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Sonntag, 26. Oktober 2014

Fehlerhafte Triebe (2)

Teil 2) Unkultur als Weg zur Perversion





Kultur wird somit als "Symbol-Archiv" verstehbar, an und in dem sich der Mensch je neu zu sich - in seiner bereits erkannten und möglichen Höhe - finden kann. Sie ist wie eine jeweilige Rückführung zu sich selbst, eine Art Abrufen, Erinnern des Selbst an sich.** Der Mensch muß also in eine Kultur hinein erzogen werden, in der er eine Gestalt anzunehmen lernt, in der das dialogische Wechselspiel des alltäglichen Begegnenden ebenso enthalten ist, wie deren geformte Kommunikation mit seinen jeweiligen Lebenstriebstufen.

Erwachsenwerden heißt also, die jeweils an sich noch ungeistigen (aber auf Geist ausgerichteten, deshalb mit dem Lebensalter ansteigend und fordernder in Vernunftstrukturen einzugliedernden) Lebensstufen zu formen zu lernen, und dem höheren Gesamtziel dienend - der Freiheit des Geistes - als Persönlichkeit einzufügen.

Bleibt der Mensch in seiner konkreten fleischlichen Prägung festgehalten in "unteren" Stufen, bleibt deren Drängen (!) nach Anbindung in den Geist² also unbeantwortet, so wendet sich die Geistigkeit von oben her (der Leser möge die manchmal vielleicht allzu bildhafte Sprache verzeihen, mit der versucht wird, das komplexe Geschehen auf so wenige Sätze einzudampfen) auf diese zurück. Hier beginnt zum einen die Neurose³, die Perversion, der Fanatismus, die Hysterie.  Der Geist findet quasi kein anderes Material, auf das er sich wenden kann, und versucht seine Prinzipien diesem ungewichteten Leib einzuprägen. ***

Und diese Geistigkeit ist jener Grad der menschlichen Reife - zu der prinzipiell jeder Mensch berufen ist, ja zu dem es ihn immer drängen wird, ob er das weiß oder nicht - in der der Mensch sich in Selbstbesitz als Vernünftigen findet, der sich von einem "dynamischen", transzendenten Ich her zu sich verhalten kann. Und aus diesem Ich heraus versucht er sein Sein als Mensch - mit Leib und Seele - zu erlangen, indem er sich die Teilhabe an diesem Sein quasi erarbeitet. Je vollkommener er sich in dieser "pyramidalen", hierarchichen Verfaßtheit entwickelt, desto mehr steht er als Ganzes in diesem Sein, an dem er analog teilhaftig wird. 

Das er sich also nicht geben kann, doch kann bzw. muß er aus sich heraus alles tun, um diese Analogie zu erfüllen, um SO am Sein teilzuhaben. Untere Stufen, um es so zu sagen - ohne daß dies alles eben wie in Scheiben aufzutrennen wäre, es ist immer ein Ganzes, das nur von seiner höchsten Möglichkeit her zu verstehen ist - sind also nicht, wie in einer Summe, eben nur geringere Stufen der Vollkommenheit, sondern sie sind Mängel am Ganzen des Menschseins.

Wo er in unteren Stufen hängt, ist er einem Faß mit Leck vergleichbar, dem für die oberen Etagen quasi die fleischliche Lebenskraft fehlt (und Lebenskrafrt zielt auf Gestalt, auf Gesamtverwirklichung als Mensch, mit Leib und Seele im Geist). Klartext: Bleibt er etwa in sexualistischer Ebene hängen, oral, anal, wie immer man diese immer sehr komplexe Lage eines Menschen sehen kann oder muß, fehlt der Anlage zur Geistigkeit ihre Entfaltungskraft. Ohne diesen Anspruch aber je aufgeben zu können, denn er liegt in der Wesensverfaßtheit jedes Einzelnen - ontologisch - begründet.


Morgen Teil 3) Nachgedanken, auch zur Hochbegabtenproblematik.
Oder zum Irrsinn der "freien Wahl" des Geschlechts



²Es wird gerne übersehen, daß ja die Natur nicht darin ihr Glück findet, in einem rohen Zustand belassen zu werden. Sondern sie "sehnt sich" nach Formung, nach Sinn, nach Einbindung in die Kulturwelt des Menschen, und damit nach höchstem Sinn. Denn so findet sie selber zu ihrer eigenen größeren Entfaltung. Nehmen wir ein simples Beispiel aus dem Alltag: Nehmen wir einen Hund als Haustier. Wer genau schaut sieht, daß dieses Tier regelrecht danach lechzt, vom Menschen mit Aufgaben bedacht zu werden. Sieht, mit welcher Begierde und Freude es sich in menschliche Strukturen einbinden läßt, was beim Hund bis zu gewissen Formen dem Menschen analogen Seelenlebens führen kann. 

Jedes Tier erwartet vom Menschen nämlich, daß er seine Herrschaft über es wahrnimmt und es selbst somit zur höchstmöglichen Erfüllung führt. Denn auch das bloße Tier, der bloße lebende Organismus der Pflanze, ist auf Geist ausgerichtet, insofern ontologisch transzendent, ohne dieses Ziel aber - mangels Vernunft als Selbstverhältnis - selbst erfüllen zu können. Denn alles Leben will zum Einen, zu Gott. Und der ist Geist. Und was die Welt rägt ist LOGOS, ist Sinn. Nur aus Sinn aber nährt sich Leben. Alle unteren, sagen wir: rein vitalen Ebenen sind zu diesem (Welt-)Sinn nur Analogie.

**Deshalb gibt es eben Unkultur, ja Anti-Kultur, denn hier wird die Frage nach der Wahrheit (und der nur in ihr möglichen Klugheit, ja Weisheit) entscheidend. Nicht alles, was also institutionalisiert ist, ist auch zugleich Kultur im Vollsinn, sondern kann auch kulturalisierte Unkultur sein, die den Menschen von sich wegführt. Johannes Paul II. hat also sehr richtig von der "Kultur des Todes" gesprochen, in die sich der Westen entwickelt hat. Die Stellung der Sexualität in der faktischen Öffentlichkeit ist etwa als klare Neurotisierung zu verstehen.

³In welche Richtung dies zu verstehen ist, illustriert ein Beispiel aus der Naturbeobachtung, Rudolf Bruns "Neurosenlehre" entnommen: Ein in der Gefangenschaft überfressenes Eichhörnchen hört trotzdem nicht auf, dem phylogenetisch nicht-egoistischen, also "höher ausgerichteten" Sammeltrieb - Vergraben von Nüssen als Vorsorge - zu folgen. Es scharrt dabei törichterweise sogar auf einem Parkettboden, um es vermeintlich einzugraben. 

***Gerade in den Perversionen findet sich deshalb erstaunlich klar ein höheres, allgemeineres, geistiges Prinzip ausgedrückt, das um Durchsetzung, um Leibprägung - weil auf Gesamtwirklichkeit des Menschen ausgerichtet - kämpft und dabei mit viel Kraft nach Verwirklichung (nach außen, in Gestalt) drängt, und auf einen Leib und ein Selbst (als psychische Struktur im Verhältnis nach außen) mit dieser und jener Prägung, manifestierter Haltung, Neigung, Gewohnheit oder auch Denkmöglichkeit etc. trifft.




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