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Sonntag, 13. Dezember 2015

Dipolomatie ist nicht Dogmatik (3)

Teil 3) Fehler sind Pferde zur Heiligkeit, auch für Päpste. Wenn sie sie erkennen. - 
Die einzigen, die die kirchliche Diplomatie dem Islam gegenüber dogmatisch nehmen, 
sind leider die Katholiken. - 
Dafür hofft die Kirche, daß die Laien ihre Arbeit übernehmen





Auf das bezügliche Dokument angewendet heißt das, daß in dem Augenblick, wo mediale Verbreitung über den spezifischen Raum "junge Muslime in Marokko (oder überall, etc.)" hinausgeht oder absehbar hinausgehen wird, es plötzlich auch in seinem Charakter umschlägt bzw. in der Formulierung umschlagen müßte. Als Ansprache an Christen, wie mit dem Islam umzugehen sei, wäre ein und dieselbe Aussage nämlich völlig unzulänglich, ja wird gefährlich falsch. Da genügt es bei weitem nicht "draufzuschreiben, an wen es gerichtet ist". Klugheit ist nicht zufällig eine der Haupttugenden. Daß sie von der "Naivität einer allumfassenden Plauderstunde" ersetzt werden könnte ist Unsinn. Das Besondere an den Worten Jesu, wie sie uns überliefert sind, ist ja, daß sie so klug sind, daß sie sowohl in die damalige historische Situation hinein, wie diese Situation als zeitlos Allgemeines zu treffen vermögen. Gerade Päpste sollten sich dies also zum Vorbild nehmen. Und haben das auch meist. In der Vergangenheit leider aber nur.

Und nur in diesem Verständnishorizont darf man auch dieses Dokument des + Johannes Paul II. lesen. In dem der damalige Papst fast bis zur Verhüllung der Wahrheit geht, um einen Anknüpfungspunkt für junge Muslime zu bieten, und keine sonst zu erwartende Abwehr.* Er hielt es für klug. Gut, das muß er ver- und beantworten. Auch Heilige machen durchaus praktische Fehler, das ist nicht das Kriterium, im Gegenteil sogar oft: Fehler sind (wie Neurosen) Pferde zur Heiligkeit, blutende Stachel der notwendigen Haltung der Gnadenbedürftigkeit. Gerade dieser Papst hat gegen Ende seines Lebens - glaubhaft überliefert - bedauert, daß er so viele Fehler gemacht habe.

Eine absolute Aussage zum Islam und dem Verhältnis der Kirche zu ihm ist dieses Dokument einer Ansprache also sicher nicht. Und man tut dem Verstorbenen keinen Gefallen, eine solche hineinzuinterpretieren. Dann hätte er gewiß noch mehr zu bedauern.




*Als illustrierendes Beispiel mag die legendäre Rede des em. P. Benedikt XVI. in Regensburg (?) gelten, in denen er sich zum Islam äußerte. Gedacht für den Rahmen, in dem diese Ansprache stattfand, erwies sie sich als völlig kontraproduktiv ab dem Moment, wo diese durchaus situationsgemäße und deshalb wahre Aussage in die Öffentlichkeit gezerrt wurde. Plötzlich wurde sie - aber erst auf dieser Ebene - zum Skandal der Diplomatie, und der em. Papst mußte geboten relativieren. 

Was die Frage aufwirft, ob es tatsächlich klug ist, daß die Kirche dem Islam gegenüber ihre "wahre Haltung" mittlerweile derartig verbirgt, daß sie die Grenzen zur Irritation schon längst überschritten hat. Ob also nicht offenere Kritik, klarere Darstellung der katholischen Position, weit zielführender wäre. Denn die Muslime glauben der Kirche dieses Kreidefressen sowieso nicht! Der einzige, der dieses Süßraspeln aber mangels Gegengewicht in der internen Verkündigung, die diese Diplomatie einzuordnen, als solche zu erkennen möglich machte, als dogmatische Position zu glauben begonnen hat, sind die Katholiken selbst! 

