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Montag, 22. Juni 2009

Gesetzeskonformität ersetzt Gerechtigkeit

Max Weber über das Verdrängen des Naturrechts durch den Rechtspositivismus - ein Vorgang, den er bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts unabwendbar sah:

"Das Schwinden der alten Naturrechtsvorstellungen hat die Möglichkeit, das Recht als solches kraft seiner immanenten Qualitäten mit einer überempirischen Würde auszustatten, prinzipiell vernichtet: Es ist heute allzu greifbar [...] als Produkt und technisches Mittel eines Interessenkompromisses enthüllt. Aber eben dieses Absterben seiner metajuristischen Verankerung gehörte zu denjenigen ideologischen Entwicklungen, welche zwar die Skepsis gegenüber der Würde der einzelnen Sätze der konkreten Rechtsordnung steigerten, eben dadurch aber die faktische Fügsamkeit in die nun mehr nur noch utilitarisch gewertete Gewalt der jeweils sich als legitim gebärdenden Mächte im ganzen außerordentlich förderten. Vor allem innerhalb des Kreises der Rechtspraktiker selbst."

Weber sagt da nichts anderes als daß die heutige Rechtsauffassung den Juristen zu einem Funktionär egal welchen Rechts macht, sodaß das Gerechtigkeitsstreben zu "Gesetzeskonformität" einerseits, Gesetzgebung zur reinen Ausführenden eines sich irgendwie faktisch findenden "Volkswillens" anderseits (damit: Vorschub der Mehrheitswillkür) verkommt. Er fällt damit viel stärker als früher in die Waagschale einer gerade herrschenden "legitimen" autoritären politischen Gewalt. (Schon die Entwicklungen 1933 gaben ihm vollauf recht.)




*220609*