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Freitag, 29. April 2016

Wer nicht jätet opfert den Garten (4)

Teil 4) Nur in Anrissen Fortsetzungen, die noch zu leisten und geplant sind
- Themen, die sich aus Amoris Laetitia aufdrängen



- In einem falschen System ist nichts Richtiges möglich (Adorno); warum wir es hier mit einem ganz aktuellen Grundsatz der Gegenwart zu tun haben, dem ausgerechnet die Kirche in Aktualitätsstreben widerspricht. Selbst die Öko-Moral versucht sich aus dieser Gesamtperspektive des Gesamtsystems (Weltklima, Fair Trade beim simplen Kaffeekauf, Öko beim Fischfilet, Ablehnung von Fleisch, etc. etc. als Beispiele) heraus zu beurteilen. Ein Widerspruch zu einem ahndungsvollen Bedürfnis der Welt wenn der Papst nun sagt, daß zwar die Gesamtsituation falsch sein kann, es dennoch Rettung im Gesamten gibt, wenn die Einzelhandlung "gut" ist. Wie das Essen eines köstlich schmeckenden Fischfilets, das ja auch etwas Gutes ist, egal, ob dafür fünf Fischzüchter auf Borneo ausgepeitscht worden sind, oder 8000 Tonnen Antibiotika den Mekong verseucht haben - der Fisch bleibt gut. Oder widerspricht sich hier die Kirche selber?

- Wie weit läßt sich Gutes reduzieren, aus dem Gesamtgut herauslösen? Etwa durch Berufung auf die in Amoris Laetitis (mit vollem Recht - es ist eine der schönsten Stellen im Dokument) gepriesene Leidenschaft (also: Leidenschaft ist ein Gut) zur Hure gehen, ohne daß mich noch zu interessieren braucht, daß ich nicht verheiratet bin, und das parfümgetränkte Mädel als Sexsklavin aus Thailand eingeschleppt wurde? Wer legt dann die Grenzen fest? Ist ein brutaler Diktator dann nicht doch ein gerechtfertigter Mensch, weil er kurz, bevor er dem Gefolterten eigenhändig den Schädel abschlägt, ihm noch eine hochwertige Zigarette aus seinem Privatfundus und ein paar nette Worte zukommen läßt?

- Oder stehen wir hier nicht vor einer über die Hintertür schnurstracks wieder eingeführten kasuistischen Moral?

- Zur "graduellen Gutheit" in objektiv ungeordneten Lebenssituationen - Gutes im Falschen kann es nur geben, wenn das Falsche widerrufen wird, im Guten also das umfassendere Falsche aufbricht - Lebenswirklichkeiten sind nicht ideologisch umgewichtete "Vorstellungen von Lebenswirklichkeiten" - Lebenstatsachen sind noch keine Qualitäten

- Der Empfang der Eucharistie festigt JEDEN Zustand, in dem der Empfänger subjektiv als Haltung (weil substantielle Gerichtetheit) steht. Das heißt, daß sie jemandem, der in falscher Haltung vor dem Priester steht und die Kommunion empfängt, auch diese falsche Haltung stärkt - indem sie sie verewigt, als ewigen, unveränderbaren Zustand vor Gott stellt. Denn jede Kommunion ist auf eine Weise ein Jüngstes Gericht. Wo ist also die Barmherzigkeit der Kirche, wenn man jemandem, der in falscher Haltung - einer objektiv ungeregelten Situation - kommunizieren möchte, die Hostie auf die Zunge legt? Ist das nicht der nächste eiskalte Zynismus einer brutalen, eiskalten Kirche, die Liebe nur noch als schauspielerisch-psychogene Selbstmanipulation zu simulieren vermag, Heil als psychogenes Befindlichkeitstheater mißdeutet? Ist nicht genau das der Irrtum des Martin Luther, ist nicht genau das in der Verweisung auf subjektives Gewissen eingeleitet, als könnte ein bloßes Selbstgefühl etwas über Rechtfertigung aussagen?

- Eine Sache, jede Sache ist nur und jeweils soweit Sache, weil sie als Mitte - und damit Normalität - verstanden wird, auch wenn sie in sich immer ein gleichzeitiges Oszzillieren aus Nichts und logos ist; diese Mitte aber, die die Sache ausmacht, und die ein Begriff erfaßt weil meinend verweist, ist die Welt, die eine Welt der Dinge ist. Sie muß Inhalt des Sprechens sein, weil sonst das Sprechen sich auflöst, so wie sich die Welt auflöst. Es gibt Ränder, über die schon nur zu sprechen sich also verbietet, weil sie mit der Mitte der Dinge - mit Begriffen - gar nie zu erfassen sind, weil man damit Nicht-Zustande in Zustände heben will, was aber nicht möglich ist.

