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Dienstag, 18. Juli 2017

Kriterien für wahre Menschlichkeit (2)

Teil 2) Erst die Moral macht daß wir zu fressen haben, Herr Brecht!




Zurück zu diesem kanadischen Windpark bedeutet das, daß der nunmehrige neue Besitzer von der Landesregierung Maßnahmen erwartet, die seine Anlage deshalb rentabel machen sollen, weil die öffentliche Hand das private Unternehmerrisiko übernimmt. Das eben nicht kalkulierbar, deshalb für private Unternehmen nicht verantwortbar ist. Das Beispiel zeigt uns nun, daß die angeblich aus ökologischen Gründen notwendige Umstellung auf Windkraft (die Lage bei Solarkraft ist um nichts anders) eine Gesamtbewegung VON DER KULTUR WEG verstärkt, ja sogar überhaupt erst bewirkt hat. 

Sie macht das menschliche Wirtschaften noch unmenschlicher, weil es die Gesellschaften den Zwängen einer Maschine aussetzt, die das Leben bis in kleinste Dinge hinein reguliert. Also den Takt für die individuelle Lebensgestaltung vorgibt, dem man sich auch unterwerfen muß, weil es keine alternativen Lebensweisen mehr gibt, ja diese sogar verboten werden müssen, weil jede Maschine kalkulierbare Elemente notwendig braucht. Das war schon der prinzipielle Fehler bei der Einführung des elektrischen Stroms generell, als man dazu überging, auf Stromnetze zu setzen. 

Es war, im übrigen, eine zur Gänze unterschätzte Folge einer Wirtschaft, die zunehmend auf "Netze" setzte, sei es zur Wasserversorgung, die Eisenbahnen und Verkehrsmittel generell, die Straßennetze, oder dem Internet, und es war das Problem mit der Einführung der mechanischen Uhr, die die ganze Welt mit einem unsichtbaren geometrischen Netz umspannte und ein völlig neues Lebensgefühl und -befinden auslöste. Sie alle haben Teil für Teil unserer individuelles Selbstüberschreiten ins Transzendentale hin abgelöst, indem sie vereinfacht gesagt den ganz realen Taktgeber Gott durch einen technischen Notwendigkeiten folgenden Taktgeber ersetzte. Und zwar nicht partiell, nicht über kurze Zeiträume, sondern in der Herstellung eines alle umfassenden technisch-mathematischen Raumes.

Die Folge war und ist, daß sich das Leben der Menschen mehr und mehr entleert, und zwar im wahrsten Sinn. Es besteht kaum noch Freiraum, und er wird sogar ständig noch kleiner, sich ins Transzendente (auf Gott hin) zu überschreiten, um so das wahre, wirkliche Leben in dieses irdische Existieren hereinzuholen, es damit mit Leben erst aufzufüllen. Stattdessen wurde das Leben selbst zu einer den großen technischen Apparaturen unterstellten weltimmanenten Teilapparatur bloßen technisch-mechanischen Funktionierens und beschränkter Nützlichkeitserwägungen im Dienste reiner Ablaufbewahrung. Entsprechend wird jeder menschliche Lebensvorgang auf technische Vorgänge heruntergebrochen, bis zum Gesundheitswesen hin, um die Gesamtmaschine Volk, Staat, Zivilisation kalkulierbar zu machen, die sonst nicht mehr funktionieren könnte..

Damit wird aber eine Kultur im wahrsten Sinne ausgelöscht, und durch einen technischen Vorgang ersetzt. Damit wird aber der Mensch tatsächlich entmenscht. Und das ist kein Detail, das man halt achselzuckend hinnehmen muß, sondern es wird und muß sich auf sein Leben auswirken. Denn in Wahrheit KANN der Mensch nicht darauf verzichten, es gehört zum Menschsein unabdingbar dazu. Weil kein Mensch ohne Kultur überleben kann. Weil die Reihenfolge auch andersherum läuft, als wir bereits unter der Prägung der Maschinen, die uns seit langem pausenlos und immer mehr zwingen, mittlerweile glauben. Wo wir glauben, daß wie bei der Maschine zuerst die mechanischen, materiellen Vorgänge zu laufen hätten, ehe man an "höhere Bedürfnisse" denken könne. 

Der Brecht'sche Ausspruch "Erst das Fressen, dann die Moral" ist nicht nur brutal, er ist auch sachlich falsch. Ohne Moral wird auch die rein irdisch-materielle Fähigkeit des Menschen, ohne Moral wird auch eine Wirtschaft und die Geldproduktion (die in Wahrheit eine Produktion von Werten DURCH den Menschen ist) unweigerlich zusammenbrechen. Der Mensch bezieht seine Kraft nicht aus Kalorien und Vitaminen, wie eine Maschine. Sondern er bezieht seine Kraft aus dem Transzendenten, aus Gott. Er beginnt - nicht: endet! - also mit dem Kult, mit dem Spiel, mit der Lebenskraft die aus dem Ewigen Leben kommt, zu dem er sich in dem Moment öffnet, wo er sein Leben in die Hand Gottes legt. Und das tut er in dem Moment, wo er nicht mehr "kalkuliert", sondern einer Sache folgt, die er tut, auch wenn sie ihn das Leben kosten könnte. So legt er sein Leben in die Hand Gottes, und aus diesem Akt wiederum kann ihm Leben überhaupt zufließen, und zwar aus dem absoluten Leben heraus. 

