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Sonntag, 24. Mai 2015

Heroische Lebenshaltung als Schale des Geistes

Es ist schon sehr aussagekräftig, wenn ausgerechnet das, was "die Menschen des Islam" mit dem Christentum vielleicht am meisten verbindet, von den Christen am meisten abgelehnt wird: Und das ist das, was Hemmingway mit  vollem Recht als jenen Ort nennt, an dem das Leben seine größte Kraft entfaltet. Es ist die heroische Lebenshaltung!

Und dort liegen in den Augen des VdZ auch jene Anknüpfungspunkte, wo der Muslim, der wirklich Geist, Spiritualität sucht, sich seiner Bruderschaft mit dem Christen bewußt werden könnte, ja wo ein In- und Miteinander möglich würde, das wirklich die Tore zur "einen Religion" öffnen könnte. Wo der Islam seine Wüsten aus den eigenen Wurzeln heraus wieder bewässert. Und die sind das Christentum. Ja, wo wir von den Menschen, die sich Muslime nennen, sogar etwas lernen können. 

Denn wenn auch manches pseudologisch unwirklich geworden ist, so erinnert selbst der Fanatismus der IS und der Islamisten generell an diese Grundhaltung des Lebendigen. Das nicht aufatmet, weil es keine Todesgefahr mehr zu fürchten braucht, und rund um sich Polsterlandschaften der Sicherheit aufgebaut hat. Sondern das sich bewußt dem Tod stellt, um ihn dadurch zur Furchtlosigkeit zu überwinden. Diese genuin christliche Grundhaltung - "non timete!" - des Gekreuzigten ist aus überaus nachvollziehbaren (geistig-seelischen) Gründen "im Islam" in dieser Überzogenheit aufzufinden. Als Problem der Überführung des Geistes ins Fleisch, wie es beim Durchdenken der Konsequenzen des Arianismus (Jesus ist nicht Gott, nur Mensch, "mit Sendung", muhamad also) gar nicht anders kommen kann. 

Aus exakt demselben Grund hat sich Europa poseudologisch, "virtuell" entwickelt; auch hier hat sich die Tugend in den Voluntarismus und Positivismus verlagert - man beachte die heutigen führenden Moralgebote, die sich in zahllosen Lebensführungsregeln niederschlägt, von der political correctness über die Mülltrennung bis zum Klimawandelwahn

Ihre wirklichen Wurzeln liegen aber in der durch Jesus Christus offenbarten Grundhaltung des Menschen zu Gott hin: der heroischen Lebenshaltung, die sich ohne Furcht der Wirklichkeit stellt, den Kopf jederzeit zum Empfang eines Hiebes geneigt.

Die Entstehung wie Ausbreitung des Islam ist keineswegs geographisch belanglos universal. Sie setzt auf einer natürlichen heroischen Mentalität auf, wie sie sich in weiten Teilen der Welt tatsächlich noch erhalten hat. Eine Haltung, wie sie auch das Griechentum so großartig herausgestellt hat, bei allen spirituellen Verkürzungen, die mangels Offenbarung im Christentum kaum anders hätten eintreten können.

Das ist nicht die Wohlstandsmentalität, in der Europas Christentum zur verweichlichten, trägen Wohlstandsgrinsefigur verkommen ist, die ohne das Waten in Versorgtheit und Versorgungshaltung gar nicht denkbar wäre. Und aus demselben Grund die christliche Botschaft zur friedensverschwafelten Luschenbrühe verdünnt, die die Simulation von Liebe, die in Wahrheit gar niemanden berührt und bewegt, am allerwenigsten die die dauernd davon reden, zum Gebot erhebt. Weil man so dem Schmerz der Begnung mit dem Wirklichen, dem Sein, am elegantesten vermeidet, weil man DEM ANDEREN das Schwert des Muts zur Welt und zur Gestalt aus der Hand nimmt. Wo alles eingeebnet ist, ist nichts mehr gefährlich. Weil nichts mehr da ist, nur ausgekaltete Herzen.

