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Freitag, 25. März 2016

Filmempfehlung (2)


Teil 2) Nur Unsicherheit kann Strukturen vitalisieren.
+ Von Hitmen. + Der Trailer




Des Vaters, der dann in einem Moment, wo er eine Schwächephase erlebt, in der Frau und Mutter, die sich "seinem Kommando" unterstellt hat, sodaß beide schließlich an einem Strang ziehen, auf beeindruckende Weise mit der von ihm selbst implementierten Struktur zurückgeholt wird: Die Frau übernimmt nicht nun das Kommando, sondern sie ruft ihm in Erinnerung, was er selbst ihr zuvor immer wieder gesagt hat, aber zu entkräftet von der endlosen Bedrohung nun vergaß, sodaß er selbst zu zweifeln begann und aus der Situation (filmisch recht gut gemacht) ausstieg. 

Lake Bell
So kann er durch seine Frau wieder die Führung über diese kleine Einheit übernehmen und die Rettung weiter vorantreiben. Die bis zum letzten Moment ungewiß bleibt, denn leider kennt man Hollywoodeske Wendungen zu gut, leider kennt man das Leben zu gut, leider kennt Hollywood (wenn es will) das Leben zu gut, um nicht zu wissen: Die tödlichen Wendungen stehen noch im letzten Moment als Möglichkeit auf. Hollywood ist oft genug unbarmherzig mit dem Zuschauer, und entläßt ihn sehr oft nicht mit der himmlischen Lösung.

Dieses Zurückfallen eines Organismus von Menschen - Familie wie Staat - auf seine tiefsten Grundlagen ist das, worin sich der Film begreifbar macht. Die überraschend in einer Situation steht, in der das nackte Überleben zählt, was alle sonst das Leben nominell ausmachenden Dinge vergessen macht, ja machen muß. Hier gibt es auch keine Intimität mehr, weil viele bis alle jener Kultureinrichtungen, die diese Struktur in Zeiten der Sicherheit mit mehr oder weniger viel Fleisch umgeben, nicht mehr zählen können. 

In dieser nervenaufreibenden Bedrohung wird somit das, was Familie ist, zwar überhöht, auf seine bloßen Strukturen niedergebrannt. Doch wird es damit nur deutlicher, als es im normal fließenden Alltag werden kann. Alltag, der aber eigentlich auf diese Strukturen ausgerichtet ist, nur vergessen das gerade Menschen in wohlgesicherten Lebensumständen. Zeiten, in denen man um den Bestand eines Organismus fürchten muß, lehren eben auch, worauf dieser eigentlich hinzielt und was er eigentlich ist. Manchmal wird es dann sogar bewußt.

Vielleicht wollten die Produzenten mit "No Escape" wirklich jene Geschichte erzählen, die ihr Werbeslogan "Wie weit würden Sie gehen ...?" verkündet. Dann wäre der Film mißlungen. Aber weil die inhaltliche Fülle und Art des Films eine ganz andere Geschichte erzählen, wenn man aufmerksam genug zusieht, ist er als Film (und nicht einfach als Botschaft) so spannend und in seiner (zumindest unbewußten) kathartischen Wirkung sogar sehr empfehlenswert. Denn in dessen Realismus macht er sehr viel vom Wesen der Familie und sogar des Staates überhaupt begreifbar. 

Über das, was einem als Zuschauer in dem Film noch aufgehen könnte - nämlich enorm viel über die Anthropologie von Mann und Frau (über die Identifikation und ihre bei den Geschlechtern unterschiedliche psychische Struktur, aber auch in dem was unteschiedliche Menschen erfahrbaren und offenbaren in dem was man Spannung und Mitleiden nennt, als Ausweis für Sorge als Grundgerichtetheit auf Welt) - sprechen wir ein anderes mal. Genau so wie über die ontologische Tatsache, daß eine Situation (irdischer) Gesichertheit dem Wesen der Welt widerspricht: Kein Ding der Welt ist immanent gesichert.  

Auf das Sein zuschreiten, schöpferisches Leben heißt immer: in die insecuritas schreiten. Nur so kann die Welt ganz um- und untergriffen werden - am heutigen Karfreitag keine unwesentliche Aussage ... denn natürlich zeigt sich im Tod am Kreuz das Urbild aller weltschaffenden Prinzipien, wie sie im Abbildhaften, Typischen als Spannung der Dramaturgie erfahrbar werden.

Übrigens: Wer solch eine Gefährdung einmal erlebt hat muß nicht mehr überlegen, warum und welchen Schutz Grenzen ein Organismus überhaupt benötigt. Und noch etwas fällt auf: Mit welcher fast schon überzogenen Offenheit die Amerikaner ihre eigenen Fragwürdigkeiten aufs Tablett bringen. Was hier schon deshalb überzogen wirkt, weil in dem "Hitman" (Pierce Brosnan) Dinge sichtbar gemacht werden, die für die Amerikaner offenbar Gewißheiten sind, die der durchschnittliche Europäer aber gerne als Verschwörungstheorien klassifiziert. Bleibt die Frage, wer von beiden mehr die Wirklichkeit sieht. Die Existenz und Machinationen von Hitmen** sind jedenfalls keine Legende, zumindest haben vor einigen Jahren haben Bücher mit Selbstbezichtigungen ehemaliger Hitmen für (begrenztes) Aufsehen gesorgt. 

Dennoch kann sich der VdZ des Eindrucks nicht erwehren, daß gerade moralbeflügelte Amerikaner oft schon mal das Kind mit dem Bade ausschützen, und in der Selbstbezichtigung nicht immer realistisch bleiben. Nicht realistischer nämlich als jene es oft tun, die sich zum enthusiastischen Amerikanismus aufschwingen. Beiden wäre Realismus oft die anstehendere Braut. In diesem Film ist es aber nur eine Marginalie, wenn man sich nicht künstlich darauf kaprizieren möchte.







*Wenn bis vor achthundert Jahren in der Rhetorik das Wesen der gesamten Bildung gesehen wurde, so hat das seine tiefgründigen Wurzeln in einer Wesensaussage über die Welt.

**Hitmen sind von Staaten, Organisationen oder/und Privatgesellschaften engagierte Männer, die in meist institutionell schachen oder zu schwächenden Staaten inoffiziell bleiben sollende Interessen betreiben, die sich eher selten mit den Interessen des betroffenen Volkes oder Staates decken. Und dabei in ihrer Methodenwahl nicht gerade wählerisch und von Skrupeln geplagt sind. Dabei geht es fast immer um Entwicklungshilfegelder, die von reicheren Staaten vergeben werden, deren Verwendung dann aber "zum Wohle gewisser Kapitalinteressenten gesteuert" werden soll.





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