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Freitag, 11. März 2016

Rechtsprechung ist immer schöpferisch (2)

Teil 2) Warum das Parlament nichts anderes macht 
als ein absolutistischer Herrscher




Selbst das sprachliche Verstehen eines Gesetzestextes ist ja zuerst vom Selbstverstehen des Lesenden und Auslegenden geprägt. Denn jedes Verstehen kann nur das Eingehen in einen bereits vorhandenen Verstehenshorizont bedeuten, und seine Erkenntnis wird immer davon abhängen, wie glaubwürdig es dem Verstehenssubjekt selbst ist. Eine Richtigkeit des Rechts kann es deshalb nur im Verfahren selbst geben.

Der Gesetzestext selbst wird immer unvollständig sein, und - er MUSZ es sogar sein. Weil er nur in einer Allgemeinheit abgefaßt sein kann, der dem nie vorherwißbaren, unendlich vielfältigen Einzelfall Raum läßt, der von jedem Idealfall immer abweicht. Recht, das das nicht berücksichtigt, wird nicht nur ungerecht sein, sondern wird dies, weil es erstarrt. Entsprechend allgemein muß ein Gesetz auch formuliert sein. Univok, absolut eindeutig, kann ein Gesetz höchsten durch Zahlen sein.

Allzu strenge "Logik" kann leicht in Rabulistik umschlagen, und aus Rechtsfindung wird - Unrecht. Kaufmann erzählt dazu einen jüdischen Witz:

Ein Mann fragt seinen Rabbi: Rabbi, ist es meinem Nachbarn erlaubt, mit seiner Frau zu schlafen? Na klar, sagt der Rabbi. Rabbi, ist es mir erlaubt, mit meiner Frau zu schlafen? Na sicher, auch klar, sagt der Rabbi. Rabbi, ist es mir erlaubt mit der Frau des Nachbarn zu schlafen? Unter keinen Umständen, hebt der Rabbi die Hände. Und, Rabbi, ist es dem Nachbarn erlaubt, mit meiner Frau zu schlafen? Da sei Gott vor, hebt der Rabbi beschwörend die Arme. Rabbi, sagt nun der Mann, wo bleibt aber jetzt die Logik? Wenn ich mit einer Frau schlafen darf, mit der mein Nachbar nicht schlafen darf, um wieviel mehr darf ich dann mit einer Frau schlafen, mit der sogar er schlafen darf?




*In diesem Umstand lassen sich sogar Analogien zu dem nicht immer ganz verstandenen Satz finden, der da hieß, daß der König zugleich auch das Recht setze. Denn immerhin versteht sich der König als "Derivat" des Volkes, als Allerallgemeinster seines Volkes, das sich somit in ihm in einer abstrakten, alles Einzelne enthaltenen Weise wiederfindet. Damit ist auch klar (der Staufer Friedrich II. hat so argumentiert), daß sein Wille zugleich das Gesetz SEIN und in persona setzen muß, denn in ihm trifft sich ja umgekehrt auch Gottes Wille, im König verbinden sich also Himmel und Erde. Das ist übrigens eine uralte Menschheitsansicht udn reicht bis hinein in die ERlösungslehre der Katholischen Kirche mit Jesus, dem König der Könige, und den Erlösten als seine Brüder. Karol Woytyla hat deshalb auch ein Buch geschrieben, in dem der vom Menschen in "Königswürde" spricht. Es folgt derselben Linie.

Ein Parlament argumentiert aber ja auch nicht anders? Es muß sich sogar als Wille des Volkes verstehen, und umgekehrt die Legitimation haben, es mit Gesetzen (woher?) zu formen. Der Unterschied zu früheren Auffassungen der Rechtsetzung ist also verschwindend. Nur war sich der Staufer dieser Tatsachen mehr bewußt!




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