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Mittwoch, 28. Januar 2015

Mehrfachmühlen (2)

 Teil 2) Die Lawine rollt - Hoffnung auf die Wundermaschine




Aber nun droht Japan eine weitere Mühle, auf die der Schlußstein bereits zurollt, und niemand weiß momentan, wie diese Mühle offengehalten werden könnte. Wie in allen Ländern der Erde hat nämlich Japan seit vielen Jahren alle Symptome einer alternden Gesellschaft. Wie eine Lawine rollt auf die gesamte kapitalistische Welt nämlich die Demographie zu. Und ganz anders als etwa der Klimawandel, der auf bloßer Phantasie beruht, ist diese Lawine berechenbar wie ein Abakus. Und wurde dennoch seit Jahrzehnten regelrecht ignoriert. Dafür ist das Land mit einer Infrastruktur gesegnet worden, die sich als Bumerang der Sinnlosigkeit herausstellen könnte.

Japan überaltert, und zwar in rasendem Tempo. In so einem Zustand, während einer Transformation dieser Art, noch dazu in diesem Tempo (in  nur einer Generation), zeigt sich ja lange Zeit scheinbar nichts an einem Land, nur wenige Auswirkungen. Vorerst, und wenn wie in Japan, ja auf der halben Welt, auf einem zuvor ständig steigenden Bevölkerungswachstum aufgebaut werden konnte. Dasselbe erleben wir ja auch in Europa (oder: erleben es eben noch nicht), vor allem in Deutschland und Österreich: Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden immer mehr Menschen geboren. Dann kam der Einbruch, von dessen Auswirkungen man lange Zeit nichts bemerkte und bis heute noch nicht bemerkt. Denn diese bis 1965 geborenen Menschen arbeiten, liefern Sozialabgaben und Steuern. 

Aber eines Tages beginnt ein seltsames Ungleichgewicht einzutreten, und es entwickelt sich immer schneller. Überalterung hat nämlich die unangenehme Eigenschaft, sich progressiv zu äußern. Es dauert nur wenige Jahre, bis sich ihre Fatalität einer auseinanderklaffenden Schere - von fallenden Staatseinnahmen und im selben Maß steigenden Ausgaben - offenbart: Wo eine nicht mehr arbeitsfähige, aber durch Steigerung des Lebensalters weiter wachsende Altenpopulation einer im Verhältnis dazu immer kleiner werdenden arbeitenden Population gegenübersteht. Derzeit glaubt man diesem Mißverhältnis nur durch Erhöhung der Steuern beizukommen. Aber höhere Steuern drücken auf die Wirtschaftsleistung. 

Dazu kommt, daß die Japaner, um ihre Wirtschaft in treuem Volkssinn zu stützen, ihre Ersparnisse brav auf die Märkte getragen haben, bzw. weniger sparten. Und nun malt sich am Horizont Nippons ein Szenario ab, vor dem allen bereits die Knochen schlottern.

Auf den Seiten www.zerohedge.com sind auf Graphiken einige Zahlen dazu aufbereitet. Sie zeigen, daß Japan bereits ab 2020 in eine Lage kommt, von der niemand vorhersagen kann, wie sie bewältigt werden könnte, und die sich in den kommenden Jahrzehnten nach derzeitigen Maßstäben als unlösbar herausstellen wird. Einerseits ist das Land extrem überschuldet. Der Spielraum der Politik wird also immer geringer, zumal die Steuerlast bereits sehr hoch ist. Anderseits ist die Sparquote, mit der sich Japan finanziert, womit in der jüngeren Vergangenheit bereits so viel ausgeglichen wurde, schon in den letzten Jahren drastisch gefallen. Woher also soll nun dieses Geld in Zukunft kommen?

Denn dann kommt noch die Situation der Arbeitskräfte, auf denen immer noch jede Wirtschaft der Welt aufbaut. Auch eine Finanzwirtschaft, die sich ja nur auf diese ganz reale Leistung einer Bevölkerung bezieht und beziehen kann. Denn insgeheim wissen gerade die Finanzjongleure Houdini'scher Konfektion am allerbesten, daß ihr Spiel nur von einem abhängt: Vom einzelnen Menschen ganz am Anfang der Wertschöpfungskette, als Arbeiter, als Konsument, als Bürger.

Während aber heute noch 80 Millionen Japaner in Arbeitsprozessen stehen, werden es bis 2060 nur noch 40 Millionen sein.  Wer wird aber dann die Wirtschaftsleistung noch erbringen? Wer wird die Steuern abführen, mit denen einerseits die Staatskredite zu bezahlen, anderseits die Renten bezahlt werden sollen? Die Spielräume zu weiteren Eingriffen sind noch dazu bereits jetzt derartig ausgereizt, daß die japanischen Regierungen schon in den letzten Jahren vor dem Dilemma standen, daß sie kaum noch Handlungsspielraum hatten! Und woher sollen die Kredite kommen, mit denen solche Politik noch finanzierbar wäre?

Das Fazit erzeugt ein Gefühl eines Kinobesuchers, der in einem Blockbuster sitzt, dessen Ausgang immer ungewisser wird. Der sich stattdessen immer noch im Aufbau der Spannung befindet, in dem immer noch mehr Faktoren eintreten, die auf den Punkt einer ultimativen Katastrophe zusteuern, so weit ahnt es der Zuschauer längt. Er nimmt also seine Popcornpackung, futtert blind in sich hinein, und rutscht immer tiefer in seinen Stuhl - dann alles das verspricht ein wirkliches Schlußszenario! Bisher war man ja gewöhnt, daß irgendwie irgendwelche Umstände die rettende Kavallerie spielten, mal mehr, mal weniger glaubwürdig. Diesmal aber läuft es auf etwas Seltsames zu: man kann sich immer weniger vorstellen, wie sich dieses Land noch befreien soll. Schon jetzt scheint die einzige Möglichkeit jene, die auch in der griechischen Tragödie einen gesellschaftlichen Zustand anzeigte, der kurz vor der Klippe eines völligen Verfalls stand: Wenn der Deus ex machina, eine Bühnenmaschine, willkürlich eingreift. 

Eine Lösung, über deren Vernünftigkeit aber niemand mehr Auskunft geben kann, weil sie nicht mehr in der Vernunft vorgesehen ist. Die deshalb einen Zustand der Entwirklichung anzeigt, dem im antiken Griechenland nur noch die Komödie und dann die beißende Satire folgte, wo niemand mehr jemanden ernstnimmt. Es ist also von größtem Interesse zu schauen, ob sich nicht irgendwo jene Maschine abzeichnet, an der Japans Regierung (oder irgendwelche Weltmächte, dann Japan ist ja nur Vorreiter einer Entwicklung, die sich in sehr vielen Staaten der Welt abzeichnet) hoffentlich bereits baut. Um dann einzugreifen, wenn die natürlichen Abläufe der Welt ihren endgültigen Kollaps erfahren.





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