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Montag, 24. Oktober 2016

Aber die größere Gefahr ist der Relativismus (1)

Es gibt etwas, das man "Rubrizismus" nennt. Damit ist ein bis zum Fanatismus geführtes Festklammern an Formen gemeint, das den unbedingt notwendigen freien Zugang zu Riten und Liturgien, zu Symbolen also, überlagert und sich an formalen Vollzug klammert, als würde alles bereits darin enden. Damit wird eigentlich jenes Kreuz der Hingabe erstickt, das als Transzendierung des menschlichen Tuns auf das Göttliche hin das eigentliche Einlaßtor der göttlichen, ungeschuldeten, also freiwilligen Gnade ist, die immer nur herbeigefleht werden kann - und ein Akt der Freiheit wird. Der Freiheit, die ein Akt ist, der in dem Moment entsteht, als in Bindung ein freier, objektiverter Umgang mit der Form stattfinden kann. Denn es ist die Bindung, die die Freiheit erst ermöglicht. Freiheit ist eben kein dauernder Zustand der Freiheit von etwas, und was man sonst noch damit gemeiniglich verbindet, sondern ein Zustand des Verhaltens gegenüber einer bindenden Anforderung, die auch abgelehnt werden kann.

Demut gegenüber dem Ritus, der Form, ist also zwar einerseits das Selbstüberschreiten in das sakramental und liturgisch aus der Tradition heraus nach und nach immer feiner festgelegte Zu-Tuende hinein, ist aber anderseits auch jene Demut, die die menschliche Schwäche nicht als endgültiges Hindernis ansieht. Es braucht also auch, ja gerade bei strengster Liebe zur Liturgie und zur Symbolik jene Gelassenheit, die den Vollzug erst zum lebendigen, präsenten, fleischgewordenen Gnadenort macht. Soweit zum Rubrizismus, den man aufgrund seiner Nähe zur Magie (auf die Luther die Form überhaupt eindampfte) tatsächlich ablehnen muß.

Dem gegenüber steht der Relativismus

Dem steht aber eine Haltung gegenüber, die ebenfalls in Philosophie klar nachzuzeichnen ist, die die Form für überhaupt gleichgültig erklärt, nennen wir sie "Relativismus". Die im liturgischen Vollzug den eigentlichen Ort der Gnade nicht in der Transzendierung auf die Form hin sieht, sondern diesen Vollzug an die rein subjektiven, zufälligen, momentan sogar entstehenden Formen gebunden zu wissen meint. Sie sieht den Entstehungsort der Gnade in rein subjektives Wollen gelegt, sodaß der reale Vollzug unbedeutend wird, ja sich das Symbol auflöst bzw. zu einer spontan werdenden Symbolhaftigkeit wird. Zwar sieht sie richtig, daß die Zeit ein Ergebnis der Aktualität ist, denn nur sie ist das heraustreten aus der Traumhaftigkeit, die eigentliche Geschichtswerdung als Geschichtsschaffung durch bzw. über den Menschen. Aber sie sieht nicht, daß die Grundformen der Welt ewig gleiche Dynamiken und entsprechende Bewegungsbilder sind, die in ihrer Grundstruktur niemals geändert werden können, wollen sie nicht EIN ANDERES werden. 

Ein Symbol muß also über alle Geschichte hinaus, die in der Identifikation ein gewisses historisches Kleid kennt, sich also in gewisser Peripherie "variabel" fortentwickelt (in der "Mode", im "Stil"), immer es selbst bleiben. Sein Merkmal ist, daß es nur als es selbst auch jenen Inhalt in der Welt repräsentiert, den es analog zu seinem rein geistigen Inhalt auf anderer (geschöpflicher, dinglicher) Ebene in die Welt als Wirkung trägt. Denn die Welt muß als "analogia entis" verstanden werden, als eine andere Ebene als reiner Geist, aber eine dem Wissen und der inneren Dynamik ähnliche geschaffene Gestalt in Fleischlichkeit.

Weil es somit die eigentliche Welt ist, weil es somit eine Welt als Darstellung des Wirklichen ist, als Anknüpfung an die Wirklichkeit selbst (die Gott ist), ist damit auch die Welt des Menschen als Welt des Lebendigen ein Welt der Symbolik. Sie unterscheidet sich somit auch klar von einer rein situativen Symbolik, die etwa als spezifische Verinbarung unter Menschen zwar möglich ist, aber schon sehr dem Zeichen nahe kommt oder gleich mit ihm verschwimmt. 

Das Wesen der Symbolik ist also nicht nur tief in der Anthropologie verankert, die das Abendland im Grunde seit je und in einem ununterbrochenen Strom des Denkens ("philosophia perennis") zu begreifen und zu verstehen versucht hat, sondern sie ist Ausfluß eines grundsätzlichen Weltverständnisses. In der "ein Tag den anderen grüßt", ein Ding das andere, ein lebewesen das andere, ein Mensch den anderen, in einem ununterbrochenen und gigantischen In- udn Zueinander, das eben di eWelt ist. Die im Menschen ihren dauernden Bestand haben soll. Im Menschen, der am göttlichen Geist durch Angleichung an den fleischgewordenen Gott die Welt (in der Demut, im Opfer - denn die Welt ist ein in Jesus im Hl. Geist an sich selbst adressiertes Opfer Gottes) ebenfalls im ewige Bestand hält.*



Morgen Teil 2)





*070916*