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Dienstag, 11. November 2014

Gezielter Völkermord als Kriegsmittel (2)

2. Teil) Es ging gezielt um Menschenvernichtung. 
Der Feind war nicht ein Staat, sondern ein Volk, das nur eines nicht konnte: Aufgeben.



Wobei man, wie gesagt, nicht auf Sprengwirkung setzte. Die war nur ein Mittel, um dem eigentlichen Wirkmittel, der Brandbombe, den Weg zu ebnen, und offen zu  halten. Eine bereits zerbombte Stadt war Sprengbomben - deren Einzelgewicht sich innerhalb dieser Jahre vervielfachte, so waren sie wenigstens noch als Bunkerknacker brauchbar - gegenüber überhaupt immun, da half nur Feuer. Man wollte Land, Fläche, Stadtfläche zu einem alles Leben verunmöglichenden Raum machen. Als militärisches Mittel gezielter Feindbekämpfung war die Sprengbombe unbrauchbar und viel zu zufällig. Man brauchte also "Dichte des Zieles".

Was die Zivilbevölkerung "einfach" erduldete, war unermeßlich. Die meisten Frontsoldaten, die auf Heimaturlaub waren, waren froh, bald wieder an die Front zu können. Denn so schlimm wie in der Heimatstadt war es dort bei weitem nicht. Jeder Soldat, der seine Hände hebt und die Waffe wegwirft, wird schonend behandelt, wird nicht mehr bekämpft. Was hätten die Bewohner deutscher Städte machen sollen, wenn fünfhundert Lancaster mit 3 Millionen Stabbrandbomben anflogen?

Und Hitler? Der dachte bis zum Schluß nur an Vergeltung. Was die Engländer natürlich mit Schmatzhand aufgriffen, denn die Verhältniszahl war erdrückend. Sämtliche V-Waffen töteten weniger Engländer, als diese bei einem einzigen Angriff auf Pforzheim über die Klinge springen ließen. Für diese Genugtuung blieb der Bevölkerung oft nur noch Lynchjustiz an Abstürze überlebenden Bomberpiloten. Aber an die Möglichkeit eines Sieges im Krieg glaubte niemand mehr, nur sagte man es nicht. Goebbels beklagte das. Die deutsche Propaganda war ja bislang in Schritten mutiert: im 1. Kriegsjahr hieß es "wir haben gesieht", im 2. "wir werden siegen", im 3. "wie müssen siegen", und im 4. "wie können nicht besiegt werden". Passives Erdulden war die Devise geworden, "siegen zu können" glaubte niemand mehr der täglich erlebte, daß die deutsche Luftabwehr die Vernichtung des Landes nicht einmal ansatzweise verhindern konnte. Die Propagande konzentrierte sich auf den Umstand, daß man zwar mit Psychologie nicht siegen, aber verlieren konnte. Denn daß man Menschen in rauchenden Trümmerhaufen nicht zu Hurra-Schreien bewegen konnte, war Goebbels klar. Also mußte man ihre Haltung loben, mit der sie das alles durchstanden.

Am Schlachtfeld hatte England vorerst verloren - also verlegte es sich ab Mai/Juni 1940 auf das Vernichten des Zivilen. Vorsorgehalber bestellte England in den USA Millionen von Gasbomben. Die aber denn doch nicht zum Einsatz kamen. Man fand und perfektionierte weniger skandalöse Mittel - die Flächenzerstörung durch Brand. Zahlreiche englische und amerikanische Bischöfe protestierten gegen diese unmoralische Vernichtungsstratege, deren  militärischer Wert eine längere Abhandlung braucht um noch "gültig" zu bleiben, weil sämtliche Werte erst einmal umgewertet werden müssen, um am Schluß noch plausibel zu bleiben. Erst rechtfertigten bewußt nach oben korrigierte Opferzahlen aus dem Revanche-Bombardement Londons ab August 1940, "Deutschland hat so viel Elend über Europa gebracht ..." zog aber schließlich als ultimatives Argument, um aller Gewissen, selbst das Churchills, zu beruhigen. London wurde propagandistisch zum Mythos des Durchhaltens stilisiert, und zwar auf groteske Weise für beide Seiten und durch die selben Übertreibungen. Aber nach dem wirklichen Ausweiten der Katastrophe, etwa im Ruhrgebiet, breitet sich spätestens ab 1943 Resignation aus.

Der Satz "Der Führer hat uns belogen" wird allgemein, wenn auch heimlich. Wer solchen Terror wehrlos hinnehmen muß, wer seine Bevölkerung davor nicht zu schützen vermag, dem glaubt man nicht mehr, daß er das Los wenden könnte. Man beginnt zu ahnen, daß alle Opfer umsonst sein werden. Das Beben der Erde unter den Detonationen wird von vielen als Weltuntergangserlebnis beschrieben, das dem Menschen jeden Platz auf Erden entzieht.

Der Staat Deutschland sorgte sich freilich vorbildlich um die Opfer. Hitler hatte ja immer einen Arbeiteraufstand wie 1918 gefürchtet. Die Engländer hatten sogar etwas dieser Art erhofft. Mit Millionen Butterbroten nach Bombennächten etwa wurde aber bemerkenswert "feinfühlig" reagiert. Mit Getränken, mit Kaffee, mit Millionen ausgegebener Essensrationen, mit einer Sanitätsversorgung, die noch 1945 von 90 % der Bevölkerung mit "sehr gut" bewertet wurde. Nach den schweren Angriffen auf Köln speisten 80 % der Bevölkerung auf Staatskosten. Und der Staat "zahlte", bereitwillig. Entschädigungen für Eigentumszerstörungen, Häuser, Klaviere, Hausrat, und steuerte die Inflation dann durch Preisregelungen. Augenblicklich bildete sich ein riesiger Schwarzmarkt, Natürlcih illegal. Aber als Bingen Tauschware für dringenden sonstigen Bedarf benötigte, konfiszierte es einfach einen Salzkahn, der vor Anker lag.