Nichts aber gibt es, das sich nicht aus diesem Absoluten, aus Gott, aus dem Sein selbst, nährt und seinen Bestand holt. Was die philosophische Logik hier als Tatsachenfeststellung konstatiert, weil eben die Welt selbst auf logos, also auf Vernunft beruht, ist von einer einzigen Realistik getragen, ist alleine zutiefst realistisch. Keine Technik, keine Maschine kommt an Realität dieser Realitätsbezogenheit nahe oder kann sie gar ersetzen. 

Deshalb braucht es auch ein Leben - und dieses "braucht" heißt, daß man es als Urteilskriterium sehen muß, aus dem Entscheidungen getroffen werden - das mit der Technik und der Maschine in einem Sinne spielt, der sie punktuell als Hilfe betrachten läßt. Daß es aber niemals zu unserem Glück führen wird, wenn wir unsere Lebensvorgänge großen Maschinen und Ideenmaschinen übermitteln, um uns mit dem gerade noch abfallenden Rest zufrieden zu geben. Es braucht ein Leben, das ZUERST nach den jenseitigen Gütern sucht, weil sich aus diesen auch erst im Bestand weiß, und von dort aus die Kraft bezieht (und zwar real, nicht als Methodik, nicht als Magie, nicht als Technik) um Welt aufbauen zu können. Das heißt vor allem eine Welt, die wir Stück um Stück gestalten, in der wir nicht der blinden, zufälligen Gewalt der sogenannten "Natur" ausgeliefert sind, sodaß sie uns jederzeit gefährden könnte. Es heißt aber damit auch die Grenzen menschlichen Tuns zu erkennen, die in erster Linie die Grenzen unserer individuellen Mächtigkeit sind. Erst an diesen Grenzen wartet dann Gott, wartet das Jenseitige, das Absolute. Die Religion selbst, als Kult, als Gestalt, ist ja nur das Tor zu diesem Absoluten, in der Wahrheit diesem als Analogie gleichförmig, in der Gestalt des Kultes (woraus dann Kultur erwächst) diesem wie ein Trichter offen gemacht, ohne doch je darüber verfügen zu können.**

Der Weg in unsere eigene Zukunft ist aber damit einerseits eben nicht ein völliges Entsagen von Technik, das Abstellen jeder Industrie als hochspezialisierte Maschine der Arbeitsteiligkeit, ein Rückstieg auf eine primitive Lebensform, in der wir jede Technik ablehnen müssen. Keineswegs! Aber er ist ein Weg, der uns nicht in immer noch mehr Zwänge einspannt, weil wir dann angeblich, ab irgendeinem Stadium zumindest, auf das wir nur zu hoffen brauchen,  irgendwann auch Menschen werden können, wir müssen es nur geduldig abwarten. DAS wird nie eintreten. 

Es bedeutet aber, daß wir uns aus der Dominanz dieser großen Maschinen und Netze herauslösen müssen (statt sie, wie derzeit so mächtig gescheiht, die Verflechtungen noch weiter, das heißt: immer umfassender im Konkreten, zu verstärken), um sie zwar vielleicht ab und an zu benützen, aber anderseits auf keinen Fall zu Elementen einer gewaltigen Maschinerie zu werden. Es bedeutet, daß wir auch alles vermeiden müssen, das Entscheidungsprozesse, die für unsere menschliche Sittlichkeit, für dieses Hinübersteigen auf das Ewige hin, auf das absolute Leben zu, uns aus den Händen nimmt, und damit unser Leben tatsächlich einschränkt und schließlich erdrosselt.





*Das ist der Fluch aus der Ursünde im Paradies, das ist gemeint, wenn Gott den Mann zur Arbeit im Schweiße seines Angesichts "verfluchte", ihn in eine Art Kampfsituation mit der Umwelt stellte, der er das Notwendigste fortan zu entringen hatte.

**Diese Nicht-Verfügbarkeit, die eine enorme Verwundbarkeit bedeutet, weil das Sein der Welt eben NICHT in unserer Hand liegt, zumindest nicht im Letzten bzw. Ersten, ist das entscheidende Kriterium für die Gnade, für das Einfließen des Göttlichen in diese Welt, für die Verbindung von Gott und Welt. Sie ist jener Geist der bittenden Haltung und Liebe, die Voraussetzung weil einzige mögliche, adäquate Haltung dem Absoluten gegenüber ist. 






*170717*