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Dienstag, 24. März 2015

Zerreißen der Schleier des Geistes

Es sei ein Protest gegen Rückständigkeit, meint eine der Vertreterinnen der Bewegung "free the nipple". Zumindest behaupten das einige Medien: daß es eine weltweite Bewegung sei. Vermutlich ist es dabei einfach nur die nächste Schnapsidee einiger Selbstdarsteller und in diesem Fall wohl zweifelsfrei: Exhibitionisten.

Aber ist es rückständig, die Brustwarzen zu verhüllen? Es hätte dann seinen Weg in dieses Blog nicht gefunden, wäre es nicht ein weiteres Beispiel, wie unter dem Titel "Fortschritt" genau das Gegenteil angestrebt wird. 

Denn hier wie in so vielem sonst geht es um Formzerstörung, um Kulturauflösung. Um Re-Primitivisierung, um den Wunsch nach Barbarentum. Kultur bedeutet nämlich, die rein physisch-materielle Stufe der Welt (und des Menschen als Leib) allmählich in ihre größte Möglichkeit zu führen - den Geist. Nur so wird einerseits Welt besessen und in Freiheit gestaltet, nur so wird die in ihr enthaltene Freuung und Schönheit entfaltet. Diese Aufgabe hat der Mensch, es ist der Sinn seines Lebens.

Die Brustwarze ist zu einer der Stellvertreter-Darstellungen einer nur mehr dem entwickelten Geist erfahrbaren Zueinandergeordnetheit von Materie und Wort, von Frau und Mann entwickelt worden. Dem anderne, der diese Geistigkeit noch nicht erreicht hat, zumindest als Boje, als Markstein: dort läge er, streck Dich also danach aus!

Das ist genau so eine hohe Kulturleistung, wie es die Differenzierung in Mann und Frau überhaupt ist, auch und sogar in der sogenannten Mode. Noch im Mittelalter waren Mann und Frau in Europa kaum unterschieden, zumindest nicht in den großen Volkssschichten. Auch in der Arbeit waren sie kaum unterschieden. Die Frau war grobknöchig und schwere Arbeit gewöhnt, und vom Mann oft kaum zu unterscheiden. 

Es ist eine hohe Kulturleistung, hier nach und nach Differenzierung nicht nur hereingebracht zu haben, sondern in einer immer weitergehenden Aufteilung der "Spitze" des jeweiligen Daseins im Geschlecht (und anders ist der Mensch nicht real) - als Herausarbeitung des hier Seelenvolleren, Gemüthafteren, Empfangenderen, dort Kräftigeren, dem Kampf Zugewandteren, dem Erwerb Gewidmeteren, sodaß sich die Geschlechter nicht nur noch besser entsprachen, sondern einander noch mehr helfen konnten - ausgeformt zu haben. Je durch Riten und Verhaltensregeln wirklich geworden. 

Deshalb ist der Feminismus eine Re-Primitivisierung, ein Kulturabbau, kein Fortschritt, als der er dargestellt wird. Und damit wie so vieles ein seltsames Zurücksehnen in einen Zustand der Kulturlosigkeit repräsentiert. Ein Wunsch, der überhaupt in dieser Zeit zu liegen scheint.

Wer eine Brustwarze mit anderen Augen als jenen aus primitiver Unfähigkeit zur Form sieht, sieht in einen tiefen Grund tiefmenschlicher Zueinandereignung, und deshalb muß sie auch mit Scham und Tabu (als Schutz vor Barbarisierung) bedeckt werden. Sie zu entblößen, dabei zu verlangen, daß man den geistvollen Schleier, der in Jahrhunderten über sie gebreitet wurde, zerreißt, wieder auflöst, ist ein Aufruf zur Barbarei und bloßen Funktionalität. In jedem Fall: Ausweis geistiger Verarmung. Die nicht einmal mehr sieht, wo der Unterschied liegt, wenn eine Frau oder ein Mann seine Brust entblößt. 