- Wer fällt, aber weiß oder erkennt, daß er gefallen ist, und diese Trennung vom Heil nicht möchte, wen es reut, wer sich bessern möchte etc., der kann sich in der Beichte ins Gute seines Gesamtheils zurückstellen lassen. Und selbst, wenn er täglich fällt - er kann täglich zurück. Wer aber fällt und nicht ins Gute zurückwill, bleibt gefallen; ihm hilft auch keine Beichte. Ihm hilft nicht einmal ein Zusprechen von außen, das ihn entlasten will. Denn die Lösekraft der Kirche kann sich nur auf eine ontologische Wahrheit beziehen, die sich im Einzelnen auch dann meldet, wo er ihr objektiv widerspricht, wo ihm subjektiv aber Entlastung zugefächelt wird. Das ist gemeint wenn man sagt, daß im Priester Gott selbst verzeiht.

Das ist keine Magie wie in Heidenreligionen, sondern "in Jesus, der Wahrheit stehen und wirken", welches Wirken ihm sakramental zugestellt ist SOFERN ER WILL WAS DIE KIRCHE - als sponsa Christi, im Gehorsam dem logos gegenüber, ihrer Form - WILL. Eine Lossprechung subjektiver Willkür ist Sakramentensimulation.

- Meist ist die ablehnenden Haltung der Beichte gegenüber purer Neid vor dieser Möglichkeit, die der Katholik hat. Denn der Katholik ist nicht primär der, der so viel "besser" als andere ist, sondern der, der es ganz real und objektiv besser HAT. Nur ihm können Sünden wirklich, real und mit realer Wirkung vergeben werden. Nicht er macht sich besser, sondern er wird besser gemacht, ohne daß er es sich selbst vormachen oder einreden muß. Deshalb zielt das Anti-Christliche (aber auch viele Protestanten) sehr deutlich auf das Aufrechterhalten eines Gefühls von aktualer, fortbestehender Schuldigkeit, die aber objektiv gar nicht mehr gegeben ist.

- Ist es verantwortbar von "Sexualaufklärung" zu sprechen, wenn die Realitäten in so vielen Staaten haarsträubende, ja verbrecherisch kulturzerstörerische Sexualaufklärungsprogramme in Form schulisch etablierter Zwangs-Entsittlichung heißt? Wer wird durch solche Hinweise gestärkt? Das wird auch nicht besser, wenn einige meinen, man müsse eben einen "christlichen Aufklärungsunterricht" dagegensetzen. Diese Sichtweise, die da meint, es würde zu allem und jedem genügen, ein paar Gedankenschrauben zu drehen, und "die christliche Sicht" der Dinge den Dingen aufschnüllen wie ein Rosenquasterl ist protestantische Verwirrtheit. Sexualaufklärung ist eine zutiefst persönliche Angelegenheit, wo nur Eltern entscheiden können und müssen, ob sie angebracht, und wenn, wie weit sie überhaupt notwendig ist. Dafür gibt es keine "Methode", und sei sie noch so "behutsam" oder "christlich", und Sexualität geht keine Öffentlichkeit überhaupt etwas an.

- Tagesaktueller Nachtrag: Ein soeben auf CNA erschienenes Interview mit Robert Spaemann, der bei Amoris Laetitia von einem nachweislichen "Bruch mit der Lehrtadition" spricht, und in diesem Dokument "das Chaos zum Prinzip erhoben" sieht. Das ist jedem denkenden Menschen, der die Lehrtexte der Kirche kennt, unweigerlich klar. "Die Folgen sind jetzt schon abzusehen: Verunsicherung und Verwirrung von den Bischofskonferenzen bis zum kleinen Pfarrer im Urwald." Die Konzentration der Kritik auf die heiklen Stellen sei berechtigt, kein Fehlersuchen in einem ansonsten ordentlichen Text, der im übrigen sehr "ausgesucht" Richtung Situationsethik argumentiert, also auch mal wegläßt, was etwa Thomas v. Aquin sonst noch sagt. Denn mit ihnen wird ja der Text ausgehebelt. "Man kann bei einem päpstlichen Lehrschreiben nicht erwarten, dass sich die Menschen an einem schönen Text erfreuen und über entscheidende Sätze, die die Lehre der Kirche verändern, hinwegsehen. Es gibt hier tatsächlich nur eine klare Ja-Nein-Entscheidung. Kommunion geben oder nicht geben, dazwischen gibt es kein Mittleres." 

Wie weit dieser Verfall bereits geht bestätigen übrigens genau jene am meisten, die er Welt erklären und via Zitatenauswahl "beweisen", daß Franziskus "es im Sinne der Lehrtradition meine". Dahinter steht eine Respektlosigkeit dem Amt gegenüber, ein Aufschwingen zum Lehramt selber, das sehenswert ist.




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