Da tut es richtig gut, in den Muslimen - auch - diesen richtigen Impuls der Anti-Moderne zu sehen, aus dem sich so etwas wie "Anti-Amerikanismus" herausdestilliert hat. Denn dazu braucht es heute Heldentum. Man fürchtet im offiziösen Europa aber regelrecht diesen Impuls, diesen Geistesfunken, dessen Gebet ironischerweise die sogenannte "Europahymne" ist - dieses Ineinander von Schillers Ode an die Freude und Beethovens Lebenswerk im Enthusiasmus schloß, in der Erfülltheit mit Gott, im Chor der Schöpfung, in der der Mensch zum wahren Abbild Gottes in der Liebesumschlungenheit von Geist und Fleisch wird. Als Kraft, die wahrlich zu bewegen vermag.

Die Fahne, unter der sich dieser Kontinent angeblich sammelt, und die man in Wahrheit längst fürchtet, genau deshalb weil sie ihre Botschaft sendet. Weil sie da und dort auch europäische junge Menschen erfassen könnte.

Aber es ist diese Haltung des Heroischen, in der sich der Mensch zum Geist der Heiligkeit öffnet, auf daß er darin bade, von diesem übergossen werde, und sich zum wahren Leben im Geist erhebe. Hemmingway hatte völlig recht. Der Mensch ist nur, wenn er liebt. Er ist nur, wenn er heroisch lebt und sich in den Geist übersteigt. Und dort sind wir den Menschen jenes geographischen Raumes, der als islamisch bezeichnet wird, wirklich Brüder. In diesem Funken träfen wir uns wirklich. In jener Männlichkeit, die Hemmingway mit jeder Zeile meint.*

Denen freilich eines fehlt: Jenes Licht, das die Welt erleuchtet hat und erleuchtet, in carnatio, im Fleisch, als Gestalt, und den Menschen der sich zu dieser Gestalt öffnet, zum wahren Heldentum führt. Nicht als tragische Karikatur nach einer Erfülltheit hechelt oder auf eine Erfülltheit wartet (nach wie vor gibt es Strömungen im Islam, vor allem bei den Shiiten, die auf einen Mahdi, einen Erlöser warten), die sie umso mehr verliert, als sie sich danach willentlich explizit streckt.

Das ist dann der wahre Enthosiasmus, die wahre Freude, kein billiges Surrogat der Selbstmanipulation, zu der europäische, christliche Lebenshaltung verkommen ist. Es ist der Geist des Heldentums, der uns erst zu Christen macht, aus dem die Welt überhaupt nur lebt. Das erfassen Heiden, wie Hemmingway, zumindest als das, was dem Menschen wirklich fehlt. Weil sie sich einfach nicht von der Sattheitsmentalität, aus der diese Brühe kommt, die wir als angebliches Christentum durch die Welt spritzeln, einlullen haben lassen können. Zeigen wir allen doch, wo jenes Heldentum liegt, das die gottferne Fleischlichkeit so ersehnt, daß sie nicht auf den Erlöser warten will, den sie nicht sieht, weil wir, geschmackloses Salz, ihn verbergen.









*Oh, er habe sie nicht "gelebt", sondern nur in der Kunst herbeiimaginiert? Wer so redet, weiß nicht, was das Wesen des Künstlers und der Kunst überhaupt ist. Denn des Künstlers Werk ist, und darin unterscheidet er sich in nichts (außer der materia, dem Material) von den Menschen des weltlichen Alltags, des Nutzengeflechts, jenes Medium, in der er sein Leben wirklich lebt und vollzieht. Wie oft wird hier auch von Künstlern ein tragischer Fehler begangen, weil sie dem Druck des Menschseins wie alle anderen es leben erliegen. Und ihren Lebensacker verlassen, und sich auf fremdem Territorium lächerlich machen.



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