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Freitag, 1. Juli 2016

Naja, es würde Sinn ergeben

Ach, und was wurde und wird da für ein Eiertanz aufgeführt, geht es um die "Zukunft Syriens". Denn da gibt es natürlich auch die "gemäßigten Rebellen", schreibt das versammelte Käsesortiment im Medienzirkus der Inkompetenz eifrig mit, und die müßten doch alle an der Regierung beteiligt werden, sagen sogar die Saudis. Und die Türken.

Herrschaften, so etwas wie gemäßigte Rebellen, mit denen dem verbildeten Europäern vorgegaukelt werden sollte, daß es doch so etwas wie einen kollektiven, ja bürgerlichen Aufstand gegen Syriens brutalen Diktator Asad gegeben habe, eine solche gemäßigte Rebellenbewegung gibt es nicht, hat es vielleicht überhaupt nicht gegeben.

Wer das sagt? Der bekannteste investigative Journalist der USA, u. a. Aufdecker der Massaker von My Lai und des Skandals von Abu Ghraib, Seymor Hersh. Der im Standard aus dem Nähkästchen plaudert. Und vermutlich die Ehre der Soldaten (oder seinen Ruf als Journalist) wiederherstellen möchte, die ja zuletzt wirklich ausgesehen haben, als seien sie die allergrößten Eierköpfe. Und den wir hier wie üblich ein wenig eigen weiterinterpretieren, weil sich allmählich ein Bild ergibt, das immer stimmiger wird. Kneten wir den Teig noch einmal kräftig durch, allmählich wird er geschmeidig.

Denn klar - unter diesem Licht ergibt es auch einen Sinn, daß die amerikanischen Bomberangriffe so gar nicht effektiv waren, während die Russen kamen, zweimal am Lichtschalter schnippten, und schon war die Sache gegessen. Weil die keinen Interessenskonflikt dort hatten, wie die amerikanische Politik. 

Jene amerikanische Außenpolitik, die es sich mit den Türken wie auch den Arabern gutstellen wollte, weil das für sie ein strategisches Kerngebiet ist. Also jene Mächte (sieht man von Israel ab, ein eigenes Kapitel) stützte, die die syrischen Unruhen angezettelt und unterstützt hatten. Denn darum ging es ja wohl in dem ganzen "Syrienkonflikt": Um ein Wettrennen zwischen den Türken und den Saudis ums Kalifat, wobei die Türken die Fliede dees Kurdenkonflikts mit derselben Klatsche schlagen wollten. Das war auch schon alles. Aber die USA (NATO) brauchen beide. Die Türken für die russische Südflanke mit den anti-russischen Nachschubwegen in den Kaukasus, und die Saudis um China (und Südostasien) in Zaum zu halten, und zwar übers Erdöl. Denn dort mitten drin saß ein syrischer blutrünstiger Diktator, der dank dieses versifften Sykes-Picot-Abkommens und der französischen Schwäche eine zentrale Machstelle hatte, und sohin eine totale Beherrschung dieses Raumes nicht möglich machte, zumal Syrien traditionell mit den Russen eng war. (Anm.)

Und das war der amerikanischen Politik schon lange der größte Dorn im Zeh. Denn den Russen sollte doch endlich auch ein Vietman zugefügt werden?! Also rüstete man Rebellen für das von Moskau besetzte Afghanistan aus, was ja noch halbwegs funktioniert hat: Die Russen mußten gehen. Doch dann machte sich die Sache selbständig, und eskalierte in 9/11. Man mußte also auch etwas gegen den Terror tun, den man selber hochgerüstet hatte. Und die es sich in (nach der Irak-Kalamität, die ja für die USA auch nicht unbedingt schmeichelhaft ausging und alles andere als Dauerruhe verschaffte) Syrien als IS einzurichten begannen. Wohinein die Amerikaner nach wie vor Waffen lieferten, denn islamisches Revolkutoinspotential war auch für einen Putin alles andere als Eierspeise zum Frühstück. Also investierte man in diese angeblich gemäßigten Rebellen. Sagte die Politik, die das Argument ja brauchte, um Asad fertigzumachen und Rußland zu schwächen. Die die syrische Nähe zu Rußland massiv störte.

Wobei man spekulieren kann, meint der VdZ, ob die USA nicht glaubten, in einem IS (also: den Ex-Afghanistan-Rebellen) einen gewissermaßen US-kontrollierten islamischen Staat etablieren zu können. Vermutlich hatten und haben die Türken einen ähnlichen Gedanken, der ihnen sogar beim Kurdenproblem elegant helfen könnte. Das alles anzunehmen machte die Sache noch runder. 