Es sei natürlich?* Dann muß man den Menschen, sein Wesen, seine Natur bereits als geistloses Vieh definieren, dessen Beziehungen zueinander denen eines bloßen Verhältnisse auf bestimmte und sehr reduzierte Nutzanwendungen entspricht. Als wäre das, was Mann und Frau einander sein können (und das muß man sich erarbeiten, als persönliche wie allgemeine Kulturleistung), bald nur noch das, einander Fickmatratze zu bieten, je nach Lust und Willkür. Hier sogar noch von "free", von Freiheit zu sprechen, ist schlcith und ergreifend pervers, weil es genau das Gegenteil meint: Den Rückfall in die pure Getriebenheit durch animalische Forderungen. Jene besitzen und bestimmen dann den Geist (der sich im selben Moment verflüchtigt), nicht der Geist sie. Und erst dann ließe sich von Freiheit sprechen - im Erreichen des Gegenteils.**

Nicht weniger ist es deshalb Ausweis der Primitivität der Natur der heutigen so genannten "Prominenz", die diese "Bewegung" angeblich auslöst, und den Begriff der Elite, auf den sie zurückgeht, ins Gegenteil treibt. Zur Vorreiterschaft des neuen Barbarentums wird, wo der, der (gesellschaftlich-hierarchisch) nach oben sieht, eigentlich das Unten erblickt. Eine Kultur, ein Volk, ein Organismus folgt immer am Kopf, und an ihm wird es zur Höhe geführt, oder geht an ihm zugrunde.



*Es geschah ab dem Anfang der 1970er Jahre, aus der Revolution heraus, die die 1968er waren, als das "sich nichts mehr dabei denken" Kulturzerstörung zum "Gut" erklärte. Der VdZ hat in seiner Jugend diesen Werteumbruch erlebt, und ist ihm ein gutes Stück weit selbst auf den Leim gegangen. Aber man hat dabei nur der Primitivität - als Fall ins Nichts - Tür und Tor geöffnet. Die erlittenen, erfahrenen wie irrtümlich selbst zugefügten geistigen Schäden freilich zu reparieren, zerrissene Integritäten wiederherzustellen, das ist eine Lebensaufgabe, die sehr viel Geduld braucht. Aber es ist die historische Aufgabe der Zeit. Man kann Kultur und Geist nicht künstlich aufrichten, als Zwangssystem, wie es der Faschismus beabsichtigte, als Utopie. 

Aber man kann sich selber - und seine Verantwortungsbereiche mit - geduldig und aufmerksam zumindest in Teilen wieder aufrichten, wenigstens in der Orientierung. Der Geist, der Gewinn liegt dabei im Weg, weniger im Erreichten. Denn man kann sich auch dabei nicht alleine, autonomistisch denken. Man ist immer irgendwie zumindest Kind der dominierenden Kräfte seiner Zeit. Es geht eben nicht ums Hier, das ist immer relativ, nie absolut. 

Da braucht es oft viel Klugheit und auch Kompromißbereitschaft, Abwägen des je höheren Gutes, Vertrauen in die bergende Hand des Seins - Gottes. Anders geht es auch nicht, denn wir haben durch unser Leiden zu ergänzen, was am Leiden Christi noch fehlt. Das historisch konkret ist. So erst, im Kreuz, auch dem Kreuz an uns selbst, wird Welt und Geschichte erfüllt und real erlöst, werden wir zur Pforte der Gnade für uns und die Welt. Es geht im letzten eben ums Jenseits, um die aus dem Glauben geborene Hoffnung auf die Auferstehung am Jüngsten Tag, mit einer neuen Erde, einem neuen Himmel. Diese Erde ist unumkehrbar verspielt. 

Was wir tun können beschränkt sich oft sogar schon auf Treue zur überlieferten, übernommenen Form, die uns anfänglich meist sogar noch inhaltsleer und unverstanden bleibt.

**Selbst der Evolutionist und Materialist Siegmund Freud wies darauf hin, daß Schamlosigkeit ein Merkmal geistiger Beschränktheit sei.




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