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Montag, 11. Januar 2010

Sie sind wie wir

Je mehr ich darüber weiß, desto spannender wird das, wie sich hinter diesem ganzen Schleier der Exotik dann doch Dinge und Verhaltensweisen verbergen, die uns sehr ähnlich sind. Obgleich sie so weit weg waren und eine ganz eigenständige Entwicklung hatten, sind die Maya zu den gleichen Schlüssen gekommen, standen sie vor den gleichen Problemen wie wir auch. (N. Grube)

Der renommierte Maya-Forscher, der deutsche Alt-Amerikanist Nicolai Grube, zu den Maya, in der Presse:
„Die Presse“: Sagen die Maya den Weltuntergang voraus?
Grube: Das muss man differenzieren. Die Maya sagen den Weltuntergang nicht für 2012 voraus. Es gibt keine Prophezeiung zum Jahr 2012. Was es wohl gibt, das sind apokalyptische Vorstellungen, in der vorspanischen Zeit wie auch bei manchen modernen Maya. Vorstellungen, dass die Welt eines Tages untergehen wird. Aber die finden sich eigentlich bei allen Völkern und sind nichts Besonderes.

Gibt es dafür ein Datum?
Grube: Nein, Zeitangaben werden immer bewusst offen gelassen. Es gibt moderne Maya, die glauben, dass es konkrete Vorzeichen gibt, die den bevorstehenden Weltuntergang ankündigen und einleiten würden. Solche Prophezeiungen gibt es in vielen dörflichen Gemeinschaften, wo Menschen ihre traditionelle Lebensweise bedroht sehen und den Weltuntergang als Metapher verwenden für den Kulturwandel, dem sie unterliegen. Andere sagen nur, es sei sehr wahrscheinlich, dass die Welt eines Tages wieder untergeht, weil sie daran glauben, dass es eine Anzahl zyklischer Weltschöpfungen und Weltuntergänge gibt. All diese apokalyptischen Vorstellungen münden immer darin, dass es irgendwie dann doch weitergeht, mit einer neuen Zeit oder einer neuen Art von Menschen. Wenn man sich das Popol Vuh ansieht, die Heilige Schrift der Quiché-Maya, wird von vier unterschiedlichen Schöpfungen berichtet. Wir sind die vierte Schöpfung, die Maismenschen.

Woher kommt die Aufregung um 2012?
Grube: Diese Interpretationen beruhen auf der Erkenntnis, dass tatsächlich 2012 ein Zyklus zu Ende geht, der 13. 400-Jahres-Zyklus seit dem Nulldatum des Mayakalenders. Das ist tatsächlich eine wichtige Periode gewesen, keineswegs aber die letzte. Wir wissen aus Inschriften, dass die Maya davon ausgingen, dass nach dem 13. Zyklus der 14. kommt und dass der Kalender einfach weiter gezählt wird. Der Übergang ist mit der Jahrtausendwende vergleichbar. Aber es ist nicht das Ende der Zeit.

Was fasziniert Sie selbst an den alten Maya?
Grube: Als Kind hat mich diese exotische Zivilisation interessiert, über die man noch nichts wusste. Jetzt merke ich, dass das eigentlich Interessante ist, diesen exotischen Schleier zu lüften und darunter das zu entdecken, was die Maya mit uns verbindet. 

Wir haben hier eine Gesellschaft, die in der neuen Welt gelebt hat, völlig ohne Kontakt zu Gesellschaften in der alten Welt, nach Afrika, Asien oder Europa. Und man kann zeigen, dass Menschen offenbar überall auf der Welt, völlig unabhängig voneinander, zu ähnlichen Lösungen und Ideen kommen, in Bezug auf die Organisation von Gesellschaft, das Messen von Zeit, die Vorstellung von Göttern oder Schrift. Man kann durch den Vergleich zeigen, was Menschsein überhaupt ausmacht. Dazu kommt, dass wir mit Hilfe der Maya-Archäologie den modernen Maya, die ja heute am unteren Ende der sozialen Skala leben, eine Möglichkeit bieten können, sich wieder zu entdecken und an die Vergangenheit anzuknüpfen.




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