Dieses Blog durchsuchen

Samstag, 17. Mai 2008

Wechsel der Bedeutung von Kunst

Jede Zeit, jeder Moment im Voranschreiten der Dauer des Weltseins und menschlichen Lebens, schafft durch den Bruch im Erkennen - der eine urteilende, rationale, vernünftige Stellung zum Wahrgenommenen verlangt - und der daraus folgenden (nur im Wunder behebbaren) Ungleichzeitigkeit des Ereignisses und Ereignishaften und dem menschlichen Reagieren einen Bereich des Dämonischen. Weil der Mensch somit immer in zwei Bereichen steckt - dem Nachdenkenden, Verarbeitenden, und dem zugleich schon alleine durch sein Dasein weiter Handelnden.

Die Kunst nun hebt diesen irrationalen, damit Dämonischen Bereich, durch ihre ordnende Aufgabe, in der sie beurteilt, WAS als "meta-Geschehen" da passiert, welcher übergreifenden, dauernden Idee etwas zuzuordnen ist. Sie stiftet damit Sinn, macht zum Handeln fähig.

Diese Aufgabe hat heute scheinbar die Wissenschaft übernommen - in der De- und Entmythologisierung der Aufklärung wurde der (an sich bereits wieder irrationale) Glaube an die Wißbarkeit allen Geschehens, an dessen streng kausale und der Vernunft zugängige Weltenapparat, ja der Glaube eben an einen solchen Apparat, an einen solchen Mechanismus, dessen Irrationales also nur in einem Mangel an Kenntnis der Gesetze begründet liegt.

Damit hat sie die Kunst eigentlich defunktionalisiert, ihrer Aufgabe enthoben. Während sich heute die Kunst bzw. der Bereich, der sich als solcher definiert, gerade in ihrer Avantgarde ihre Aufgabe im SCHAFFEN von Dämonien sieht! Damit wurde sogar Avantgarde im Bemühen, Neues zu schaffen, im Glauben vor allem, das zu können, zum eigentlichen Wesen von Kunst. Es ist eine (vorläufige) Antwort auf die durch die Aufklärung entstandene Sinnlücke, wofür denn Kunst überhaupt da sei.

Seither währt dieser Streit, und in seinen Antworten spiegelt sich genau das: Was von einer Zivilisation als Entdämonisierung betrachtet wird. Und weil im Fühlen ein Mangel begriffen wird, den das Denken nicht einfach wegdiskutieren kann, schafft die heutige Kunst ihre Surrogate, ihre Ersatzstoffe - und sie tut es eben und mangels tragfähiger Mythen und vor allem mangels einer Metaphysik in dieser Dämonisierung der Welt.

Damit aber hat sie ihre Funktion dramatisch verändert - ist von der Aussage zur Konsumware und Lebensbehübschung verkommen, die den irrationalen Bereich als vermeintlich die Lebensfülle steigernden erst schafft (nicht vorfindet oder interpretiert) und im Werk oder gar nur im zur psychischen Haltung versteinerten Gedanken in das Leben hineinträgt.

Das war die Kernauseinandersetzung (nicht zufällig in der denkfernsten, weil unmittelbar-gestalthaft zu bleibenden Kunst - die ebenfalls nicht zufällig heute nur noch von "Interpretationen" lebt, weil aus dem Werk selbst unerkennbar ist, darum auch die Auseinandersetzung um die Wirkung von Kunst, bis zum Eventhaften ... - als erstes aufgetaucht, in der bildnerischen Kunst), die sich bald als Folge der "Aufklärung" (die selber bereits Symptom war) bemerkbar machte: und die damit berechtigte Frage stellte, ob nicht ein Gegenstand, ja jeder Gegenstand des täglichen Gebrauchs, und damit "alles" zum Kunstwerk würde, insofern man es lediglich in diese "Sphäre", in diesen Deutungshimmel hineinhob - so daß Kultur das war, was bereit war, diesen "künstlichen" (im wahrsten Sinne) Himmel einfach am Leben zu halten!

Sämtliche Auseinandersetzungen um und innerhalb der Kunst bewegen sich eigentlich innerhalb dieser Themenbereiche und innerhalb damit zusammenhängender Auffassungsunterschiede! Schon aus dieser kurzen Darstellung wird auch klar, wie Weltanschauung, Philosophie, Charakter, Persönlichkeit und Kunstbegriff wie Kunstwerk auf verschiedensten Ebenen ineinandergreifen.




*170508*