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Sonntag, 13. September 2015

Man kann es auch übertreiben - (K)Eine Verteidigung (1)

In diesem Beitrag findet sich gewiß Widersprüchliches. Und der VdZ kann sich nicht entscheiden, welche Erzählung zutreffender wäre.  Nehme der Leser es deshalb als "Aspektsammlung", und bilde sich sein eigenes Urteil. Womit wir auch gleich bei der Sache wären. 

Denn Urteil, schreibt Hans Lipps in "Die Verbindlichkeit der Sprache", ist nicht das "Summenziehen unter Evidenzen", die gar nicht anders ausgehen könnten. (Wer so vor Gericht zieht oder sich ziehen läßt, und ein Urteil eines Richters begehrt, muß eigentlich einen Dachschaden haben.) Sondern es ist (vereinfacht) immer eine menschliche, positiv zu setzende Leistung. Ein Richter prüft nicht in Abgleichung mit Gesetzen, sondern er urteilt darüber, wieweit eine Tatsächlichkeit soweit er sie zu erkennen vermag einem solchen allgemeinen Sachverhalt entspricht. Das verlangt immer eine persönliche Leistung und Verantwortung, das ist mit bloßem "Vollzug" niemals zu erledigen. Ein Urteil zu treffen ist immer deshalb ein sittlicher, sehr persönlicher Akt der Verantwortung.

Das wollte der VdZ vorausschicken. Denn damit sind wir nämlich mitten im Kern des Problems. Konkret geht es zuerst einmal um den gerade veröffentlichen Erlaß, der die Annullierungsverfahren im Rahmen des Katholischen Kirchenrechts neu zu ordnen versucht. Er berührt zum einen Dimensionen, die sich der Beurteilung des VdZ eigentlich entziehen - er sagt offen: er fühlt sich dafür nicht kompetent genug, um ihn sachlich auszuloten. Es handelt sich hier nämlich um eher formalrechtliche Angelegenheiten, wieweit die inhaltliche Relevanz haben kann er nicht beurteilen.

Aber immerhin gibt es da ein Begehr sachlicher Kritik, das man eventuell nicht einfach vom Tisch wischen kann. Dieses kommt, geht man von Christ und Welt aus, aus Kreisen römischer Kuriale. Und wirkt plausibel, denn es kommt von den Betroffenen, nicht nur in diesem Fall.

Papst Franziskus düpiert diese ja nicht das erste mal auf eine Weise, die mit schwerem Kopfschütteln die Frage aufwirft, wovon dieser Argentinier überhaupt spricht, wenn er von Liebe im nächsten Umfeld redet. Sein Umfeld scheint da eher weiter entfernt zu beginnen und merkwürdig selektiv zu sein, Kuriale jedenfalls nicht zu umfassen. Denn hier geht er mit einer Brutalität vor, die sehenswert ist.

Dazu kommt, daß er nicht zum ersten mal - was ja von vielen nie gesehen werden wollte und will, hier aber von allem Anfang an vorhergesagt, später aber auch von andern (wie R. Spaemann u. a.) kritisiert wurde - in verblüffend offener autokratischer Weise (wie jemand, der sich alles heimlich ausmacht, um dann hinter dem Busch hervor überraschend zuzuschlagen) Verordnungen trifft, die einerseits tief ins Fleisch schneiden, anderseits schwere dogmatische, inhaltliche Fragwürdigkeiten aufweisen.

Auch in diesem Fall. Denn da scheinen formalrechtliche Fehler vorzuliegen. Abgesehen von Formulierungen, die seltsam offen bleiben. Behaupten die Kurialen, und man kann das nicht vonder Hand weisen. Ein Gesetz, das mit "etc." endet, widerspricht sich selbst auf seltsame Weise.

Wieweit diese Fehler rechtsrelevant sind kann der VdZ nicht beurteilen. Was noch schwieriger ist, weil diese Kritik aus den Kreisen der Kurie in Rom KEINE dezidiert inhaltlichen Punkte betrifft. Und insofern unter den weiter unten genannten Punkt - einer Frage der Einschätzung - fällt. Wieweit also Pastoral in Dogmatik kippt. Daß das in dieser Frage aber sowieso und schon bisher der Fall ist, das wird weiter unten noch gezeigt. Nur etwas anders, als von den Kurialen vorerst einmal gemeint.

