Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 1. Mai 2009

Kunstwerk und Prophetie

Noch nie war der Eindruck so stark, wie beim Lesen von Schelling, bei dem genau dies so plastisch zu werden scheint (als dächte er nicht, sondern schlüge er wie ein Bildhauer am Stein, bis das Bild der Idee gleiche), daß Denken ein Anpassen der Vorstellungs- und Ideenordnung an das Gefühlte, über die Welt Geahnte, ist. Gerade, wenn man "Menon" von Plato dazufügt, wo Sokrates über das Erkennen als reinen Akt des Erinnerns spricht.

Damit ist auch das Sprechen an sich als Gestalt ein Akt der Gewohnheit, sohin in direktem Zusammenhang mit Tugend und Wahrhaftigkeit stehend, das Denken ein Akt der Sprachgestaltung, bis es im Logos kopuliert.

Gleichzeitig ist - auch hier ist Schelling zu folgen - das Urgrund allen Weltfühlens ein Herzensakt der Poesie, wird der Künstler zum Priester und Propheten, das Kunstwerk zum einzigen die Schöpfung als Akt der Liebe und Selbsterkenntnis Gottes wirklich entfaltenden Akt.

Heinrich Reinhardt weist wohl in gleicher Gedankenlinie auf die zentrale Bedeutung des "Wohlwollens" als Tor zur Philosophie hin.

In dieser Sicht - der Welt als Explikation Gottes, dem Sein, das sich enthüllt, sodaß Wahrheit menschlicher Erkenntnis im Maß Ihrer Übereinstimmung mit Gott (als der Wahrheit) darstellende Teilhabe an Gott (mit dem Schlüssel: Kreuz, wie Dante es ebenfalls ausdeutet: laß alles fahren ...) bedeutet - trifft sich Schelling absolut mit Thomas v. Aquin, Cusanus, Plato etc. etc.

Nietzsche wirft Schelling vor, kein Denker zu sein. Während Schelling diesen Anspruch gar nicht mehr erhebt, sondern sich als "Mythologe der Vernunft" begreift.


*010509*