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Freitag, 23. Juni 2017

Bllick in unsere Zukunft (1)

Was sich in China derzeit aufbaut, braucht uns hier nicht zu überraschen. Die geistigen Grundlagen, die Anschauungen, die Haltungen der Menschen sind auch bei uns längst dafür vorbereitet. Man erkennt es daran, daß der Sinn der Freiheit bei uns praktisch nicht mehr vorhanden ist. Sie wird v. a. bei den jungen Menschen bereits nur noch als Anrecht auf ein Stück vom großen Tisch der Massengesellschaft verstanden. Aufschrei gibt es nur, wenn man meint, das Stück Kuchen sei zu klein ausgefallen. Aber dafür gibt es ja Beschwerdemechanismen.

Erstmals, berichtet Compact, werden ab heuer in China Bewertungssysteme für jeden Bürger eingeführt. Als Probebetrieb in 30 Provinzen gestartet, soll es ab 2020 flächendeckend das Land erfassen. Dabei geht es genau darum, um das Stück vom Allgemeinkuchen, das jedem einzelnen zusteht - oder eben nicht, oder gar entzogen wird. Job nach Wahl, Studium, Wohnung, Kredite werden dann nur noch zugeteilt und bewilligt, wenn ein bestimmtes Wohlverhalten im durch totale Überwachung aufbereiteten Profil angezeigt ist.

Compact schreibt: Im Alltag sieht das so aus: Jeder chinesische Staatsbürger startet mit 1.000 Punkten (1). Sie besuchen Ihre Eltern im Altenheim? Pluspunkte. Sie geben Kindern Nachhilfe? Pluspunkte. Umgekehrt: Sie besuchen die Eltern nicht im Altenheim? Minuspunkte. Sie fahren schwarz? Minuspunkte.
Die staatliche Bewertung weist den Bürgern auch bei Konsum und Internet gerne den rechten Weg: Welches Kauf- und Konsumverhalten zeigen Sie? Ein verschwenderisches oder ein – nach staatlichem Verständnis – „rationales“? Wie steht es überhaupt um Ihren Umgang mit Finanzen? Verantwortungsvoll? Oder Neigung zur Verschuldung?
Vor allem, und hier sollten Herr Maas und seine antifantischen Freunde die Ohren spitzen: Was posten Sie so im Internet? Welche Websites rufen Sie auf? Und schlimmer noch: Mit wem stehen Sie in Verbindung? Mit wem sind Sie in sozialen Netzwerken befreundet? Doch nicht etwa mit Herrn X, der bereits viele Minuspunkte gesammelt hat…? Doch?!? Dann führt das leider auch zum Punkteabzug bei Ihnen. Denn mit Schmuddelkindern spielt man nicht.

So wird die totale soziale Kontrolle erreicht. Vor allem wird erreicht, daß der Staat "schlagkräftig" und stark wird. Denn zukünftig wird es keine Belastungen mehr geben, diese werden mit der Zeit vollständig eliminiert. Natürlich nach bestimmten Kriterien bemessen. Kriterien, die sich eben technisch bewerten lassen. So wird eine purifizierte Gesellschaft erreicht. Meinen die Herren von der Staatsführung. Und China zu einer Macht von innen her gestärkt, die alle übrigen Mächte der Welt weit überragt.

Dies kann der auslösende Moment werden, in dem auch die westlichen Staaten solches social engineering (also die bewußte Steuerung der als Maschine aufgefaßten Gesellschaft) nicht mehr verdeckt machen, wie heute, sondern im Namen des höheren Zieles - Überleben, Existenz, Abwehr einer Bedrohung - offen dazu übergehen, das, was ohnehin längst bei uns läuft, noch aber verborgen sein muß, um es "demokratisch verträglich" und in kleinen Dosen verdaubar gemacht (immer unter "sehr rationalem, einleuchtendem Gesichtspunkt")

Der Unterschied liegt also nur darin, daß hier die "Einwilligung" zur Entindividualisierung des Menschen eingeholt wird, während sie in China (das ist ja eine Diktatur, nicht wahr? Wir nicht!) einfach verordnet wird. Was dort schon deshalb leichter vonstatten geht, weil China seit 2200 Jahren über den Konfuzianismus ohnehin daran gewöhnt ist. Der alles menschliche Verhalten unter eben diesem Aspekt der Nützlichkeit für das Staatsganze beurteilt und bewertet. Wie beim Kindesmißbrauch - an sich ein Grundschema menschlicher Verführung weg vom Geist, weg von der Vernunft - wird im Rest der "freien Welt" über subjektive Gefühle angefüttert, schlicht und ergreifend: angefüttert. Schmeckt doch? Ist doch ein angenehmes Gefühl? Nimmt es nicht die Schmerzen, die Sorgen, die Nöte? Man muß sich nur wohlverhalten.

