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Sonntag, 3. Juli 2016

Reform kann nur vom Rand kommen

Ob es nicht schizophren sein, schreibt Leser F, wenn der VdZ einerseits auf die Wahrheit und Heilsnotwendigkeit der Kirche hinweise, und anderseits die Expedierung des Klerus aus Europa verlange. Da sehe er unauflösbare Widersprüche. 

Gerne entgegnet der VdZ dem Einwurf, und stellt ein großes Wort gelassen voran: Denken Sie, lieber F, bei Kirche doch bitte nicht an den begrenzten europäischen Raum. Denken Sie die Kirche ruhig einmal global! Denn sie ist ein Leib, vom Nordpol bis zum Südafrikanischen Kap. Die Kirche in Europa geht dem Ende zu, und zwar nicht nur vom Klerus her, sondern auch von der Verankerung in der Bevölkerung. Und sie tut auch alles, um diesen Niedergang zu fördern. Aus sich selbst heraus ist sie in Europa nicht mehr reformfähig, hier stinkt der Kadaver schon, es wird nur noch geraume Zeit brauche, bis er endgültig tot zu Boden sinkt.

Also gilt, was bei vielleicht allen Reformen gilt: Daß Reformen nur von den Rändern her möglich sind, von außen her. Denken Sie, werter F, doch an Afrika, und denken sie in Europa an kirchliche Gemeinschaften, die NICHT in diesen korrumpierten offiziellen Leib Kirche in v. a. Westeuropa eingebunden sind. Daß die Piusbruderschaft so lange außerhalb stand könnte sich zum Beispiel noch als großer Segen erweisen, ähnliches (wenn auch mit Vorbehalt) gilt von den Petrusbrüdern.  Und das gäbe wohl eine gewisse Liste, wenn man an so manche Außenstehende dächte, Kirchen, Teilkirchen, die ganz am Rande stehen. Die vor allem eines nicht sind: In die weltlichen Vorgänge in der Kirche eingebunden, und damit in das System der Selbstkorrumpierung, aus dem die Kirche nicht mehr herausfindet, weil sie die Sprache entwertet hat.

Nach dem Völkeraustausch also auch ein Klerikeraustausch - warum denn nicht? Denn eine Reform der Kirche, eine Neuevangelisierung - wozu doch seit Jahrzehnten die Päpste selbst aufrufen! ja was soll denn damit gemeint sein? - kann nur von Gruppen und Personen kommen, die keine Abhängigkeiten aufweisen, die frisch und vor allem "als neu, als anders" auftreten können. Die nur eines im Sinn haben: Die Warhheit, die sie selbst erhalten haben, weiterzugeben. Nur so hat sie jene Kraft, um eine Kultur von Grund auf neu aufzuspießen, zu durchformen und zu durchwirken. Vielleicht sollten wir da sogar etwas Gottvertrauen aufbringen, an die Sendung der Kirche des Ostens, der Orthodoxie, zu hoffen, dem anderen Lungenflügel Europas. Viel Hoffnung verbindet der VdZ mit Afrika, die schon jetzt mutige Stimmen der Vernunft (und Reform) haben, die aufhorchen lassen, weil sie klingen, als wären sie die letzten Bastionen des Katholischen.

Wohl braucht es auch erst eine mutige Erfahrungsbereitschaft unter den Europäern selbst, die man getreu der paradoxen Intention einmal dem aussetzen sollte, was sie doch wünschen - eine Welt ohne Gott, in der Gott höchstens noch eine Freizeitaktivität vorstellt, die einem die eine oder andere Stunde verschönert. Sonst soll sich Gott aus dem Leben gefälligst heraushalten. Lasse man doch die Menschen einmal so leben! Wozu noch dagegen wehren? Überlasse man sie ihren esoterischen, okkulten, neuheidnischen Vorstellungen! Lasse man sie, ja fördere man sie nach Kräften! Das muß parallel zum vorhersehbaren Zusammenbruch der Systeme der Wirklichkeitsabschottung, der Sozialstaaten und Kirchensteuern also, passieren. Dann, Aug in Aug mit der Wirklichkeit, sollen sie zeigen, wie mächtig ihr Gott ist.

Und dann wird sie da sein, die Stunde der Neuevangelisierung. Dann werden sie wieder mit neuen Augen, wie Kinder, unbedarft und offen, dem gegenüberstehen, was dieser Gott, der Mensch geworden ist, für sie tun kann. Weil er der Herr über alles ist. Nur so entsteht die Erkenntis um die Bedeutung der Vernunft.

Wovor also fürchten? Lassen wir doch den Kindern ihren Willen! Jeder Vater weiß, daß das manchmal in der Erziehung das einzige noch mögliche Mittel ist. Und so weit dürften wir sein. Aus sich selbst heraus ist Europas Kirche nicht mehr zu reformieren. Sie ist schal geworden, und sie wird ausgespieen aus dem Munde Gottes. 

Reformkräfte kommen nie aus jener Mitte, die aus ihrer Formlosigkeit lebt und das Siechtum sogar befestigt. Re-form kommt aus dem Rand, der um die Mitte fürchtet, weil er sonst stürbe. Es sind die Geschmähten, die Verlierer, die Systemaußenseiter, immer, in denen die Zukunft heranreift.


P. S. Natürlich gilt das auch für gesellschaftliche und politische Vorgänge und Zustände.
P. P. S. Nein, Reform wird nicht aus dem Westen kommen, der bereits ausgezogen war, um Europa durch seinen Westen zu revolutionieren, und neu und besser zu erschaffen. Sie sind wie reduzierte, eigenschaftsärmere Ableger, deren Todesdatum bereits besiegelt ist. Sie verstärken nur ohnehin bereits tödliche, abgelöste Eigenschaften. Reform kann nicht durch Revolution kommen, das zeigt sich am gegenwärtigen Papst ganz deutlich.





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