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Donnerstag, 19. Februar 2015

Verlust der Rechtsstaatlichkeit (1)

Oh ja, das will natürlich jeder, und wer es nicht wollte, wäre ohnehin bereits aus jeder menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen. ALLE wollen deshalb, daß der Terrorismus bekämpft wird. Und überall denkt man darüber nach, wie Terrorismus noch effektiver bekämpft (und verhindert) werden soll. Die UN hat ja bereits vor Jahren eine für sämtliche Mitgliedsstaaten verbindliche, per Sanktionen einforderbare Resolution Nr 2178 beschlossen. In dieser muß Terrorismus bekämpft und verhindert werden. 

Nur in einem Punkt kam es bislang zu keiner offiziellen Definition: Was Terrorismus überhaupt sei. Denn was für die einen Staaten Terroristen waren, waren für andere Freiheits- und Widerstandskämpfer. Das heißt nichts anderes, als durch diese UN-Resolution ein Freibrief für Staaten geschaffen wurde, jede Mißliebigkeit, ja sein eigenes Rechtssystem aus dem Weg zu räumen.

Und dem VdZ ist auch niemand bekannt unter den Allzuvielen, die seit Wochen und Monaten sich "gegen den Terror" aussprechen, der jemals erklärt (und vermutlich auch nie nachgedacht) hätte, was Terrorismus und Terror überhaupt sei!

Dies wird noch dringender durch Forderungen, durch mittlerweile an vielen Orten erwogene oder bereits erlassene Gesetze, auch "terroristische Absichten" oder "Begünstigungen" als terroristische Akte zu sehen, also mit Rechtsmitteln zu bekämpfen. Was nichts weniger heißt als daß Gedanken unter Strafe stehen, und den Entzug staatsbürgerlicher Rechte, den Verlust des Rechtsschutzes, der ja die Zentralaufgabe eines Staates ist, nach sich ziehen können.

Denn nun wird es ja überhaupt erst heikel: nicht nur ist nicht klar, was Terrorismus ist! Dieses Wort ist ja zu einem ähnlich beliebigen Totschlagwort geworden wie Demokratie, oder Menschenrecht. Sondern nun geht das Recht dazu über, sich selbst auszuschalten, weil undefinierbar ist, was denn nun eine Absicht oder Begünstigung von Terror überhaupt sei! Was ja doch seit vielen Jahren schon bei den USA zu beobachten ist, die frank und frei JEDEN der sich ihnen entgegenstellt, zum Terroristen erklären, also gar keine Kriege mehr führen, obwohl sie überall zündeln, sondern nur noch "Terroristen bekämpfen". Darunter solche, die wenige Jahre zuvor - von den USA selbst dazu erklärt - koalitionsfähige Freiheitskämpfer waren.

Folgerichtig wird in Deutschland und in Österreich schon ganz offen darüber diskutiert, ob Personen, die unter "Terrorverdacht" stehen (etc.), durch Fortnahme ihrer Personaldokumente die staatsbürgerlichen Rechte weitgehend zu beschneiden. Wer ist aber nun verdächtig, Terrorismus zu fördern, zu begünstigen, oder gar und vielleicht zu planen? Jeder, der einen Blog führt, oder einen Leserbrief schreibt, oder im Kaffehaus mit Freunden ein Gespräch führt und zufällig belauscht wird, in dem er Verständnis für irgendeine Tat oder Vereinigung äußert, oder auch schon jeder, der sich nicht strikt genug von einem Akt abgrenzt, der (zufällig, oder aus aktuellem Anlaß) als Terrorismus definiert wird? Wie sieht es dann erst mit jemandem aus, der provokative Äußerungen irgendwo getätigt hat, oder nur regelmäßig in die Moschee geht (oder in die Kirche), und nun auf amazon nach Sportwaffen oder Messern surft (weil er heimlich einen Campingurlaub plant)? Ist der bald schon unter "dringendem" Terrorverdacht? Oder sind es alle Demonstrationen, die irgendeiner Macht behauptenden Definition nicht genehm sind? Oder entschließen wir uns unter dem Eindruck aktueller Verhältnisse und Ereignisse rasch mal zur Diktatur? Man muß es nur wissen!

Denn so, wie dieser neue Terrorbekämpfungsakt diskutiert wird, hieße das sogar, daß es nicht einmal mehr zu einer Verhandlung kommen müßte, in der der Tatbestand einer Straftat zu klären ist, EHE jemand verhaftet wird. Herrscht in einer Gesellschaft klarer Konsens ist das ja noch zu diskutieren und evtl. legitim. Aber herrscht dieser Konsens nicht, kann es nur heißen, daß eine Gruppe über die andere(n) herrscht und das Recht hat, Opposition als Terror zu definieren und auszuschalten. Das ist gar nicht so weit hergeholt, denn immerhin werden immer wieder Gesetze beschlossen, die für einen Teil der Bevölkerung (man denke an die aktuellen Fortpflanzungsgesetze in Österreich) niemals akzeptabel sein KÖNNEN. Einem Katholiken, der den Staat auch als Verantwortungsgemeinschaft begreift, KANN es gar nicht gleichgültig sein, in einem Staat zu leben, der solche Gesetze beschließt, denn hier wird er an die ultimative Pflicht Gott gegenüber gepreßt. Ist also bei Regierungswechsel erlaubt, die Vertreter (und Beschließer) solcher Gesetze als Terroristen anzusehen, und entsprechend zu bestrafen? Das Recht dazu wäre nicht einmal von der Hand zu weisen! Wovon spricht dann gar Carl Schmitt, der vom "Terror der Werte" spricht?

Oder wie sieht es mit jemandem aus, der das TTIP als ultimative Kulturkatastrophe sieht, die er seinen Kindern mit allen Kräften ersparen möchte? Ein potentieller Terrorist? Und wenn ihn der hiesige Staat nicht so sieht - tut es die internationale Staatengemeinschaft, die seine Inhaftierung verlangt? Terrorisiert ihn nicht der Staat? 

Genau so war ja Demokratie aber auch nie verstanden, als Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit. Denn ursprünglich war klar, daß Demokratie in Grunddingen einen Konsens aller braucht, sonst bricht ein Staat auseinander. Wer terrorisiert aber nun wen, wenn er terrorisiert, und wie? Denn es ist ja gerade das Paradox einer Demokratie, daß sie einhellige Meinungen und Haltungen, zumindest in Grunddingen, BRAUCHT, sonst funktioniert sie gar nicht, sondern wird zur Diktatur der Mehrheit. Regierungswechsel würden dann zum Wechsel der Diktatoren, deren jeweils erster Akt die Revidierung zuvor beschlossener "falscher" Gesetze wäre.



Morgen Teil 2) Wer irgendwie gut sein will, ebnet Willkür den Weg



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