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Sonntag, 5. Juni 2016

Laßt uns anfangen

Es mag mittlerweile auf diesem Blog bei über 7600 Artikeln, von denen per heute noch mehr als 6200 zugängig geblieben sind, die seit 2007 als Ausgliederungen aus dem Tagebuch (das ja jährlich tausende Seiten umfaßt) ins Netz gestellt wurden, nicht mehr so leicht sein, einen Überblick zu finden. Oder, bei den Dauerlesern, um die der VdZ weiß, diesen bewahrt oder gewonnen zu haben. Aber darin war auch die Haltung des VdZ zur Zeit des Hitlerismus erkennbar.

Der ja immer wieder als für das Selbstverständnis der Gegenwart unserer Länder essentiell ansah, daß die Zeit des Nationalsozialismus ohne Befangen und neu durchgedacht werden muß. Nicht um den Nationalsozialismus irgendwie zu rehabilitieren. Sowohl von der Seite der Mutter (mit ganz realen Opfern, ja Märtyrern des Christentums im Hitlerismus) wie der des Vaters (Christlichsozialer bis in die tiefste Wolle) hat der VdZ eine Tradition zu verteidigen und zu gewahren, die er immer gerne aufnahm und als deren Fortführung er sich immer verstand. Auch wenn diese Tradition - wie es aussieht - mit ihm enden wird, vor der alle seine Kinder mit gesträubten Haaren geflohen sind. So ist es eben, auch das ist ein Stück Leiden an der Zeit. Deus providebit.

Aber nun wird es Zeit, dieses Thema weiterzutreiben. Es wird Zeit sich der Differenzierung zu widmen, die herrisch verlangt, Hitlerismus als jene (wenn auch wichtige, ja entscheidende) Spitze anzusehen, die einen Grundstock durchtränkte (und mißbrauchte), der Hitler'sche Politik keineswegs zu einer Politik des Nationalsozialismus macht, sondern zu einer allgemein deutschen Politik. Die auch mit einem Unrechtsfrieden von Versailles und Trianon und St. Germain erklärt wäre. Sondern die sich in der geostrategischen Lage Deutschlands seit je begründet. 

Oder wie sonst glaubt denn der Leser wäre eine so breite Zustimmung in der Bevölkerung zu erklären? Die zu allererst eine Zustimmung eben zu diesen allgemeinen Gebotenheiten gehörten, die sich aus der außenpolitischen Lage Deutschlands in Europa (und in der Welt, denn Deutschland begann die Position der etablierten Weltmächte zu hinterfragen) wie von selbst ergab. Die bereits in den strategisch-politischen Überlegungen eines Friedrich II., dem Großen, ihr Wiederbild haben. Die immer allen politischen Einigungsbestrebungen auch der Habsburger - als jahrhundertelange Kaiser des Römischen Reiches Deutscher Nation - zugrunde lagen: Als ein Volk einem Erdteil inmitten, mit potentieller Gegnerschaft praktisch "rundum". Und daraus folgenden politischen Geboten, wie der Notwendigkeit, bei so geringer Landtiefe - hier etwa Frankreich, dort Rußland - eine andere Politik führen zu MÜSSEN, als es diese Länder brauchten, die ihre Rücken frei hatten.

Selbst der Hitlersche Krieg war keineswegs ein "Nazi-Krieg". Anders hätte die Wehrmacht nie so bereitwillig mitgemacht, es geschafft, Millionen und Abermillionen Soldaten zu rekrutieren, die ihr Bestes gaben, und sich damit einen legendären Ruf erwerben konnten. Das wäre ohne substantielle, ontologische Motive unmöglich gewesen. Und es wäre nur durch geschickte Propaganda und Massenpsychologie, die das Hitler-Deutschland als modernsten Staat der Neuzeit erkennbar gemacht haben, nicht zu erklären, ganz sicher nicht.

Die Unterscheidung dessen, was an diesen Jahren 1933 bis 1945 die schlechten Seiten des Hitlerismus, was davon aber "ganz normale, ja gebotene" deutsche Politik war, ist nicht so leicht, das sei zugestanden. Aber auch nicht so schwer, wie viele glauben wollen. Man muß sie nur endlich (!) anfangen. Und man muß dabei endlich aufhören, sich das Maß des Schnittes mit dem Skalpell von Kräften vorgeben zu lassen, die im Dienste ganz anderer Interessen stand wie steht.

Erst aus einer solchen Operation - mit manchmal noch vielleicht ungenauen Schnitten, mag sein, aber man wird sie eben korrigieren müssen, genauer, präziser setzen, Blutungen wieder stillen, um andere Stellen herauszuoperieren, manchmal falsche Schnitte wieder zuheilen lassen müssen, um etwas daneben neu anzusetzen - wird aber die Gegenwart jemals verständlich werden. Sowohl die von Österreich, wie die eines heutigen Deutschland.

Es wird auch viel Mut zu "Tabubrüchen" brauchen. Denn man hat zu gerne und zu nützlich den gesamten Leib paralysiert, sodaß es uns selbst als Betroffene schwere und gewiß da und dort ungelenke, oft sehr kraftraubende Bewegungen abverlangen wird, um den lebenden Leib von Faulstellen und totem Fleisch zu befreien. 

Aber der Ertrag ist so gewiß wie das Amen im Gebet. Er ist sicher! Er ist notwendig, um uns endlich selbst zu befreien. Also wagen wir es, mehr und mehr - wagen wir die Operation am lebenden Leib. Und beginnen wir zu sehen, was uns als einem Volk (im großen Ganzen) Zubehörige an unserem Selbstverständnis zu arbeiten. Das durch posttraumatische Belastungsstörungen ganze Areale unseres Geistes in tiefsten Kerkern hält.





*260516*