Größter Wert wurde auf "persönliche Begräbnisse" gelegt. Der Aufwan den man betrieb, Tote zu bergen, zu bestatten, zu identifizieren, war beträchtlich. Wenn es auch manchmal nicht mehr ging, wie in Dresden, wo tausende Tote schließlich auf Rosten aus Eisenbahnschienen - manche kannten dieses Prozedere aus Auschwitz - verbrannt wurden, weil der Verwesungsgestank unerträglich, die Eingrabekapazität aber überfordert war.

Die Währung? Man möchte das den "Gold ist Geld"-Trotteln von heute gerne wieder und wieder ewrzählen, wären sie nicht unbelehrbar stumpf, wie die Bombenopfer - bezahlt wurde mit allem, was gebraucht wurde. Zigaretten, Strümpfe, Wäsche, natürlich auch Geld (zu eigenen Kursen), was eben "Wert" hatte wurde zur Währung. Gold wollte niemand. Dafür interessierten sich erst nach 1945 die tausenden von amerikanischen Spekulaten, die das Land durchkämmten. Denn in Amerika war Gold - für Schmuck, was auch immer - noch etwas wert, das hier so spottbillig gegen ein paar Zigaretten, Strümpfe, Butter oder Brot einzuhandeln war, wenn man es eben darauf stand. Bis Goldbesitz und -handel in Deutschland generell verboten wurden. Gold wurde hier erst etwas wert, als es allen wieder gut ging, man Raum für Kokolores hatte.

Mit 5-800.000 Toten (je nach Schätzung), also mit vielleicht einem Prozent der Bevölkerung, war der Erfolg der unglaublichen Vernichtungswellen, die in diesen vier Jahren Bombenkrieg über Deutschland rollten, aber außergewöhnlich bescheiden. England war tief enttäuscht. Man hatte mit vielen Millionen gerechnet. Und selbst davon waren noch ca. 40.000 Tote KZ-Häftlinge bzw. Zwangsarbeiter, die nämlich in ganz Deutschland Bunkerverbot hatten, sieht man von einzelnen "vorschriftswidrigen" Ausnahmen ab. Leipzig, im Erbe seines ehedemstigen Bürgermeisters Goerdeler (im April 1945 endgültig für seine Beteiligung am Putschversuch vom 20. Juli 1944 hingerichtet), war dabei herausragend mutig.

Und doch verließen die Menschen die Städte nicht. Nicht, wie von der Reichsführung gehofft oder geplant. 20 Millionen (!) Menschen, so Göbbels, hatte man in "sichere Gebiete" auszusiedeln geplant. Aber nur ein Bruchteil davon ging fort. Die Menschen wollten in ihren Städten bleiben, und lieber sterben. Aber sie waren meist apathisch, desinteressiert, nur auf primitive Lebensvorgänge fokussiert, depressiv weil hoffnungslos, und nur noch beschäftigt, ihre Verwandten und Kinder zu finden, oder zu besuchen. Alles, was ihr Leben ausgemacht hatte, was sie sich materiell geschaffen hatten, war zerstört.*

Die meisten Verantwortlichen in England konnten sich 1945 nicht vorstellen, daß sich ein derartig seiner materialen Grundlage und seiner Geschichte, seiner Kultur beraubtes Volk, ein derart ausradiertes, vernichtetes Land, jemals, oder bestenfalls nach Jahrhunderten, wieder aufrichten könne.




*Österreicher können sich das Ausmaß des Bombenkriegs gegen die deutsche Bevölkerung nicht vorstellen. sie können sich auch nicht vorstellen, derartig seiner materialen kulturellen Grundlage beraubt zu werden. Ja, auch Wien wurde schwer bombardiert, ja, Wiener Neustadt (Henkel-Flugzeugwerke) war 1945 schließlich eine der meistzerstörten Städte des Dritten Reiches, war ausradiert. Aber das alles fand erst ab 1944 statt, als Italien mehr und mehr nach Norden zu erobert wurde, die Reichweite der allliierten Bomber also nunmehr ausreichte. Und auch die Heimatstadt des VdZ, Amstetten, wurde mit 200 Toten - bei vielleicht 7- oder 8- oder 10.000 Einwohnern (wie viele Einwohner die Städte damals hatten, ist bei den damaligen Wanderungsbewegungen oft nicht erhebbar) gar nicht so wenig - im finalen Angriff, wenige Wochen vor Kriegsende, als alles nur noch auf der Flucht nach Westen - durch Amstetten - war, beträchtlich getroffen. Ausgelöst durch eine SS-Einheit im Amstettner Außenlager von Mauthausen (für Aufräumarbeiten im mehrmals schwer bombardierten Bahnhof, der wichtig wegen der Erzlieferungen aus der Steiermark war), die sinnlos die bereits abdrehenden US-Maschinen zu beschießen begann. 

Den wirklichen Terror wie Deutschland hat Österreich aber nicht, nicht in diesem Ausmaß erlebt. Viele Österreicher glauben ja heute noch, zu den Guten zu gehören, weil sie Salzstollen im Salzkammergut, in denen viele, ja unermeßliche Kunst- und Kulturschätze Deutschlands eingebunkert waren, an die Alliierten auslieferten. Österreicher können in Fragen des Krieges, der Geschichte, seit mindestens 100 Jahren nicht mehr ernst genommen werden. Der Großteil der Bewohner dieses Landes faselt sowieso generell nur noch, gibt wirres., vor allem aber böses Zeug von sich.



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