Das geht im Westen nicht so einfach, das muß anders verkauft werden, denn hier gibt es ja eine andere Geschichte, es könnte also (nostalgischen, subjektiven, aber gegen die "Wissenschaft" stehenden) Widerstand geben. Noch. Da ist also noch einiges an "Bewußtseinsbildung" zu tun. Da reicht nicht einmal die schlimmste, apokalyptischeste Klimakatastrophenphantasie, auch wenn die schon recht effizient war und sicher im Spiel bleibt. So wie im Kalten Kriege mit Rußland, wird man aber nun halt mit China das Spiel "Gut + Böse" vereinbaren, sodaß auf beiden Seiten der Mauer dasselbe passieren kann, nur ist es hier gut udn dort eben böse. Denn wir sind ja die Guten, ein uraltes Schema im übrigen. (So gut wie jede Volksselbstbezeichnung in der eigenen Sprache bedeutet ja "Mensch", die "Guten", die "anderen" waren immer und überall die "Nicht-Menschen", die "Bösen".) Dieses social engineering, das die völlige Entindividualisierung verlangt, kann seine Ziele nur erreichen, wenn lokale Identitäten, Verwurzelungen  ausgelöscht werden, und der Mensch sich in neuen, universalistischen, "bewußten" Kategorien des Denkens und Urteilens bewegt, und sein Verhalten danach ausrichtet.

Die Chinesen sind also nur gute Schüler einer Welt- und Menschensicht, die ihre technische Perfektion in den USA entwickelt hat. Dort wurde (ca. 1914) dieses social engineering erstmals (in Zusammenhang mit Industrie und Produktion) angewandt, und spätestens nach dem 2. Weltkrieg auch an der eigenen Bevölkerung in großem Stil erprobt. Mit Erfolg. Heute gibt es keine kulturelle US-Identität mehr, sondern diese Identität gibt es nur noch in universalistischem Maßstab und hat Entwurzelung zur Voraussetzung. Und wo noch nicht, ist die "work in progress". Deshalb tobt gerade derzeit in den USA ein gewaltiger Kampf gegen die letzten Refugien verwurzelter Gesellschaften, die sich vor allem im Süden - und vor allem unter den wenigen verbliebenen Katholiken* - so ganz besonders hartnäckig halten.

Derzeit bestehen dazu also auch im Westen nicht nur die Sichtweisen, sondern längst auch alle technischen Vorbedingungen. Und es sind gar nicht so sehr die USA, die da herausragen, meinte seinerzeit Edward Snowden, es ist England, das schonseit vielen Jahren SÄMTLICHE Daten der Europäer sammelt, und zwar wirklich alles. Daraus werden SCHON JETZT Persönlichkeitsprofile erstellt, und zwar über JEDEN Europäer, und je nach sozialen "Gefahrenmomenten" (ach ja, der Kampf gegen den Terror, man könnte es glatt vergessen) klassifiziert. Das passiert bereits heute, jetzt, in diesem Moment. So wie in China. Aus diesen Individualprofilen werden gesellschaftliche Stimmungen ermittelt, und diesen gemäß wird dann - vorwiegend über die Medien - das "Bewußtsein" getrimmt. Wer mit feinem Sinn die Landschaften der Nachrichten überblickt, wird genau das auch schon darin erkennen.

So wird die Gesellschaft zum Werkzeug des Staates, und derer, die sich seiner bedienen. So wird die Menschheit zum - willigen! - Werkzeug und Material eines "Funktionierens" eines Ganzen, das von einigen Ameisen (mit Heerscharen von Helfershelfern) dirigiert schön fett gemästet, aber dafür seines süßen Edelsafts, dem Zucker, der eigentlichen Lebensenergie, beraubt wird. Der Leser möge diese Utopie aller Utopien, die heute dank der Technik so machbar scheint (scheint!), selbst fortdenken.



Morgen Teil 2) Warum der Mensch zwar im Wesen utopisch ist, 
eine irdische Utopie aber immer zur Hölle führt





*250517*