Die Muslime treiben vielmehr mit großem Geschick ihre Spielchen mit dieser vermeintlichen diplomatisch-pastoralen Vorsicht, um die Kirche darauf - weil auf andere Ebene gehoben - festzunageln und damit zu kastrieren. 

Diese hinwiederum verläßt sich - zitternd wie Espenlaub - auf die Zivilgesellschaft, die dann hoffentlich (weil im Stich gelassen ziemlich unbeholfen und unausgegoren) mit "Wertetreue" und "Toleranzgebot" das fehlende Handwerk der Kirche ersetzen, ja sogar ihr Versagen nicht nur ertragen, sondern ausbügeln. Weil begreifen, daß die Feigheit, die Selbstuntreue der Kirche (von der bald niemand mehr weiß, was sie überhaupt noch soll und will) dem alltäglich-menschlichen Lebensvollzug gefährlich wird.

Mit weitreichenden Konsequenzen: Denn während die Kirche auf "Islamfreundlichkeit" mimt und sich zur Interpretin eines Islam aufwirft, den dieser selbst gar nicht so sieht, schlägt in der Bevölkerung längst die Stimmung um. Denn man ahnt, man begreift, daß es hier um mehr geht. Also wird sich an diesem mächtigen weil im Alltag erfahren existentiell bedrohlichen Aufhänger eine massive weitere Entkirchlichung vollziehen. Mit einem Überschwenken auf laizistische und vor allem neuheidnische Bewegungen, die im Grunde dem Islam eine regelrechte innere Einfahrtsrampe bauen. Der eine Wertewelt anbietet, die so vieles, was subkutan dem Europäer schon lange nicht mehr geheuer ist, von Feminsimus und Genderwahn über Lebensschutz bis zur Familienauflösung, um nur einige der Widersprüche zu nennen, in denen Europa derzeit schon um Luft ringt, offensiv vertreten. 

Bewegungen, deren Angebote also die reale Lebenssituation vordergründig weit besser abzudecken scheinen. In sämtlichen neu aufkommenden politischen Bewegungen spielt heute schon die Kirche keine Rolle mehr, ja steht auch noch gegen das, was als "Notwehr" empfunden wird, ob es nun immer klug und vernünftig ist oder nicht. Dieser Zug ist also bereits abgefahren!

Die Menschen erleben nicht mehr, daß sie von ihrem eigenen Glaubenssystem gehalten und gestützt, sondern sogar noch weiter geschwächt werden. Das geht zwar schon lange so, aber nun hat es eine kritische Größe erreicht, die mit der Dimension des Problems zusammenhängt. Während ihnen die islamistischen Bomben und die Leichen um die Ohren fliegen - so erleben sie es -, während Millionen Muslime zuwandern, die die faktische europäische Ordnung schwer in Frage stellen, erzählt ihnen die Kirche grinsend oder anlaßgemäß mit betroffenen Gesichtern vom "guten Islam". Als ginge es darum, daß der Katholik im Islam etwas sieht, was Muslime selber nicht darin sehen.

Ein Aufruf zum Populismus? Mitnichten. Aber ein Aufzeigen der schweren Versäumnisse, ein Aufzeigen des Ungleichgewichts, in dem das "peace-"Getue dauerpubertierender Neo-68er dem Islam gegenüber die genuin christ-katholische, abendländische Sicht - die dem Islam prinzipiell äußerst kritisch gegenübersteht, aber wer sagt das denn noch? - zum Verschwinden bringt weil lieber einmal hinterm Rücken hält. Oder selber nicht mehr kennt. Dabei aber so tut, als sei das Heidentum der Muslime, ein wenig mit (noch dazu: fragwürdigen!) "Wertwolken" weichgespült, im Grunde genau so gut wie das frühere Christentum, als das ein dekadenter Westen aufgekocht wird. 

Wieder: Niemand glaubt das so wenig, wie Muslime. Denen es aber enorm nützt.





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