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Samstag, 7. Mai 2016

Christen sind keine Kommunisten (1)

Den oft zum Mythos erhobenen Ur-Kommunismus der Christenheit hat es nie gegeben, schreibt Prälat Seipel in seiner Geschichte der wirtschaftsethischen Lehren der Kirchenväter. Wenn das Verständnis von Eigentum in gewisser Weise relativ war dann erstens deshalb, weil im Grunde alles Gott gehört, alles Gottes Eigentum ist, das uns Menschen nur gegeben und verantwortlich geliehen ist. Aber es ist uns zweitens auch gegeben, damit wir in einer Weise daran teilhaben, die die Christenheit als Ganzes umfaßt. Das meint ein Gebot Almosen an die Christenbrüder zu geben, damit jene das ihnen nicht zur Verfügung stehende Notwendige ebenfalls haben. Wie gesagt: An die Christenbrüder! Was die Heiden oft mit viel Neid erfüllte, sodaß sie Gerüchte streuten, etwa die gemeinsamen Mähler - die Agapen - die Wohlhabendere ausrichteten und an denen auch Arme teilnahmen, würden sexuell ausschweifende Orgien sein. 

Dabei verwaltete die Kirche ihre Güter nach irdischen Gesetzen, denn das Recht auf Eigentum ist nicht genuin göttliches Recht sondern eine irdische Einrichtung, aber deshalb nicht wertlos sondern Teil des menschlichen Kulturauftrags. Ausgenommen davon waren lediglich Kirchen und Kultplätze. Die gehörten direkt Gott.

Zum Kirchenbesitz gehörten sogar Grundstücke für Begräbnisplätze, denn es bildete sich mehr und mehr der Brauch heraus, Christen auf eigenen Friedhöfen beizusetzen. Auch hatte die institutionelle Kirche in ihrem Klerus, in ihren Diakonen (denen meist die Verwaltung der Kirchengüter und die Organisation der Almosen oblag) von Anfang an gewisse Vermögenswerte. Vermögen, das sie aber immer als eigentliches Eigentum der Armen ansah, die sie davon unterstützte und das sie bestenfalls noch für die Versorgung des Klerus heranzog. Selbst Verwandte des Klerus wurden wie jeder Arme als bloßer christlicher Mitbruder behandelt.

Nie aber ist es zu einer prinzipiellen Ächtung des Reichtums gekommen. Vielmehr war der Kirche und den Kirchenvätern immer nur wichtig, daß der Besitzstand dem seelischen Heil nicht entgegenstand. Diesbezüglich hat der Reichtum ebenso wie die Armut Gefahren, mehr aber der Reichtum. Daß sich oft sehr ausgeprägte Stellungnahmen gegen den Reichtum finden hat darin seinen Grund, denn noch dazu war die gesellschaftliche Hierarchie im römischen Reich vom Census abhängig, also von der Steuerhöhe und damit vom Reichtum. Dieser Überbewertung des Reichtums für den Wert eines Menschen wollte man gegensteuern.

Die Armut prinzipiell zu beseitigen ist eine sehr moderne ideologisch-politische Idee, um die es den Christen aller Jahrhunderte aber nie gegangen ist. Es ging immer darum, jeden in seinem Stand auf dem Weg zu Gott zu sehen, und da war die Mißachtung des Nicht-Reichen, wie sie häufig vorkommt (man denke nur an den Calvinismus und leite elegant zum Amerikanismus über) und speziell in der Antike üblich war, ungerecht und falsch, während der Reiche beitragen sollte, Übel die aus der Armut entstanden oder entstehen konnten im Sinne des Heilsweges des Armen zu verhindern. 

Aber keineswegs wurde jemals materiell geringer Besitzstand als prinzipielles Übel aufgefaßt, als prinzipieller Hinderungsgrund zu Gott, eher sogar im Gegenteil. Und der Kirche ging und geht es ja nur um das Heil der Menschen, worum sonst? Armut als prinzipielles oder gar gottwidriges Übel zu sehen ist eine rein politische Idee eines ganz eigenen Weltbildes. Das mit Katholizismus zu vermischen fiel erst der marxistischen Befreiungstheologie des 20. Jhds. ein.

Schon gar nie gab es so etwas wie "allen gehörte alles". Schon in frühesten Schriften finden sich zahlreiche Belege dafür, daß zwar mancher der Kirche seinen Reichtum übertrug, aber noch mehr Belege verdeutlichen, daß jeder weiterhin seinen Stand wie seinen Besitz behielt und nur eben auf redliche und "arme" Art verwaltete. Und immer mit dem wichtigen Bestandteil als Maß - der Standesgemäßheit. Denn immerhin geht der Stand gleichfalls als Christenpflicht dem rein subjekiven Wollen und Wünschen voraus. Wer seine Güter vernachlässigt, nicht ordnungsgemäß verwaltet, verschleudert und zugrunderichtet, ist nicht besonders christlich, sondern besonders pflichtvergessen. Zu diesem Pflichtbewußtsein gehört dabei auch die Wahrnehmuing dessen, was man "Repräsentationspflichten" nennt, weil in ihnen ja das wahrgenommene Amt, die gar nicht dem Einzelnen gehörige Stellung innerhalb der menschlichen Ordnung (die als Ecclesia ja auch die Ordnung im Plan Gottes ist) darzustellen. Erst dann kann dies im jeweiligen Stand übertragene Aufgabe innerhalb einer Gesellschaft als Kultur auch wahrgenommen werden.*

Lehren, die eine generelle materielle Armut verlangten (schon in der Frühzeit waren das etwa die Eustatianer, die das Asketentum als alleinseligmachenden Weg forderten) wurden immer abgelehnt und sogar als häretisch verurteilt. Armut wurde vielmehr deshalb als christliche Grundhaltung immer so hoch eingeschätzt, weil sie das jederzeitige Loslassen von Besitz bedeutet. Nur leere Hände, die sich nirgendwo festkrallen, können die Gnade aufnehmen. Nur wer viele Tugenden besitzt, der ist wirklich reich. (Insofern hat Reichtum mit Tugend zu tun; von ihrer Farbe getränkt wird er gerecht.) 




Morgen Teil 2) Selbst im Paradies herrschte eine Gliederung der Reichtümer





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