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Donnerstag, 23. Oktober 2014

Inklusivismus als Form des Hochmuts

Vieles, ja das Häufigste, was einem heute als "Toleranz" begegnet, subsummiert der Indologe Paul Hacker* unter "Inklusivismus". Und darin gleicht es dem Hinduismus, denn Hacker zeigt, daß es eine typische indische Denkform ist. Gekennzeichnet durch charakterliche Disposition.

Keineswegs ist der Hinduismus eine Religion der Toleranz, wie eine eigentlich künstliche Form davon, die im Grunde aus Indern resultiert, die im 20. Jhd. im Westen westliche Philosophie studiert haben, und im Westen kursiert, verkünden will.²

Von da her ist das, was wir mit Hinduismus verbinden, ein Versuch, mit westlichen Begriffen dieses unglaublich uneinheitliche, in unzählige, aber- und abertausende Richtungen aufgesplitterte Volks-Religions-Phänomen in eine Einheit und vor allem in eine dem Westen gegenüber rechtfertigende Begrifflichkeit zu bringen. Weshalb eine eigene "propagandistische" Form eines  Hinduismus entstand, in welcher Einheit der Lehre er vor Jahrzehnten im Westen auftauchte, den es so gar nie gab oder gibt. Es waren Versuche, mit der Einheitlichkeit etwas des Katholizismus mithalten zu können, die ein Religionssystem künstlich zu schaffen versuchten. Auch alte Schriften wurden so umgefälscht, "geradegebogen", wie Hacker beeindruckend zu zeigen vermag.

Eine Einheit wird so vorgetäuscht, die der Hinduismus in Indien gar nie hatte. Denn "der Hinduismus" ist praktisch überall in diesem Land als abgrenzende, antinomische und überall verschiedene "Lehre" (mit entsprechender Vielfalt des Kults) entstanden, weil er von allen Seiten mit Weltreligionen, vor allem dem Islam und dem Buddhismus, bedrängt wurde. Kein originaler Inder würde sich jemals als "Hindu" bezeichnen, eine solche Begrifflichkeit existiert gar nicht.** Das, was im Westen als Hinduismus auftaucht, ist den Indern selbst unbekannt. Es ist ein bereits in westliches Denken umgeformte und radikal veränderte weil westlichem Rationalismus angeglichene Naturreligion.

Und der Hinduismus Indiens ist alles - aber nicht tolerant. Vielmehr analysiert Hacker die indische "Toleranz" präzise im Sinn dessen, was der VdZ in anderem Zusammenhang hier bereits ausgebreitet hat: Der indische Inklusivismus ist in Wahrheit jener Hochmut, der die Ansichten und Begriffe des anderen als "in den seinen längst enthalten" klassifiziert. Nur so weit ist er "tolerant". Bei logischer Analyse ist das aber nicht der Fall.

Es ist das Verhalten der Schwachen, so Hacker, so der VdZ, die dem Begegnenden in Wahrheit nicht gewachsen sind, aber die sittliche Kraft nicht aufbringen, sich unterzuordnen. Sondern stattdessen den anderen auf ihre Begriffe und Begrifflichkeiten herunterbrechen, sodaß er ihnen quasi dann unterlegen ist. Weil SIE das, was der andere sagt, ja auch längst in ihrem Denken enthalten. 

Wir haben an dieser Stelle bereits eingehend darüber gehandelt. Verwenden wir also auch künftig den Begriff des Inklusivismus. Denn Hacker, der eine so klare Sprache pflegt, der so ungemein kenntnisreich und umfassend gebildet ist, daß selbst der gewesenen Papst Benedict XVI. ihn immer wieder als Vorbild anführt, wird uns noch sehr anregend beschäftigen.

Behalten wir vorerst diese Übereinstimmung - als Inklusivismus, deckungsgleich mit Formen des Narzißmus, wie wir sie an dieser Stelle bereits analysierend und in anderem Zusammenhang darzustellen versuchten.





²Und alle die, die heute daherkommen und erzählen, daß was man sage, doch dasselbe sei, was auch sie meinten (nur könne es der andere nicht erkennen, sie seien ihm also überlegen), gehören ins selbe Fach. In dieselbe verachtenswerte Geistes- und Charaktergeschichte. Nüchtern formuliert ist es nämlich eine primitive Strategie der Geistes- und Sittenschwachen, die so ihre embryonale Haltung zu bewahren trachten, unter Wahrung ihres eingebildeten sozialen Status.

*Paul Hacker (1913-1979) war nicht nur einer der angesehensten Indologen des 20. Jhds., sondern vielleicht aller Zeiten. So angesehen, daß viele selbst maßgebliche Inder zu ihm kamen, damit er sie in Sanskrit unterrichte. Zugleich war er aus dem originalen Schriftenstudium heraus ein außerordentlich exakter Kenner des Hinduismus. Er ist übrigens aus der ernüchternden Beschäftigung mit dem Hinduismus heraus, in dem er nur menschlicher Unzulänglichkeit begegnet ist, aber keiner plausiblen Heilslehre, in seinen späteren Jahren zum Katholizismus konvertiert.

**Das hat der VdZ auch persönlich erlebt, als er vor etlichen Jahren mit einem Hindu in nähere Gespräche kam, der ihm frei heraus erklärte, daß es so etwas wie Hinduismus gar nicht gäbe. Ein solcher wäre schlicht und ergreifend "Religiosität", ohne System, ohne Einheitlichkeit, nur NICHT islamisch oder buddhistisch oder christlich.



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