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Donnerstag, 19. Oktober 2017

Es ist in Wahrheit eine Atombombe (1)

In dem, was in Amoris Laetitia vorbereitet ist, steckt eine wahre Atombombe. Die in den Prinzipien steckt, die sich darin zeigen. Genau übrigens jene Atombombe, die den Islam vor tausend Jahren zerriß. Damals passierte dasselbe, was heute in der Kirche wie eine "Mode" herumgeistert, und nichts anderes bedeutet als das Aufgreifen einer allgegenwärtigen Tendenz der Gegenwart. 

Die aus dem Rationalismus der Aufklärung heraus (vorbereitet aus dem Mathematizismus des Descartes etc.) zu dem Punkt kam, daß sich die Welt letztlich nicht erklärt, also der zur Ratio erniedrigten Vernunft nicht entspricht. Grund? Weil die Vorstellung von Moral und moralischem Verhalten ein Verhalten fordert, das der Vernunft auch "einmal" widersprechen kann.

Damit wurde schon im Islam eine Überbetonung des Willens, ja Gott wurde auf diesen expliziten Punkt reduziert: Als Willkürgott, als Despot, der von den Menschen fordert, ohne es ihnen begreiflich zu machen, der ein Begreifen verlangt, ohne daß es ein solches gäbe, sondern nur ein Annehmen gibt. 

Daß sich also aus dem Denken Gottes und des Menschen ein Widerspruch ergibt. Der Mensch kann deshalb in seiner Annäherung an Gott nicht weiterkommen, indem er versucht, sein Denken, seine Vernunft zu übernehmen, sondern seine Vernunft ist so verschieden, entfernt von der Gottes, daß er ohnehin niemals Gottes Willen aus Vernunftgründen erschließen kann, sondern lediglich aus Verhaltensgeboten heraus leben kann. 

Diesen Standpunkt hat die Kirche 2013 Jahre lang abgelehnt. Ihn einzunehmen bedeutet eine völlige Uminterpretation des Katholischen, einen Versuch der Neugründung der Kirche. Die in Amoris Laetitia geöffnete Tür betrifft also keineswegs die Ehe und den Ehebruch alleine, sie würde als Prinzip übernommen einen völlig neuen Glauben ergeben. 

Die Wahrheit ist darin nicht mehr das allein aus und in der Vernunft prinzipiell (aber von der Haltung abhängig gewählte, formulierbare) Zugängliche, sodaß sie sich aus der Sachlichkeit ergibt, sodaß Moralität eine Entsprechung mit der Natur ergibt, sondern es ergibt sich aus (subjektiven, zeitbedingten) Moralvorstellungen. Diese setzen dann die Inhalte. Weil diese Inhalte natürlich im historischen Wandel wechseln, müssen sie immer wieder neu definiert werden, wobei ihnen keine strukturelle Wahrheit bleibt, sondern eben nur jeweils eine inhaltliche Richtigkeit. Die mit der Zeit wieder starr wird, also in die jeweilige Zeit hinein wieder neu gefunden werden müssen.

Dem widerspricht die Wahrheit des Katholischen. Das davon ausgeht, daß Gott sich in der Schöpfung selbst erzählt. Weil, so Aristoteles (der bis Averroes/Ibn Rushid ja auch im arabischen Raum eine beträchtliche Rolle spielte), das Gute auch dem Sachgemäßen entspricht. Dieses Sachgemäße ist aber nur in der Geschichte je neu verkleidet, sein Wesen hingegen ist immer gleich. Und es ist der menschlichen Vernunft nicht nur offen, sondern diese formt sich der Sache gemäß. Damit ist das Gute, das zu Tuende, auch in der Sache der Schöpfung eingeschrieben, weil es sie trägt. Dies Wahrheit ist nunmehr Person, ist personal, das heißt daß sie sich nur im (richtigen) Verhältnis zu dieser Person erschließt.

Und - sie braucht dazu die Offenbarung. Sie braucht dazu die reale, historische Gestalt von Jesus Christus, der IN DER KIRCHE (und in bereits eingeschränkterem Maß: als jeweils immer historische, immer dabei reale Kirche, zusammengehalten durch das Blutsband des Gehorsam als Offenheit zur Geformtwerdung) präsent ist. Das die Lage "in a nutshell", in einer Nußschale.

