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Dienstag, 6. Januar 2015

Neues Leben ersteht aus alten Wurzeln

Einen recht ausgewogenen, wenigstens einmal nicht hetzerischen Artikel über Rußland findet man in der Zeit. Und nicht zufällig stellt Michael Thumann seine Rede unter das Motto: "Man muß Rußland zuhören, sonst kann man es nicht verstehen."

Denn das Land ist riesig, und es sucht seit dem Fall des Kommunismus seine Identität, seinen Platz in der Welt. Seine Wirtschaft ist aus der langjährigen Einseitigkeit der Politik extrem verwundbar, hängt deshalb in hohem Ausmaß an Rohstoffexporten, und reagiert höchst sensibel, wird diese Lebensader bedroht. Eine Umbildung des Lebens braucht aber Zeit, und sie hatte auch ihre Krisen, wie der Putschversuch von 1993 beweist.

Der Artikel zieht - über Zitate von Konstantin Kostin, einem der engsten Politkberater des Kreml seit vielen Jahren - auch eine Parallele zu den Geschehnissen in der Ukraine, so, wie Russen es sehen. Denn der Majdan 2013 war genau diese Phase wie Moskau 1993, als mit Gewalt ein Umsturz versucht wurde. Aber Rußland hat - anders als die Ukraine, die das noch zu leisten hat - diese Phase überwunden, und will nicht den Weg der Gewalt, sondern der eigenen Entwicklung gehen.

Da kann es nicht verwundern, wenn Rußland zunehmend auf seine Traditionen zurückgreift und Stabilität wünscht, die sich aus dieser Erneuerung aus seinen Wurzeln speisen soll. Denn ein solcher innerer Kern existiert, er hat sich schon aufgrund der Größe des Landes nicht verflüchtigt. Putin hat diese Züge in sich vereint: Rückgriff auf das "staraja rossija", das alte Rußland, das auf Glauben, Moral und Familie beruhte. Und es sieht seine Dialogpartner nicht in Washington, sondern in Brüssel, Paris und Berlin. Dort müßte man also einfach besser zuhören.




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