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Sonntag, 12. Oktober 2014

Eine wahre Erfolgsstory (1)

Man muß es regelrecht als Ammenmärchen bezeichnen, daß es dem protestantischen und industrialisierten Norden der USA im Bürgerkrieg 1861/65 gegen die Südstaaten um die Befreiung der Negersklaven gegangen war. Nicht nur, daß es auch im Norden Sklaven gab, war der Lebensstandard der meisten Sklaven relativ hoch, und die Neger selbst zufrieden mit ihrer Lebenssituation. 

Gewiß gab es Gemeinheit und Brutalität und Mißbrauch, so wie immer, so wie überall und in allen Lebenslagen - Freiheit heißt eben auch die Möglichkeit des Bösen zu ertragen. Aber die waren keineswegs die Regel, sondern eine Ausnahme, die von den meisten der Südstaatenbewohner keineswegs für gut geheißen wurden. Nicht anders als im Altertum der Menschheit, lag es ja doch im Interesse des Herren, die Lebensbedingungen der Sklaven gut zu gestalten. Wobei man ohnehin ganz anders dachte. Der Sklave war NICHT, wie dem technizistischen Norden längst eingefleischt, nur ein Mittel zum Zweck. 

Nur so war nicht nur ihre Arbeitskraft und vor allem ihre Arbeitsmoral, sondern auch ihre Fertilität zu zu erklären, was hieß, daß sich die Arbeiter selbst vermehrten. Ja, es entwickelten sich (wie hier bereits ausgeführt) Ansätze zu einer echten amerikanischen Kultur. Die Neger waren immer eher ein Teil des Haushalts, wenn auch an unterster Stelle. Doch das Haus, dem sie zugehörten, bot ihnen eine geordnete Welt und Rechtsschutz. Der keineswegs, so wie heute auf der Nordhalbkugel der Erde, quasi selbstverständlich war.

Die Desavouierung der Sklaven war ein definitives Propagandaprojekt. Man wollte damit Unruhe in die Südstaaten bringen, wollte ihn destabilisieren. (Wie kennt man das nicht alles ...) Und hoffte auf eine Revolte der Neger, sodaß dem Süden die materielle Basis entzogen werden hätte sollen. Nichts davon aber passierte, als man propagandistisch groß aufgezogen die Negerbefreiungskarte ausspielt. Fast alle Sklaven blieben bei ihren Herren, und fürchteten wie diese die Zerstörung ihrer eigentlich heilen Welt.

Das änderte sich schlagartig nach 1865. Wo sich der brutale rationalistisch-technizistische Kleinkrämergeist des Nordens zur Staatsmaxime der gesamten USA machte. Und zwar als direkte Folge der bis heute typischen Art der Kriegsführung der protestantischen Amerikaner, die seither das gesamte Land dominieren. Die Südstaaten waren denen des Nordens zahlenmäßig mehrfach unterlegen. Der Norden hingegen schöpfte aus scheinbar ohnendlichen Reservoiren. Materiell wie nach Menschen, also Soldaten. Schon lange aber war den Nordstaaten die Prosperität der Südstaaten ein Dorn im Auge. Denn die hatten mehr oder weniger aus reiner Landwirtschaft - etwa Baumwolle oder Erdnüsse - gewaltige Kapitalien angesammelt. Die es ja den Südstaaten ermöglichten, so frech und frei den Unionsvertrag auszulegen (und damit sogar im Recht waren in der Frage, ob die USA nach 1776 ein Bundesstaat oder ein Staatenbund waren; sie waren ein Staatenbund) daß sie auch auszutreten wagten. Der Norden hingegen war kreditfinanziert, wie es eben neuzeitliche Industrie immer war. Ihm fehlte jene Substanz, die der Süden hatte, der Norden war getrieben.

Nach der Niederlage von Gettysburg waren die Südstaaten unter General Lee erschöpft, im Grunde wehrlos. Aber anstatt einen Frieden anzubieten, wie es der Tradition gemäß die Südstaaten erwarteten, hetzte die ständig anwachsende Nordarmee die verbliebenen Truppenteile durch ihr eigenes Land. Und wandte dabei eine perfide Taktik an, die seither Merkmal amerikanischer Kriegsführung ist: Sie zerstörten die Lebensgrundlage der Südstaaten. Man wollte den Feind auslöschen, vernichten, nicht einfach besiegen. Nur ja keine militärisch motivierten Friedensverhandlungen! Man wollte doch mehr!

In dutzende Kilometer breiten Streifen schlängelten sich die Nordarmeen durch den Süden, und verwüsteten alles, was ihnen unter die Finger kam. Plantagen, Städte, Dörfer, Werkstätten, Felder, Menschen. Wie eine Schlange - "Anakonda" nannte man diesen mehrjährigen Verwüstungszug später - zogen sie durchs Land, militärische Ziele waren nebensächlich, denn die waren längst erreicht. Man wollte dem (bereits 1863 geschlagenen) Süden regelrecht die Lebensgrundlage entziehen. Argumentiert wurde, daß man nur auf diese Weise den militärischen Widerstand zum Ersterben bringen könne. (Kennen wir das nicht?) Der Widerstand der - fast gezwungenermaßen nun weiterkämpfenden - Reste der Südstaatenarmeen war nur noch verzweifelte Gegenwehr gegen die Verwüstung.

Totaler Krieg. Und die Engländer finanzierten ihn gerne, denn so wurden sie lästige Baumwoll- und Maiskonkurrenten los, so wurde eine finanzell zuvor bestens fundierte Gesellschaft ihrer Substanz beraubt, ihr Kapital vernichtet. So eine Gesellschaft würde zukünftig Kredite brauchen, die sie zuvor nicht gebraucht hatte.

Manche munkeln über Zusammenhänge der Wallstreet mit englischem Kapital. Aber das ist sicher wieder so eine Verschwörungstheorie. Aber so nebenher konnte die billigere (weil qualitativ etwas schlechtere) Baumwolle der Südstaaten die in englischen Fabriken verarbeitete Baumwolle aus Ägypten und Indien nicht mehr konkurrenzieren. Der Export aus den Südstaaten brach ja völlig zusammen: Keine Plantagen, keine Arbeitskräfte, pleite geganene Plantagenbesitzer.

Immerhin, dreimal darf der geneigte Leser raten, WER die Nordstaaten mit Krediten finanzierte? Es war der wichtigste Bankplatz der Welt, großgeworden etwa 100 Jahre zuvor, als erstmals in der Geschichte ein Staat Garantien für private Banken übernahm, um einen Finanzzusammenbruch zu verhindern ... London. (Äußerst erhellend dazu: Bagehot's "Lombardstreet"; eine Pflichtlektüre, nicht nur für Wirtschaftsfachleute.)


Morgen Teil 2) Die Folge amerikanischer Sendung - Chaos und Sieg der Brutalität




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