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Donnerstag, 4. Februar 2016

Typisch europäisch unsensibel

Wer auch immer mit den Vereinigten Staaten von Amerika, kurz USA, zu tun hatte oder gar dort war weiß, mit welcher liebenden Hingabe der Amerikaner sein Land behandelt. Mit welcher Sorgfalt dort jeder Quadratmeter gehegt und gepflegt wird, das Land wie ein einziger Kleingarten wirkt, nur unterbrochen von Parks, in denen sich poetisch-arkadische Gefühle ergehen können. Jede weggeworfene Zigarettenkippe wird zum medialen Großskandal, jeder Eingriff in Mutter Natur zum heiß diskutierten Großereignis, in dem sensibel sozialisierte Schöngeister gegen verantwortlich rationale Wirtschaftskapitäne stehen, aufeinander hören, und nur das Beste für Land und Menschheit wollen und bei jedem Herstellungsverfahren achtundvierzig Institute beauftragen, die prüfen wollen, ob die Qualität des Wassers auch die Reinheit puren Forellenwasser erreicht, das dem schöngeistigen Bewohner von Dallas oder Chicago jederzeit als Trinkwasser dienen könnte, hätte er nicht reinste Mineralwasserqualität aus seinen Hausleitungen sprudeln. Die Welt ist mittlerweile durchtränkt vom Blut der Märtyrer dieser elysischen Weltvision.

Nur als höchste Unsensibilität und Ausweis roher europäischer Gewinnsucht kann deshalb das wild täuscherische Vorgehen von VW gesehen werden, das doch glatt bestimmte Abgaswerte hintertrieb und einfach den Testvorgang vortäuschte, sobald auch getestet wurde, indem sich nach Bedarf eine Zwischenstufe in den Katalysator schob (oder so ähnlich), der ansonsten der vom Amerikaner so geliebten Superbeschleunigung (auch das hat metaphysische Heilshintergründe, darüber ein andermal) zuviele PS geraubt hätte. Vor 300 Jahren hätte man solche Unternehmer öffentlichkeitswirksam im Potomac ertränkt, heute bleibt es bei einigen dutzenden Milliarden Dollar, die die amerikanische Staatskasse natürlich sofort edelsten Zwecken zuführen wird, wie der Rettung der Nordpolgletscher oder dem letzten Mississippi-Eingeborenenstamm. Heute, wo jeder Amerikaner mit dem Gaspedal umgeht, als würde er darunter ein Ei aus dem Gelege des vom Aussterben bedrohten Weißkopfniederschnattelwürgers in milde Gewässer transportieren, und an der Tankstelle mit dem silbernen Schöpflöffelchen ihre Spritrationen ausfassen, wie es noch in den ersten Ministrantenjahren des VdZ bestenfalls von Priestern beim Mischen von Wasser und Wein bei der Gabenbereitung in Gebrauch war (und heute am Antiquitätenmarkt leicht zu erstehen ist, weil es so viele Diözesanmuseen ja auch wieder nicht gibt, daß die Menge des nicht mehr gebrauchten liturgisch unnotwendigen Brimboriums, wie unser Päpstlein es einmal bezeichnete, aufgenommen werden könnte).

In diesem "Sog" aber wurden nun auch andere Hersteller mitversenkt. Einer nach dem anderen. Gründlich waren die Amnis ja immer schon. Nun wirft man als nächstem Renault Abgastäuschungen vor. Diesmal sind es aber die europäischen Behörden schon selbst, die endlich umerzogen genug der amerikanischen Vision eines sauberen, reinen, puritanischen, blitzblankgeputzen Erdenballs unaufgefordert Folge leisten. Jetzt stößt jeder noch so simple Renault-Clio (und wie erst diese geil-exzentrische Megane!) mehr Stickstoff aus, als die Amerikaner für die Welt verträglich halten! Köpfe rollen, Börsenkurse kollabieren. Und Fiat, das sich Chrysler geangelt hat, um aus zweimal Null fünf Plus zu machen, schönt durch statistikfälschende Kurzan- und abmeldungen die Verkaufszahlen. Was für eine Novität! Ach, laßt doch den Marktkräften endlich freien Raum, dann regelt sich auch das mit der Umweltschonung, garantiert, denn das geht uns doch alle an, oder?

Der gute Mensch schüttelt nur noch den Kopf, und setzt, stumm vor Entsetzen geworden ob des Zustands dieser Welt, nur noch fragmentarische Twittermeldungen ab. Wo soll das alles noch hinführen!? Gar in einen katastrophischen Klimawandel? Stickstoff, na bitte, das nächste Giftgas in der Atmosphäre. Reicht uns wohl noch nicht, dieses giftige CO2, das ja bald in jeder Pflanze nachzuweisen ist. Nein. Jetzt muß es auch noch Stickstoff sein.

Wir Menschen von heute, Heilige der letzten Tage, verlangen eine absolut klinisch saubere Welt, um das ein für allemal festzuhalten! Ohne Sünde, ohne Lüge, und ohne E543 im Veggie-Big Mac süß-sauer. Na Gottseidank gibt es bald das TTIP. Dann hört diese elende Roßtäuscherei endlich auf, und Geschäfte werden nur noch auf ehrliche Art und Weise gemacht. Vielleicht wird dann Europa endlich auch so schön, wie es die USA ja längst schon sind. Und das wird man ja wohl noch verlangen dürfen?




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