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Samstag, 4. Juni 2016

Ja. Religion ist Ideologie. Katholizismus ist aber keine Religion. (2)

Teil 2) Der Weg des Katholiken ist ein tägliches Mühen, 
der Religion zu entwachsen, die Insecuritas zu wagen, um katholisch zu werden!





Keine Sprache bleibt "in sich", nominell, das tun nur Zahlen. Sondern jedes Sprechen bezieht sich auf etwas, das dem Sprechen selbst zugrundeliegt, also einem Erfahrbaren. Deshalb ist die Erfahrung des Seins für jede Vernunft, für jedes Sprechen und deshalb für jedes Denken (denn Denken IST Sprechen) konstituierend wie notwendig. Dieses Dahinter aber ist unsichtbar, nicht sinnlich - es ist Geist. 

Nicht sinnlich heißt aber genau nicht: NICHT ERFAHRBAR. Es ist erfahrbar, als geistige Struktur der Welt, und das heißt über die sinnlich erfahrbare Welt, aber nicht im Sinnlichen aufgehend. Und insofern vom Denken, vom richtigen, offenen, wirklichkeitsoffenen Denken erfaßbar weil erfaßt, wenn auch gewiß nie erschöpfend, immer vorläufig, immer mit einem Rest Insecuritas. Auch die Annahme eines Gewissen wäre ja nicht katholisch-allumfassend und damit offen (weil im menschlichen Denken um seine Begrenztheit wissend), auch das wäre Ideologie. Die ja diese Insecuritas beseitigen möchte.

Das Merkmal des Katholischen kann das nie. Es ist deshalb tatsächlich KEINE Religion und DESHALB KEINE IDEOLOGIE. Es ist deshalb auch niemals "gleich wie alle Religionen", obwohl es Religiosität genauso braucht wie enthält bzw. voraussetzt, wie jedes Denken Religiosität voraussetzt, ob das jemand nun fassen kann, akzeptieren kann oder nicht, wie Herr Grau. Ohne eine Eingebettetheit in eine Wahrheit - ein Gedankenvorgang, kein positivistisches Religionsgebot - und ohne einen allgemeinen Bezug jedes Menschen auf eine Wahrheit ist nicht ein einziger Satz zwischen Menschen austauschbar. Niemand wüßte, wovon der andere überhaupt spricht, die Welt wäre prinzipiell unerkennbar und irrational. 

Nein. Sie ist dem Rationalen voraus, überlegen, ja, aber nicht irrational. Das Rationale geht im Sein restlos auf, das ist das für die Gegenwart so schwer zu fassende konstituive Prinzip der Welt überhaupt. So schwer zu fassen, WEIL die Gegenwart in Ideologien, in ungewußten, nur still geglaubten Voraussetzungen (die allesamt persönliche Entscheidungen und Unfreiheiten sind) und religiösen Mythen (auch Herr Grau, ohne Probleme wären ihm deren zahlreiche nachzuweisen, man denke nur an die Evolutionismen, offenen oder verborgenen Materialismen, etc. etc.) regelrecht ersäuft. 

Und zu dieser Ideologie gehört auch - ja, auch das ist Ideologie, ist ungewußte, persönlich gesetzte Denkvoraussetzung - zu meinen, es gäbe ein "voraussetzungsloses Denken", und man selber befleißige sich dessen. Wie Herr Grau es offenbar von sich annimmt. Auch das ist logisch aufweisbar.

Das Katholische ist vielmehr das Allumfassende menschlichen Dasein selbst. Es ist nicht die Überreligion, wie manche Gutmeinenden meinen. Nein. Es ist überhaupt keine Religion, weil es die Schöpfung als Seiendes bzw. am Sein Teilhabende INSGESAMT umfaßt (das meint man mit "Kirche"), also innerhalb der Schöpfung keine Kontur als es selbst hat. Und höchstens insofern enthält es alle anderen Religionen, die nie mehr als innerweltliche Vorstufen zur Katholizität sind, ähnlich der innerweltlichen Poesie. Die Distinktheit des Katholischen ist die Wahrheit selbst, und ihre Form ist die des Katholischen.  Wobei die Wahrheit Form HAT - dynamisch, personal, aber (unabbildbar, versteht man es als Festmachen in einer historischen Gestalt, und doch immer historisch konkrete) Gestalt (was nur im Sakramentskern als Erfüllung, als Ineinsfließen von Ewigem mit Zeitlichem, als Inkarnation Gottes in Jesus eben, auch weitgehend verabsolutierbar ist.) Alle ihre Moral, alle ihre "Lehren" sind darin begründet, wurzeln darin, und fließen wieder darein zurück. Einen Moralismus im Katholischen GIBT es nicht, und wo er auftritt, ist er nicht katholisch.

