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Donnerstag, 7. September 2017

Sozialsysteme & Geburtenrate. Ein sehr zu differenzierender Zusammenhang (2)

Teil 2) Was vor 130 Jahren begann ist irreversibel 
- Was sich sicher sagen läßt




Das, was wir heute als "demographische Katastrophe" in Deutschland bezeichnen, hat also bereits vor 130 Jahren begonnen. Seither wird von der demographischen Forschung (die es in Deutschland seit dem späten 18. Jahrhundert gibt) ein kontinuierlicher Rückgang der Geburtenraten festgestellt, der im Hitler-Deutschland nur eine Scheinblüte erlebte. Diese Entwicklung schreitet aber in Spiralform voran. Sie verläuft progressiv. Denn gehen einmal die Kinderzahlen zurück, tun das die Kinder dieser Kinder in exponentieller Wirkung. Sind keine 4. Kinder mehr da (die jeweils wieder vier Kinder in die Welt setzen), sondern nur noch 3., fällt die absolute Geburtenrate (und damit der Anteil der Jungen Generation an der Bevölkerung) fast um die Hälfte. Haben diese weiter weniger Kinder, verläuft diese Entwicklung ganz rapide. Das bleibt lange Zeit unbemerkt, weil in absoluten Zahlen die Bevölkerung ja weiterwächst, aber eines Tages taucht diese Entwicklung auf. 

Denn sie wird von einer Grundsatzentscheidung geprägt, und die ist der wahre Kern des Problems: Kinder werden immer mehr disponibel, werden Objekt subjektiver Willkür. Der sich dann mit dem sogenannten "Pillenknick" in den späten 1960er-Jahren nur Ausdruck verschaffte; die Pille selbst aber war nicht seine (primäre) Ursache. Sondern generell war der Wunsch nach mehr Kindern (als generelle Offenheit für Empfängnis, die nicht kleinbürgerlich zählt und rechnet) bereits verdunstet, wurde Sexualität zum Selbstzweck. Was immer darüber geredet wurde war nur noch Rationalisierung, Rechtfertigung eines bereits in der Neigung eines Volkes verankerten, bereits gefällten Entscheidung. Und zwar war es eine Entscheidung, die von den Geburtenjahrgängen der späten 1930er/frühen 1940er gefällt worden war, also - von den sogenannten "Babyboomern", den Kindern aus der kurzzeitig wieder höheren Geburtenraten PRO FRAU der Kriegs- und Nachkriegsjahre. Diese Kinder wiederum waren aber nicht willens, die unbedingte Offenheit für Nachwuchs zu pflegen. Sie wollten bereits weniger Kinder. Und es waren weniger, als jemals in der Geschichte Deutschlands, seit etwa 1880. Eine Geschichte die vor allem zeigt, daß die sozialistische Zielsetzung als Basis einer Gesellschaft zwangsläufig in deren Zerstörung mündet und ihrem eigenen Ansatz widerspricht weil diesen unmöglich macht.

Der Demograph Herwig Birg sagt deshalb einmal, daß die demographische Entwicklung in Deutschland zu diesem Zeitraum der Einführung eines Sozialversicherungssystems begann, und im Grunde  beziehungsweise kurz- oder mittelfristig heute irreversibel ist. Ihr katastrophisches Ausmaß aber hat nur einen Grund: Er liegt in der Unmöglichkeit, das soziale Umlageverfahren, den Generationenvertrag, auf dem jedes abstrakte Sozialsystem beruht, aufrechtzuhalten. 

Indem der in der Lebensweise erfahrbare, unbedingte und nur durch menschliche Beziehung und Solidarität gegebene Zusammenhang eines solchen Systems zerrissen wurde, ist er nicht mehr wiederherzustellen. Der heutige Mensch begreift sich bereits so als "Solitär", als Alleinstehender, Autonomer, der niemandem mehr etwas verdankt außer einem anonymen, abstrakten System, "dem Staat", daß es Generationen bräuchte, in denen sich dieser Zusammenhang (der ja auch jetzt besteht, nur wird er nicht mehr wirklich geglaubt!) in seinem realen Leben wieder artikulieren könnte. 

Und er würde es letztlich durch ... eine höhere Fertilität, durch die Offenheit der Eheleute für Kinder.

Der Zusammenhang zwischen Fertilität und sozialer Absicherung (in jeder Richtung: über Familiensolidarität hier, über anonyme Sozialnetze dort) ist weltweit auch tatsächlich evident. Während sonst gewiß viele Faktoren noch von Bedeutung sind, aber nicht exakt eingeschätzt werden können, kann es dieses Faktum sehr wohl.

Den Gegenbeweis liefern sämtliche Staaten Europas, ja der Welt. Denn die heute schon so internalisierte Reaktion, "soziale Probleme" (worunter auch die Demographie fällt) mit Geld und dem Ruf nach "Förderung" beseitigen zu wollen, ist eines ganz eindeutig nicht: Nachweisliche Stimulans für eine höhere Geburtenrate. Vielmehr sind die Ursachen vielfältig, liegen aber ganz sicher nicht einfach in "mehr Geld". Sondern brauchen eine Basis, die je nach gesellschaftlicher Situation eines Volkes oft völlig anders, ja m Einzelnen konträr (was hier scheinbar wirkt, tut es dort zum Gegenteil) aussehen kann und muß. 

Mit Sicherheit aber läßt sich sagen, daß Verwurzelung, ein System direkter, erfahrbarer wechselseitiger Gebrauchtheiten, und eine davon ausgehende existentielle Ruhe solche Bedingungen sind, die kein abstraktes Sozialsystem der Welt ersetzen kann, im Gegenteil: Diese zerstören sie sogar. Eines kann also mit absoluter Sicherheit gesagt werden: Wenn eine Politik meint, sie könne die Fertilität von Frauen dadurch "fördern", indem sie ihre Selbständigkeit stärkt, irrt sie nicht nur, sondern sie zerstört mit der einen Hand den Boden für das, was sie mit der anderen zu gießen vorgibt. Der Sozialpolitik insbesonders im Bereich "Familienförderung" muß also weithin, ja fast zur Gänze das Zeugnis ausgestellt werden, daß sie familienzerstörend wirkt, und damit ganz sicher keine demographische Wende bewirken wird. Aber ganz sicher sich selbst zerstört. Denn es gibt kein Sozialsystem innerhalb einer in keinem Erlebenszusammenhang stehenden, sich als Einheit empfindende, solidarische Gesellschaft.





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