Also belieferten die USA seit 2011 den IS (der, wenn es solche je gab, alle gemäßigten Rebellen längst verdrängt hatte) über Libyen und die Türkei mit Waffen.* Was Asad in seiner Verzweiflung dazu brachte, sogar Faßbomben zu werfen. Was, so Hersh, die Amerikaner in Vietnam übrigens auch gemacht hatten, und zwar mit Napalm. Die Lage drohte zu eskalieren, Gifteinsatz drohte, und um das in den Griff zu kriegen, rechneten die US-Militärs mit einem notwendigen Einsatz von 70.000 Mann.

Denen zudem auffiel, daß was immer sie den angeblich gemäßigten Rebellen lieferten über kurz oder lang in den Armen der Al Nusra oder der IS landete. Das meldete der Geheimdienst, denn spätestens 2013 gab es keine gemäßigten Rebellen mehr. Man unterstützte also auf der eine Seite die, die man auf der anderen Seite zu bekämpfen hatte. Spätestens dann begriffen es auch die härtesten Pentagonschädel: Mit der Anti-Terrorstrategie klappte etwas nicht. Und der IS hatte außerdem denkbar schlechte Publicity.  Da begann das amerikanische Militär still und heimlich mit Asad zusammenzuarbeiten.

Und diesmal ohne Wissen der US-Politik. Die weiterhin auf den Syrer draufhaute, als ginge es um die Erlösung der Welt von allem Übel. Asad, der damals schon ziemlich in den Seilen hing, wurde militärisch so aber zum Partner. Hersh behauptet sogar, daß die US-Militärs ihn mit Waffen belieferten, und zwar über Deutschland, wie er vermutet. Seither ging es mit ihm wieder bergauf, und endgültig, als die Russen kamen. Die taten, was die Amerikaner zuvor nicht tun durften, und bombardierten ungebremst IS und Al Nusra. Mit durchschlagendem Erfolg.

Natürlich auch nicht ganz uneingennützig, meint dazu der VdZ. Denn so konnten sie verhindern, daß allfälliger islamischer Terror im eigenen Land Nahrung erhielt, und das ist angesicht der 20 Mio Muslime dort nicht ganz unbedeutend. Aber für die Türken, die unter US-Druck (und um nicht offenlegen zu müssen, was sie immer schon vorgehabt hatten, um damit ganz das Gesicht zu verlieren) stillhalten mußten, war das natürlich ein herber Rückschlag. Ganz konnten sie die Enttäuschung auch nicht unterdrücken, wenigstens EIN russisches Flugzeug abschießen, bittebittebitte ... Ein Trostpreis bleibt ihnen aber auch so. Sie können wieder ein wenig in der Levante mitmischen, was vorher Syrien verhindert hatte, und keiner sagt auch mehr etwas, wenn sie auf die Kurden im Land eindreschen. Einen islamischen Staat richten sie ohnehin selbst ein.

Der russische Erfolg war für die USA nicht gerade ein PR-Durchbruch. Sodaß Obama im April 2016 auch 250 Soldaten hinschickte, die natürlich seither überhaupt und endlich alles klarmachen. Es ist lächerlich, so Seymor Hersh. Es ist, als würde man den Russen sagen, sie hätten auch ein wenig beigetragen zum Sieg der Amerikaner im Zweiten Weltkrieg - dabei haben den die Russen gewonnen, weil sie selbst um den Preis von 20 Mio Toten (gegen 500.000 gefallenen Amerikaner) gegen die Deutschen gegengehalten haben, bis die am Ende waren. Sagt Seymor Hersh.

Der Fortgang der Geschichte ist bekannt. Notgedrungen und ohne viel darüber zu reden hat die amerikanische Politik auch auf die Linie "Lösung mit Asad" umgeschwenkt. Die aber das Militär ohnehin längst begangen hatte.

Und Israel? Es ist schwer von außen auszumachen, was momentan seinen Interessen am meisten dient. Aber um freie Bahn für ihre Interessen zu haben, werfen sowohl Türken wie Saudis schon längere Zeit schöne Augen und Kußhände nach Jerusalem. Was die Palästinenser schwächt. Wiewohl vermutlich keinem der beiden zu trauen ist. Aber Israel kann im Moment bequem vom Balkon verfolgen, was passiert. Das Ziel, sämtliche Staaten rundum entweder US-hörig zu wissen (Jordanien) oder destabilisiert (Libyen, Ägypten, Syrien, Arabien über Jemen) zu haben ist ja erreicht. Bleibt noch Syrien. Doch wieder auf Asad setzen, der immerhin geschwächt ist, um die Türken und Araber zurückzudrängen?




*Wie sich die Zeiten ändern - dieselben Aussagen galten noch vor kurzem als Spinnereien von Verschwörungstheoretikern.





*200516*