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Mittwoch, 7. September 2016

Die Geschichte eines unglaublichen Unrechts

Im Zentrum dieses Films, auf den der VdZ aufmerksam gemacht wurde, steht ein Interview mit dem ehemaligen Außenminister des Irak (unter Sadam Hussein), Tareq Aziz. Wenn stimmt, was der Mann da durchaus glaubwürdig und immerhin von vielen Seiten mit Evidenzen bestätigt darlegt, hat sich mit den Golfkriegen eine unglaubliche Sauerei abgespielt.

Dabei muß man die Perspektive noch viel weiter denken. Denn 1990 brach der Ostblock zusammen. Das war überhaupt für die USA "die Stunde der Chancen". Mit ungeheurer Energie versuchten sie nicht nur die militärisch-strategische Lage zu ihren Gunsten zu verändern, sondern vor allem den Rohstoffmarkt (Öl) endgültig unter ihre Kontrolle zu bekommen. Wer den Aufstieg Asiens verfolgt weiß, warum das von derartiger Bedeutung ist. Denn Asien hängt praktisch völlig von Ölimporten ab. Öl, das aus der arabischen Welt kommt bzw. kam. Wer dieses Öl kontrolliert, kontrolliert die asiatischen Staaten, der kontrolliert die Welt.

Gleichzeitig erfolgte die Expansion der NATO (und die IST die USA) in Osteuropa, und drängte das damals in einem völligen Niedergang befindliche Rußland durch vollendete Tatsachen an die Wand. Das ging so lange gut, bis Putin an die Macht kam, der den Verfall Rußlands tatsächlich und endlich stoppte, und das Land langsam wieder stärkte. Der Rest (mit dem Spitzenfall Ukraine) ist bekannt.

Irak hat die größten oder zweitgrößten (nach oder vor Arabien?) Ölreserven der Welt. In einem ersten Schritt wurde die Ölproduktion durch diesen 1917ff. durch England und Frankreich (Sykes-Pikot-Abkommen) willkürlich geschaffenen Staat (als eine Abtrennung von ehedem irakischem Territorium) ausgeweitet. Daraufhin fiel der Ölpreis auf einen Stand, der für den Irak, der vom Öl maßgeblich abhing, lebensbedrohlich wurde. Zwischen 1988 und 1990 fiel die irakische Währung in seiner Parität zum Dollar von 4 : 1 auf 2000 : 1. Das heißt, daß der (wie jeder arabische Staat) extrem importabhängige Irak an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit kam. Denn der Dollar, mit dem diese Importe bezahlt wurden, wurde für ihn immer teurer, während das Öl als sein Exportgut (nach Inlandsparitäten) faktisch hergeschenkt war.

Und das, nachdem das Land einen zehnjährigen Krieg gegen den Iran (als dem erklärten Israelfeind und Rußlandfreund, jenes Rußland, das nun zu schwach war, um den Iran weiter zu stützen, weil seine Wirtschaft bei der "Wende" durch die Gorbatschow'schen Fehler völlig zusammenbrach) geführt hatte - als strategisches Instrument der USA! - der beiden Seiten geschätzt je 500.000 Tote gebracht und vor allem gigantische Summen Geldes verschlungen hatte, ohne in irgendeiner nennenswerten Veränderung zu enden. Außer - daß auch der Iran außerordentlich geschwächt war.

Also richtet der Irak 1990 an Kuweit die dringende Bitte, die Ölproduktion wieder zu drosseln, weil seine Förderpolitik die Existenz des Irak bedrohte. Was Kuweit machte, mußte der Irak - so Taziz - als aggressiven Akt auffassen. Es erfolgte keine Reaktion. Während aber die amerikanische Botschafterin zu jenem Zeitpunkt dem Irak praktisch völlige Autonomie und amerikanisches Desinteresse vorspielte, hatten die Amerikaner bereits voll ausgearbeitete Reaktionsszenarien vorliegen. Auf das, was dann auch kam: Der Irak griff militärisch Kuweit an. 

Nach diesem ungleichen Krieg, der den Irak hunderttausende Tote kostete und das Land durch hunderttausende US-Geschoße mit insgesamt 400 Tonnen (!) Plutonium daraus verseucht war, verhängte Amerika sogar noch ein totales Handelsembargo. Das hieß, daß der Irak auch kein Öl mehr exportieren konnte. Das drückte das Land endgültig an die Wand. Denn nun konnte es nicht einmal mehr Lebensmittel und Medikamente einführen. Es kam zu geschätzt 1,6 Millionen (!) Toten in direkter Folge. 

Und die UNO spielte mit, ließ sich von den USA instrumentalisieren. Zahlreiche hohe Beamten traten daraufhin zurück, denn die UN-Kommission war offensichtlich von CIA-Leuten durchsetzt. In den  Jahren 1991-98 wurde unter offizieller UN-Aufsicht, aber inoffizieller US-Regie, der Irak defacto vollständig entwaffnet. Der Preis für das berühmte "Oil for food-"Programme, mit dem wenigstens so viel Öl exportiert werden "durfte", wie es zur Einfuhr der notwendigsten Güter brauchte. Und obwohl über 9000 Orte inspiziert, Raketen und umfangreiche Mengen an Munition vernichtet, zahllose Produktionsstätten "im Geruch" zerstört wurden. Waffensysteme, die die USA selbst (!) dem Irak geliefert hatten, der sie nämlich gegen den Iran anwenden sollte (in diesem Krieg wurden tatsächlich Giftwaffen mit verheerenden Folgen eingesetzt), endete die UN-Untersuchung mit der Feststellung ... daß der Irak Massenvernichtungswaffen produzieren könne oder gar "habe". Kofi Annan wusch seine Hände in Unschuld. Die UNO hatte erbärmlich versagt.

Wir wissen heute, daß alles glatte Lüge war. Der Irak war spätestens 1998 vollständig wehrlos, und die Untersuchungen hatten ohne jeden Rest von Zweifel ergeben, daß es KEINE Massenvernichtungswaffen, weder chemisch noch atomar, im Land gab. Aber es war willkürlich geschaffener Anlaß zum nächsten Golfkrieg, der dem Irak als Volk und Staat den Todesstoß gab. 

2003 überfielen die USA mit britischer, französischer, ja breiter europäischer Unterstützung den bereits wehrlosen Irak ein zweites mal. Seither schätzt man mindestens eine Million weiterer Tote - samt Millionen Geflüchteter - durch den durch das hereinbrechende Chaos ausgelösten Bürgerkrieg, in dem einzelne Gruppen und ausländische Kräfte, die ihren Einfluß ausweiten wollen, versuchen, die Macht zu erlangen, um das Land wieder zu ordnen. Gruppen, die zuvor über Jahrhunderte in friedlicher Eintracht mit- oder zumindest nebeneinander gelebt hatten. 

Die gesamte arabische Region wurde seither destabilisiert. Geschehen aber im Namen des "Gottes der Christen", welchen Bezug die Amerikaner auf abscheulichste Weise mißbraucht haben, sehen die Araber den Irak-Krieg als weiteren christlichen Kreuzzug. 

Angesichts der Dekadenz der westlichen Welt, angesichts der im arabischen Raum wesentlich präsenteren Verbrechen, die im Namen des Christentums - George Bush! - begangen wurden, hat die arabische Welt jeden Respekt vor dem Westen verloren. Ja, begreift ihn als Feind.









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