Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 15. Mai 2015

Der erste Genozid des 20. Jahrhunderts

And the winner is ... Nein, werte Leser, nicht die Türkei mit ihrer brutalen Armenierlösung. Nicht einmal England mit seiner Burenlösung, die Buren sind ja kein Volk, es gab ja nur zehntausende Tote. Es ist ... die USA. Nein, auch nicht mit ihrer Endlösung für die Indianer, in der sie ein Volk, dem sie ihr Land abgenommen hatten, jeder Lebensgrundlage beraubten - Land, Bestreitung des Lebens, Sprachverbot, die in den letzten Vollendungszügen lag. Diese Episode unterlag in der Wahl zum "First genocide of century" knapp, weil sie schon vor vielen vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten begonnen hatte. Es ist auch nicht Bulgarien und Serbien mit ihrer Türken- und Makedonienlösung geworden, das war erst 1912. Japan mit seinem Wüten in China. Und Italien mit seiner Äthiopienlösung war überhaupt erst 1935, da könnte man ja gleich mit Hitlerdeutschland und den Juden, oder der Sowjetunion und den Ukrainern kommen, obwohl beide mit 5-6 Millionen die Rotlisten des 20. Jhds. quantitativ anführen, aber erst weit weit nach dem China MaoDseDongs.

Es ist [Trommelwirbel] die USA mit ihrer Philippinenlösung geworden.

Als 1898 der amerikanisch-spanische Krieg mit einem Sieg der USA endete, damit Spanien seine letzten überseeischen Kolonien, die letzten Reste des Reiches Karls V., in dem die Sonne nicht unterging, verlor, hatte sich zuvor die philippinische Befreiungsbewegung, hinter der die Bevölkerung der Philippinen stand, mit den USA verbündet. Dafür war ihnen Unabhängigkeit versprochen worden.

Aber es kam anders. In einer Nacht des Ringens um den Willen Gottes, so wird es beschrieben, hatte der amerikanische Präsident eine Erleuchtung: Er sah die wirtschaftlichen Interessen er USA direkt mit dem amerikanischen Christianisierungsauftrag einer Dank Gott überlegenen Zivilisation verbunden, und da waren die Philippinen das ideale Tor nach China. Ein Land, das zivilisatorisch weit weit unter "Gods own country" lag. Udn damit ist für Puritaner bzw. Calvinisten sowieso jedes Gottesurteil gesprochen. 

Also war Schluß mit lustig, und die ehedem recht nützlichen Freunde waren über Nacht die Feinde des Willens Gottes. Ja, schon, man hatte Bedenken, da und dort, aber die waren ob der Vorteile bald beiseite geschoben.

Also begannen die USA rege militärische Aktivitäten auf den Philippinen zu entwickeln, und die mündeten recht rasch in einen handfesten Krieg, den philippinisch-amerikanischen Krieg von 1899-1902. Und dort machten die USA die nächsten jener Erfahrungen, die dann ihr ganzes 20. Jahrhundert sowieso versalzen sollten: Mit Soldaten, die in Guerillataktik kämpfen, ist nie gut Kirchen essen, sie sind einfach nicht zu besiegen! Und genau das passierte ihnen erstmals (im 20. Jhd.) auf den Philippinen. Das Land war trotz technisch-militärischer Totalüberlegenheit einfach nicht unter Kontrolle zu bringen.

Also erinnerte man sich der Erfolgstaktik aus dem Sezessionskrieg - pardon: dem Humanitätsvollzug zur Wahrung der Rechte der Schwarzen Bevökerung - gegen die Südstaaten 1861-65. Der sich da "verbrannte Erde" nannte: einen materiell unterlegenen Feind, der aber mit hoher Kampfmoral und lokaler Verwurzelung nicht zu besiegen war, konnte man nur niederringen, indem man das ganze Land, seine Güter und vor allem seine Menschen, alle seine Wurzeln also, wenn nötig: das ganze Volk, mit Stumpf und Stiel ausrottete, und alles vernichtete. So wurden damals dank unendlicher materieller und logistischer Überlegenheit die Südstaaten "besiegt".

Und nun die Philippinen. Nach ersten offiziellen Kämpfen erkannten die Philippinen, daß sie der Überlegenheit der USA nicht gewachsen waren. Also ging man zum Guerillakrieg über. Und damit wurden ise nicht mehr faßbar. Wie aber so einen Feind besiegen? Ach, da war doch was ... so ging es.

Systematisch wurde also auch dieses Land plattgewalzt. Man forderte systematisch die Bevölkerung Insel für Insel auf, sich in dafür vorgesehene Camps (!) zu sammeln, und erklärte jeden, der das nicht tat, zum Feind. Dann ging man daran, Felder, Ernten, Wälder, Dörfer, einfach alles niederzubrennen, und jeden zu massakrieren, der sich noch auf freiem Fuß zeigte. Man schätzt, daß etwa 1.000.000 Philippinen, fast ausschließlich Zivilisten jeden Geschlechts und jeden Alters, ein Fünftel der damaligen Gesamtbevölkerung, Opfer dieser Massaker wurden. Die sogar in den USA wegen der Brutalität, mit der sie durchgeführt wurden, gewisses Unwohlsein in den Mägen der Heiligen in Gottes besonderer Sendung hervorrief, als Nachrichten darüber die Morgenzeitungen verunzierten. Auch die Folter, das Waterboarding hat den Traditionssinn der Amerikaner weiter gefestigt.

Schließlich haben die USA auch dieses Ziel erreicht. Die ausgebluteten Philippinen kapitulierten stillschweigend, wenn es auch vereinzelt noch zehn Jahre lang Widerstand gab. (Wie ist uns das doch alles bekannt!) In einem Krieg, der nie ein solcher war - ach, ganz was Neues! - und der deshalb auch nicht in einem Friedensschluß "endete", sondern einfach in vollendeten Tatsachen auslief. Die USA erklärten den nie erklärten Krieg 1902 für beendet, die Philippinen zum Teil ihres Reiches.

Ein Friedensvolk führt keine Kriege. Kriege sind inhuman. Es erfüllt göttliche Missionen. Die sind human.

An Soldaten, an regulären Kämpfern waren in den drei Jahren insgesamt nur etwa 25.000 Opfer zu beklagen, aufgeteilt im Verhältnis 4 : 1 zuungunsten der ehemals spanischen Kolonie. Der militärische Erfolg war also dürftig, aber es reichte durch den Gesamteindruck den sie hinterließen, daß sich die USA 1902 die Philippinen als Kolonie einverleiben konnten. Gerade die USA, die als Land der Freiheit von kolonialer Bedrückung keine 130 Jahre zuvor gestartet waren, angeblich, hatten also Kolonien. Die natürlich anders genannt wurden. Und das blieb im Fall der Philippinen bis 1946 so.

Aber vor allem hatten sie sich ausgezeichnet, den ersten Genozid, die erste Völkervernichtung des 20. Jhds. durchzuführen. Der darauf abzielt, einem Volk nicht nur in seinen Vertretern, Personen nach dem Leben zu trachten, sondern ihm auch jede Existenzmöglichkeit zu nehmen. Die Amerikaner aber haben damit ihre Visitenkarte abgegeben, und sind das gesamte 20. Jhd. ihrer damit proklamierten Sendung treugeblieben. Manche meinen, daß das im 21. Jhd. auch so sein soll.





***