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Mittwoch, 1. Oktober 2014

Europa muß sich schaffen (2)

Teil 2) Wer keine Visionen hat, stirbt




Zwei Richtungen müßte also die europäische Politik einschlagen: Auf höherer Ebene den Zusammenschluß mit Rußland suchen, das für Europa eine ideale Ergänzung wäre. Denn es ist keineswegs Zufall, und sehr metaphorisch aufzufassen, daß Rußland jene Rohstoffe und Energien liefert (weil hat), die Europa genau und existentiell fehlen. Die Vorteile, die so ein Bündnis in so vielen Hinsichten hätte, intern wie in einer sich neu formierenden globalen politischen Welt, wären gar nicht aufzuzählen, so zahlreich. Gleichzeitig müßte das Machtgebilde "unter" der EU durch die Schaffung etwa gleichstarker "Reiche" in Gleichgewichte ausgependelt werden. Dies erst würde den vielen Kleinstaaten wirklich nützen, so erst könnte man davon ausgehen, daß auch ihre Interessen genügend im Großkonzert berücksichtigt würden. Vielleicht sogar tatsächlich durch Einbindung der Türkei im Rahmen eines Mittelmeerkonzepts. Damit wäre auch die Position der EU in der Levante, in der Europa einfach viele Interessen hat, warum sollte man das nicht offen sagen, völlig anders, und vor allem: klarer und stärker.

Im aktuellen Fall der Ukraine, die in den Augen des VdZ zerbrechen wird, in einen (vermutlich sogar Kiew noch einschließenden) Rußlandteil, und in einen westlichen Teil, wäre eine Einbindung dieses westlichen Teiles in eine - sagen wir es ruhig - Donauraummonarchie nicht nur die einzige realistische Dauerlösung (denn eine NATO-EU-Einbindung würde das Problem mit den völlig berechtigten Bedürfnissen Rußlands angesichts des Ungleichgewichts der Kräfte nicht nur nicht beheben, sondern in Permanenz aufrechthalten), sondern auch für das Land und seine Kultur im Ringen um Selbststand, und das heißt eben auch: Abgrenzung zum Ostslawischen, der einzige Weg.

Es ist auch für die EU der einzige Weg, behauptet der VdZ. Sie kann nicht zu einem globalen Player weiterschreiten, das zeigt sich immer deutlicher, will sie nicht zu einem Appendix der USA werden. Sie wird aber die politische Einigung des Kontinents nicht schaffen, aus verschiedensten Gründen, und setzt heute - wie in einem Geburtsschaden - im Grunde ungeordnet intern auf vielfach falschen Ebenen an.

Aber selbst Rußland bräuchte dieses Europa, und der VdZ ist gewiß, daß gerade Putin das am besten weiß. Denn ein Pakt mit China ist widernatürlich und für Rußland auf lange Sicht sogar gefährlich. Man betrachte nur die Gestalten - hier ein dünn besiedeltes, riesiges Sibirien, dort ein mit Menschen vollgestopftes China. Räume fordern! China wird Rußland erdrücken. Doch läßt man Moskau derzeit keine Wahl. Und man stärkt damit ... China. Die derzeitige Strategie (soferne man davon überhaupt noch sprechen kann) ist also auch aus Sicht der USA (deren Raum wohl wirklich nur in Amerika liegt, Monroe wußte das) seltsam kontraproduktiv, ja sie hat sich selbst in eine Sackgasse manövriert, wo der nächste Schritt nur noch ein Retourgang sein kann, wie es sich doch seit Jahrzehnten zeigt. Und ist die Situation am Golf, wo der arabische Raum eine Positionierung in der globalen Lage zu schaffen sucht, etwas anderes?

Es schmerzt zu sehen, daß die Haltung der EU Rußland gegenüber so klare Züge haßerfüllten Zynismus' trägt. Eines Zynismus, der einem Charakter entspringt, der in seiner eigenen Verzweiflung lieber alles in den Abgrund reißt, als Scheitern einzugestehen, und sich neu zu orientieren. Selbstverständlich - die Rede ist vom nie übers Kleinkind hinausgekommenen Sprößling Europas, die Rede ist von den USA.

Dazu freilich bräuchte es Größe. Dazu bräuchte es in Europa Minister und Kanzler vom geistigen Format eines Metternich, eines Talleyrand, etc. etc. Woher die kommen sollen? Der VdZ ist der festen Überzeugung, daß sie da SIND. Daß es diese Männer GIBT, auch in Europa, ja mitten unter uns. Nur haben sie sich selbst noch nicht zu dieser Größe entwickelt, die in ihnen noch embryonal ist. Sie konnte sich deshalb nicht ins Licht und an die nötigen Positionen entwickeln, weil die Elitenbildung in Europa einen Fundamentalschaden erlitten hat. "Große Aufgaben bewirken große Männer bewirkt", nicht umgekehrt. Selbst das geistige und politische Leben eines Raumes hat mit seiner Größe zu tun, in der er zur Person, zum Organismus konstituiert ist. Der Leib (zu dem in diesem Sinn der Raum des Menschen wird, den es nur "mit Grenzen" als Leib, als "Etwas", als Gestaltbares gibt) fließt in den Geist zurück, und fordert ihn damit.

"West-Europa" hingegen, ungeeingt, uneinbar, außer mit Gewalt, denkt (schöpferisch) offensichtlich derzeit zumindest nicht in adäquatem Maßstab, bleibt unter seinen Möglichkeiten. Und weil es nach unten - in den Abgrund technischer Starre - blickt, wählt und schafft es seine eigene Zukunft nicht.



Morgen Teil 3) Nur Poesie kann Politik schaffen, 
nur Poesie kann überhaupt etwas schaffen,
nur in ETWAS kann der Mensch leben 




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