Es gibt deshalb im Katholizismus KEIN Moralgebot, das nicht zuerst und zutiefst im Sein der Welt erkennbar und verankert liegt. Ja, Gutsein heißt, dem Wesen der Dinge zu entsprechen! Katholische Moral ist deeshalb immer in der Vernunft verankert, niemals aus blindem Gehorsam oder gar Nutzen heraus verstehbar. Das unterscheidet den Katholizismus schon grundlegend von jeder Religion der Welt. Nur wer die Welt erkennt, kann nach Gottes Willen handeln, weil er erst so sieht, in der Vernunft, was an ihr zu tun ist. Katholisch sein, gut sein heißt "Welt vervollkommnen"! 

Das war der Grund, warum Gott in Jesus sogar inkarnierte - nur so konnte die Welt in ihre ursprüngliche Dimension und Vollkommenheit wieder (zumindest potentiell, denn die Welt als Analogie Gottes muß freie Antwort geben, erst so ist sie Gott ähnlich, Abbild, und das kann vollgerecht weil im Geiste nur der Mensch) hineingehoben werden. Aber das war auch nicht ohne Offenbarung möglich, weil das Wesen der menschlichen Vernunft so ist: Menschliches Denken geht immer und ausnahmslos (und jedes Kind zeigt es neu) von einer Offenbarung aus! Der Beginn der Vernunft überhaupt ist - Offenbarung. Logos, der am Anfang von allem steht. Denn alles ist aus logos geworden, und nach wie vor wird alles aus logos. Das zeigt das menschliche Denken auch rein innerweltlich, als Analogie seines geistigen Ursprungs, seines Ursprungs im Geist. Wenn es etwas gibt, das den Katholizismus definiert, dann genau das.

Der Katholizismus ist deshalb ein Seiendes des Denkens, der Vernunft (innerhalb derer das Denken west), der Entscheidung, des Urteils in seiner komplexen Struktur einer universalen (nicht: universalistischen!) Gesamtheit, wo sich Wort, Logik, Denken von persönlicher Haltung und Substanz nicht mehr trennen, separieren läßt, ohne deshalb eines dieser Elemente aufgeben zu müssen, sie bleiben für sich in ihrer Gesetzlichkeit. Und nur insofern ist er deskriptive Gestalt. Selbst seine unveräußerlichen Formen im Sakramentalen sind in einer Vernunftwirklichkeit weil Weltwirklichkeit gegründet.

Aber schon im Schreiben darüber, das (grosso modo; es gibt einen Punkt der Ausnahme, dazu ein andermal) nicht mehr als ein Verweisen (auf ein hinter jedem Begriff stehendes Wirkliches) sein kann, zeigt sich die Problematik des Katholizismus. Katholizität zu erklären ist ein immer ungenügendes Kreisen, ein Verweisen - ist Poesis im eigentlichsten Sinn. Seine Wirklichkeit steht im Dahinter. Der Zugang dzau ist deeshalb der "bonae voluntas" unterworfen, einer personalen Bewegung und Hinneigung. Kein schlichtes rationales Ergebnis, darin kann der Katholizismus niemals aufgehen, weil die Welt niemals im bloß rationalen Ergebnis aufgehen kann. Das Rationale ist deshalb das Verweisende, das in der Poesie der Sprache überhaupt Enthaltene, im Rationalen notwendig widerspruchsfrei an einem Schopf gepackt, aber nicht das Rationale alleine oder selbst, über ihm aber sich auftuend.


Morgen Teil 3) Katholizismus heißt, das Denken zu seinem Ziel 
und ohnendlichen Ende eines Zustands zu führen




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