemäß etwas so oder anders wäre. Denen sie blind Glauben schenken. Es kostet oft genug ein Lächeln, wenn man erkennt, in welchem Ausmaß die Menschen heute blind glauben (und: es dabei ja doch nicht tun, weil ohne Verifizierung/Falsifizierung glaubt man gar nicht.) Unser ganzes heutige Denken und Meinen ist nichts als von Autoritäten übernommene Erkenntnis . Das wäre nichts Neues, weil das so ist weil es nicht anders sein kann. Die Frage ist nur, welche Autoritäten zur Geltung kommen.

Aber das enthebt nicht den Einzelnen - heute mehr denn je - die Aufgabe zu übernehmen, das Geglaubte selbst zu verifizieren/falsifizieren. Zu prüfen, ob es mit seinen sinnlichen Daten übereinstimmt. 

Deshalb ist der sicherste Weg zur Wahrheit - die Genauigkeit und Hingabe, sich der Welt, der Schöpfung, dem Begegnenden zuzuwenden. Denn dort liegt der sicherste Anker. Zwar noch nicht für die Wahrheit selbst - die muß empfangen werden. Aber für das Ablehnen oder Zustimmen. Und deshalb sucht die Lüge zuerst die Loslösung von der sinnlichen Erkenntnis der Dinge, der Welt. 

Diese Hinwendung aber ist eine Frage auch der Zeit, die man einer Sache betrachtend zuwendet. Die Verwirrtheit der Moderne geht deshalb einher mit der Flüchtigkeit, mit der die Welt betrachtet wird, mit dem Tempo. Deshalb hat die Lüge nie Zeit. Sie drängt immer. Und ein Ding ergibt sich not-wendig (im wahrsten Sinn) aus dem anderen.

Wer sich aber mit vollen Sinnen der Natur zuwendet, wer sich den Dingen betrachtend zuwendet, dem geht dieses Hinweisen, dieses Ahnen aller geschöpflichen Dinge auf. Dem geht auf, daß dieses Ahnen eine Erfüllung braucht - die Wahrheit einer Autorität. Denn die Welt ist uns "auferlegt", sie stellt sich uns zur Aufgabe. Sie ist kein Material, mit dem wir machen können, was uns einfällt.

Es wird heute so viel davon geredet, sinnlich zu werden. In gewisser Weise mit Recht. Denn genau das - sind wir so wenig wie noch kaum eine Kultur in der Geschichte. Der Empfindung zu verfallen heißt nämlich nicht, sinnlich zu sein. Wahrnehmung ist eine Frage der Wahrheit, der Deutung des über die Sinne einlangenden Eindrucks. Eine Frage des Urteils. Dem Glauben - dem Für-wahr-halten - geht ein Akt voraus, der Freiheit und deshalb Wahrheit und Reife verlangt. (Die dem Kind die Eltern vorgeben müssen, bis es zu dieser Reife im Erwachsenwerden selbst gelangt ist.)

Aber immer gilt, daß wir erst, wenn wir bereit sind, den Dingen ihr Recht (ihre Gestalt) zu belassen, sie in uns (von der Phantasie - einer sittlichen Kraft! - gewogen und gedreht) zur Entfaltung bringen und damit erfahren, im spielenden Aufnahmen der Eindrücke, im Erinnern, und ihnen nicht vorschnell mit Theorien zu Leibe zu rücken - dann werden wir auch die rechte Wahl finden, welcher Autorität wir glauben können. Denn ohne diese Rückbindung an das, was wir sinnlich vorfinden, wird Autorität zum blinden Fanatismus. Wird auch die Hilfestellung durch die Technik zur alles beherrschenden Welt selbst, die uns in Wahrheit die Welt aus der Hand schlägt.

Und unsere Zeit ist erschreckend fanatisch. Weil sie die rechte Autorität nicht mehr kennen will. Denn die verlangte auch ... die Mühe der Selbsthebung, der Überwindung der Trägheit, die Treue zum Urteil, ohne die sich Wahrheit aber gar nicht erschließt. Sondern zur These wird, der die Wahrheit zur Gefahr wird.




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