Daß dieser Papst außerdem über Leichen geht ist ja kein Geheimnis, hier oft genug vorhergesagt, und in der Praxis vielfach bereits bestätigt. Denn diesem Mann glaubt man nichts. Er ist unberechenbar, darüber können noch so wohlmeinende Erzählungen Betroffener nicht hinwegtäuschen, die es umzubenennen versuchen. Da können Propagandisten ihre Stimmbänder auf Twitter heiser brüllen und reihum Nicht-Papolatrianten exkommunizieren. Niemand in der jüngeren Kirchengeschichte hat schon bisher die Glaubwürdigkeit der Kirche mehr beschädigt, als dieser Bergoglio in diesen bisherigen zweieinhalb Jahren, in denen er eine einzige Privatvorstellung gibt.

Nur - tut er das eben erst jetzt? Erst in diesem Fall, meine Herren von der Kurie? Oder geht es da nicht auch um verletzte Eitelkeiten? Dem Rest Ihrer Punkte, werte Herren im Talar, finden Sie unten begegnet.

Denn auf diese andere Art von Kritik hat der VdZ auf nachfolgende Weise reagiert:  Sie betrifft Kritik, die sich auf bloße Einschätzungen der Auswirkungen dieser Verordnung beruft. 

Hier wird offensichtlich so mancher Aspekt übertrieben, anderseits bis heute nicht gesehen. Und das wäre aber lange schon notwendig, und bezieht sich deshalb auch auf den Vorgänger, Papst Benedict XVI., der ja die Annullierung aus inhaltlichen Erwägungen sogar zu erschweren suchte. Ratzinger hatte hierin aber Unrecht, und man muß ihm wie SO VIELE Priester der Gegenwart vorwerfen, daß er die Situation heutiger seelischer Konfusionen fatal falsch einschätzt. Von Persönlichkeitsstrukturen und -gestalten ausgeht, die noch vor dreißig Jahren weitgehend unbekannt waren. 

Salopp: Was sich heute abspielt, können sich die meisten Priester gar nicht mehr vorstellen! Die Wirklichkeitsferne des Klerus der Gegenwart ist - zumindest im deutschsprachigen Raum, im Raum der 200jährigen Beamtenkirche - kaum noch zu überbieten. Diesen Satz unterschreibt der VdZ mit seinem Blut.

Bei aller Kritik also, die am Papst angebracht ist -  man kann es auch übertreiben. Das tun aber jene, die mit großer Bestimmtheit meinen, die Reform der Prozeßordnung für Ehe-Annullierungen sei eine "Wunde, die der Ehe zugefügt" würde, und Teil einer Destruktionsstrategie der Sakramentalität gegenüber. Das kann der VdZ, der in die Materie über lange Jahr doch so manchen Einblick darein gewonnen hat, nicht ganz so sehen.´Ja er stellt die Frage: Sind diese Herrschaften schon einmal ernsthaft aus ihren engen Klostermauern hervorgetreten? Gehe man doch einmal durch die Straßen Wiens oder Kölns oder Hamburgs, spreche mit den (jungen) Leuten - und behaupte dann noch, daß die Kirche und ihre Gesetze und Gebote in den Handlungen und Überlegungen der Leute überhaupt noch eine Rolle spielen! Gäbe es keine Medien, viele wüßten gar nicht mehr, daß es überhaupt eine Kirche und eine sakramentale Ehe gibt. Das sind einmal die ersten Äußerungen zu den Rahmenbedingungen, auch des CIC betreffs Annullierungsrecht.

Im Grunde sind eben auch keine - oder (s.o.) kaum - inhaltlich-sachliche Gegenargumente zu hören. Sondern bestenfalls apokalyptisch gefärbte Einschätzungen der Folgen. Und in dieser Einschätzung irren nicht wenige.

Etwa jene Sachverhalte anbetreffend, wie gerecht oder sicher Annullierungsverfahren schon bisher waren. Und da ist aus Erfahrung die Haltung des VdZ gegenüber Kurialen nicht besonders positiv gefärbt. Denn die theoretischen Positionen, die zur Verteidigung des Bisherigen, der Kritik an der Reform durch Papst Franziskus dienen, sind eben ... Theorie. Die Praxis scheint diese Theorie aber nur zu bestätigen, wenn man die Augen vor mancher Realität schließt. (Die natürlich Kuriale nicht gerne hören oder zur Kenntnis nehmen. Aber der VdZ spricht aus mancher eigener Erfahrung. Das  mag seine Argumentation also einerseits zutreffender machen, als manchem lieb ist, anderseits NATÜRLICH macht sie sie gefärbt und möglicherweise falsch gewichtet.)



Morgen Teil 2) Wenn wollen die Kritiker denn verhöhnen? Sich? 
Oder die von ihrer Praxis Betroffenen? 
Garantierte Richtigkeit von Urteilen - Darf man lachen?





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