Was im Islam (und in jeder anderen "Religion") aber noch deshalb scheitern muß, weil seine Religion eben NICHT (personal bzw. personell) wahr ist, weil Jesus eben mehr war als "ein Prophet", was also im Islam eine nicht erfüllte Verheißung bleiben MUSZ, wäre und war (und ist) im Christentum (=Katholizismus) erfüllt, durch die Sakramente, im besonderen, am umfassendsten, am kernhaftesten durch das Altarsakrament. Es ist klar, daß ein Abweichen von der Tatsache des Sakraments (wie es dann im Protestantismus passiert, der die Realhaftigkeit rein ins subjektive "Glaubenwollen", eigentlich "Vorstellen" verlegt) auch ein Abweichen von der Wahrheitsoffenheit der Welt nach sich zieht.

Damit MUSZ auch die Vernunft NACH (bzw. in) der Renaissance scheitern. Und zwar auch die ganz reale, alltägliche Vernunft. Ihr fehlt die Fundierung, sie hat als Krücke nur noch die geoffenbarten "Gebote" (so wie die Juden des Alten Testaments). Und daran würde auch die Kirche heute scheitern, wenn sie den sich bereits so massiv - über den Papst - aufbauenden Umdeutung festhielte. Sie würde sich zu einem protestantischen, mit dem Islam im Grunde weitgehend gleichen subjektiven Moralsystem umbauen.

Und das hat sie ja bereits sehr weitgehend gemacht. Nicht in dem, was man als "depositum fidei" bezeichnet, also in dem einen und immer gleichen Glauben, sondern in vielen faktischen Tatsachen und Realitäten, allen voran: der Liturgiereform seit 1970. Während aber diese Reformen (die sich im Zweiten Vatikanum bereits sehr weitgehend zumindest als Untergrund, als Gestimmtheit vorbereitet finden*) bislang noch zumindest explizit nicht angetastet wurden, scheint sich nun vorzubereiten, dies auch explizit zu machen.

Damit käme die Kirche jenem Schritt des Islam gleich. Der im 11. Jahrhundert beschloß, die Frustration durch die Vernunft zu beenden, und ein reines Willenssystem vorzuschreiben und zu etablieren. In dem eine Sache sowohl wahr als auch falsch sein könne, sowohl vernünftig als auch widervernünftig, WEIL und WENN es GOTTES WILLEN entspricht.



Morgen Teil 2)



*In Wahrheit muß man ja sagen, daß die Veränderungen, die das Zweite Vatikanum (und die ihr im Beiboot folgende Liturgiereform einige Jahre später) im Gesamtverlauf der Kirchengeschichte eine seit fünfhundert Jahren und mehr angelaufene Entwicklung zu ihrer weiteren Konklusion brachten. Wer insbesonders den Kirchenbau ansieht (dieser Spur wird der VdZ noch eingehender folgen, denn er belegt die permanente geistige Entwicklung zur Devastierung heute) - diese steingewordene theologisch-philosophische Entwicklung des Abendlandes - kann nach Meinung des VdZ am besten erkennen,  daß in diesem Sinn das Zweite Vatikanum tatsächlich in einer Kontinuitätslinie stand. Und daß der Widerstand dagegen etwas von Themenverfehlung hat, was nichts daran ändert, daß diese Entwicklung einen Niedergang darstellt. Der sich ja im Niedergang der europäischen Kultur deutlich zeigt. 

Der VdZ wird sich mit diesem Thema an dieser Stelle noch eingehender befassen. Weil er meint, daß der Grund dafür, daß die Kultur- und Kirchenkritik der Gegenwart (auch und vor allem von konservativer Seite) deshalb keine Resonanz findet und seit Jahrzehnten auf der Stelle tritt, weil die das Problem nicht an der Wurzel erkennt. Es geht um Liturgie, ja, aber die Kritik des NOM (Novus Ordo Missae, also der "neuen Messe") hat etwas Heuchlerisches deshalb, weil sie vielfach nur einem Zurückschrecken vor der letzten Konsequenz gleichkommt, die aber bereits in der sogenannten "tridentinischen Messe" angelegt ist. Daß dies eine ziemlich neue Herangehensweise bedeutet, ist dem VdZ bewußt. Aber er "kann nicht anders", überblickt er diese letzten fünf Jahrzehnte, die er selbst erlebt und erfahren hat, vom Ministranten im Alten Ritus (bzw. 1965, als man ihn bereits behutsam reformierte) angefangen. Überblickt er vor allem aber die letzten drei Jahrzehnte intensiver Kirchen- und Liturgiekritik, aus der heraus ihm als Indiz dafür, daß man eine neue Sichtweise suchen muß, auffiel, daß sich alles im Kreis dreht, am Stand steht, sich nichts bewegt.