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Mittwoch, 23. September 2015

Immer dieselbe Totalität

Werden bedeutet Gestaltwandel des ewig Seienden, in welchem je Mögliches verwirklicht und zugleich in neues Mögliches verwandelt wird. Jede Gestalt präsentiert ein funktionelle Weise des Seins, in der Konstellation der Individuen. So ewig wie das Seiende selbst ist sein Werden, und nichts bleibt davon je ausgenommen. 

Es gibt funktionell gesehen keine Konstanz, sondern nur ständige Veränderung; nichts Wirkliches ist als Wirkliches, nichts Mögliches als Mögliches konstant. Nicht trotzdem, sondern darin, in diesem Werden, ist das Seiende ewig; nichts verändert sich substantiell. Im ständigen Wandel präsentiert sich das Seiende als unwandelbares ohne Schranken; im ewigen Werden lebt es seine Ewigkeit.

Paul Häberlin, "Naturphilosophische Betrachtungen"

Man kann der Totalität des Seienden - mit aller Vorsicht konkretisiert als der Kosmos, das Universum, die Erde - weder etwas hinzufügen, noch wegnehmen. Was sich verändert ist nur die jeweilige Gestalt, und in ihr das Präsente, und damit das in dieser Präsenz Mögliche, das aber immer in Verbindung mit dem gegenwärtig Präsenten - das ist das jeweils Wirkliche, als einerseits Faktisches Gestalthaftes, anderseits darin Mögliches - steht weil in diesem vorhanden sein muß. 

In dieser Totalität aber ist es von einer unabdingbaren Konstante getragen: dem Sinn (logos). Sich also panikartig eine Erde vorzustellen, die in eine Katastrophe münden könnte, die dem Sinn zuwiderläuft, ist der dem Größenwahn entsprungene Aberglaube, ja die Gotteslästerung, der Schöpfung den Sinn abspenstig machen zu können. Ist die völlige Überschätzung der menschlichen Möglichkeiten! Die nur in diesem Sinn liegen, nicht in der konkreten Verminderung oder Vermehrung der Welt.

Vereinfacht: Was wir als Menschen hier wegnehmen, dort verändern, wo wir Gestalt hier wegnehmen, dort schaffen, wird nicht das Seiende vermehrt oder verringert, sondern es wird nur in eine je andere Konstellation gebracht - aber seine Grundarchetypik bleibt immer dieselbe. Denn die ist im Sinn verankert, und verweist auf ihn.

Und hierin hat der Mensch seine Stellung, die ihm nichts und niemand je streitig machen kann. Das kann nur Gott. Nur er hat die macht über das Insgesamt, das Seiende, das ein der Liebe und Gnade und Freude verdanktes, völlig frei geschaffenes, ermöglichtes Mitsein mit ihm ist. Nur Seinsvergessenheit konnte deshalb so einen Aberwitz wie den apokalyptischen "Klimakatastrophenwahn" produzieren. Denn Seinsvergessenheit (und die daraus entstandene offene Rechnung mit Gott, um es so zu sagen) ist es, die in eine Panik geraten läßt, die jede Vernunft vergessen läßt. Und damit den Menschen tatsächlich sein Ziel, seinen Sinn verfehlen macht. 

Alle Veränderung ist Selbstveränderung, alles Geschehen ist Selbstbewegung, alles Wirkliche ist Selbst-Verwirklichung des einen und ewigen Seienden [als in seiner trinitarischen Analogie bzw. Struktur geschaffenes Mit-Sein mit dem Sein; Anm.]. Es ist stets dasselbe Seiende, das wirklich (präsent) ist. Das je Wirkliche ist nicht  nur nicht je ein anderes Seiendes, es ist auch nicht je ein Stück oder Teil des Seienden, so daß ein anderer Teil nicht-wirklich (nur potentiell) wäre. (Häberlin) Das Seiende präsentiert sich in jedem Zustand, in jeder (funktionalen, weil in allem je auf alles einwirkenden, dadurch in jeder Gegenwart je neuen) Wirklichkeitskonstellation immer und je ganz.

Wir können deshalb der Schöpfung nichts wegnehmen - sagen wir: über das Artensterben - oder "bewahren". (Was für ein Hochmut steckt schon in diesem Wort! Als läge es in unserer Hand, die Erde vernichten - oder nicht - zu können.) Das steht gar nicht in unserer Macht. Wir können als Auswirkung unseres Tuns nur "verschieben", und hierin hat diese Verschiebung nur eine Auswirkung: als Akt der Klugheit, der Praxis in der Stellung, die die Gestalten für unser individuelles Heil haben, das im Sinn liegt - nicht in einer verabsolutierten, fetischisierten Gestaltenwelt.*

Der ewige Ort des Individuellen liegt immer in der Ordnung des Seienden selbst beschlossen. Deren Qualitäten diesen Ort bestimmen. Verändern kann sich das nur im Rahmen des funktionellen Ortes (gewissermaßen: der Bewegungsraum des Individuellen in Zeit und dem damit zusammenhängenden Raum), die Präsenzform der (unveränderlichen) existentiellen Ordnung.

Genau darum aber geht es dem Bösen, nur darum geht es Satan. Nur auf dieses Ziel (Sinn) hin ausgerichtet ist ein Seiendes (als präsente und für den Menschen werkzeugliche, formende Gestalt) für ihn interessant. Denn auch er ist ins Seiende verschlossen, auch er ist an das Sein gebunden und verdankt sich ihm, und auch er kann nichts schaffen und nichts aus dieser Totalität des Seienden wegnehmen. Er kann nur den Menschen zweifeln machen, ob er das ihm Gemäße, das ihm zum Heil dienende, die Wahrheit, nicht mehr in der Schöpfung vorfinden könnte, daß also dem Seienden als Präsenz des Seins etwas fehlt.



Nur eines gibt es, das aus dieser In-sich-Gebundenheit des Seienden aus Zeit und Raum heraustritt - und das ist das Wirkliche des Symbols. Ja, das ist die wirkliche Wirklichkeit der Kunst, bis zu ihrer höchsten Form, der Liturgie.





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