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Sonntag, 21. Februar 2010

Sünder! Keine Verkäufer und Keiler.

Was dem Ambrosius bei all diesen Diskussionen um Mißbräuche und sexuelle Verfehlungen in der Kirche, wie sie jüngst wieder aufgetaucht sind, immer deutlicher fehlte?

Ihm fehlt das, was jedem Katholiken doch selber am Herzen brennen müßte: JA, ich bin ein Sünder, ich habe gefehlt! Aus.

Und wenn die anderen auf die linke Backe schlagen, dann halte man auch noch die rechte hin.

Wer den Schaden hat, hat eben auch den Spott zu tragen.

Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen hat es nun endlich geliefert. Er (ich zitiere kreuz.net) findet es verständlich, daß die Kirche wegen Homo-Schändungen „besonders an den Pranger gestellt“ wird. Das sagte er im Interview mit der liberalen Tageszeitung ‘Frankfurter Rundschau’: „Wir treten als Kirche mit einem hohen moralischen Anspruch auf. Daran müssen wir uns dann eben auch messen lassen – und die Kritik annehmen.“

Und nun wird es bunt, und nun muß ich mich angewidert abwenden, denn kreuz.net schreibt weiter:

Ferner verleumdete der unverschämte Erzbischof auch die Kirche und behauptete, daß es „in unseren Reihen sexuellen Mißbrauch in einem erschreckenden Maße“ gäbe.

Verleumdete ... Es reicht. Denn Erzbischof Thissen hat völlig recht. Was reicht, ist aber diese Haltung von billigen, neurotischen PR-Agenten und selbsternannten Verkaufsberatern, die im Grunde Defraudanten sind, die jedesmal Nervenkrisen bekommen, wenn die Welt nicht so auf sie reagiert, wie sie es gerne hätten und meinen zu verdienen. Leute, die wie sie haargenau aus der Schule des NeuroLinguistischenProgrammierens zuhauf kommen. Die nämlich bei dem, was sie tun, keinen Moment mehr darauf vertrauen, was IST, sondern jeden Augenblick ihre Wirkung BEIM (nicht einmal: auf) anderen kontrollieren wollen. Die bei allem nur noch berücksichtigen, wie es ihrer Meinung nach wirken könnte - um nur ja das gewünschte Bild zu schaffen. Damit der andre ja kaufe ...

So werden nur noch Scheinkämpfe geführt. So führt sich alles fort vom Fleisch der Wirklichkeit, ins Land der Phantasten. Und alle jammern nur noch über die verschüttete Milch, die sowieso nicht mehr zu retten ist.

ch weiß, daß man nicht einfach und immer zu naiver Offenheit raten soll. Aber es gibt einfach auch einen Punkt, wo man nur darauf setzen MUSZ. Jahrzehntelang wurde nur um die Stellung der Kirche, in der Meinung der Menschen nicht zu schädigen, nur noch gemauert und geklammert, sodaß niemand mehr gemerkt hat, daß er nur noch einen staubzerfallenen, verwesten Leichnam in Händen hielt, eine Mumie. Alles ist im Systemkonservativismus erstickt und tut es noch heute.
Wenn es aber heißt: "... und wenn Dich einer zwingt, eine Meile mit ihm zu gehen, so geh zwei mit ihm" - dann drückt sich darin eine auch rein menschlich gesehen tiefe Klugheit aus. Ein Urteil in den Augen der Menschen muß sich in deren Herzen - als eigene Leistung!" - bilden. Laßt doch den Menschen diese Freiheit! Das Ergebnis, ich bin überzeugt, wird ganz anders ausfallen, als all diese neurotischen Zwangsbeglücker ahnen - weit besser nämlich!

Wenn es aber eine Gruppierung in der Kirche geben sollte - und die gab es ja zu allen Zeiten, Luther war der effektivste von ihnen - die meint, eine Kirche OHNE die Tatsache, daß sie in zerbrechlichen Gefäßen real existiert, verkaufen zu können, dann kann man davor nur warnen. Denn was sind das dann für Menschen?! Gerade diese behauptete Heilsvollkommenheit und -Gewissheit ist ja der Krebsschaden, ja sie ist der Kern der Liturgiereform nach dem Zweiten Vaticanum samt manchen Gegenbewegungen, der seit Jahrzehnten alles zugrunde richtet. Weil das Gewand der Kirche blickdicht macht - de labore sole!

Die Zeichen der Zeit lauten heute anders, das wage ich zu behaupten. Sie lauten nicht: Wiederherstellung eines längst verlorenen, längst museal gewordenen Zustands. Das ist vorbei. Wie sehr, zeigen gerade die Vorfälle der letzten Jahre, die zeigen, wie morsch so vieles war, was da so alles jahrzehntelang dahinfaulen konnte, ohne daß man es zur Kenntnis nahm. Der wahre Skandal wurde ja zunehmend gar nicht das individuelle Fehlen Einzelner - sondern das Verhalten der Kirche selber, die Vertuschung, die Ignoranz, die einer Verhöhnung aller Opfer gleichkam, und die Untaten nie enden ließ!

Deshalb sind sie auch wieder aufgetaucht, alle. Und wer weiß, welche noch auftauchen. Das zu sagen ist nicht Verleumdung, sondern längst schon gebotene Klugheit. Das zu verleugnen aber verlangte genau die falsche, die dümmliche Naivität. Das fing an bei Kardinal Groer, und es scheint nicht zu enden. Da wedelt doch längst der Schwanz mit dem Hund - nicht mehr die Tat zählt, sondern die Rezeption ...
Vielleicht letztere genau wegen des Umgangs mit der Tat? Wie endet denn Unrecht jemandem gegenüber? Mit Kadavergehorsam, der das Opfer eben zum Opfer fallen muß, das sollen sie alle endlich zur Kenntnis nehmen, weil die Tat weniger zählt, als der PR-Schaden an der Kirche? Das wirkliche, realistische Maß all dieser Untaten kann so ja nicht einmal wirklich rezipiert, frei von allen zeitgemäßen Hysterismen, und damit jene auch geheilt werden! Sicher nicht geheilt werden sie, wie groß und wirklich schwer sie auch sein mögen, wenn über all die Obacht, mit der über dem Image "der Kirche" gewacht wird, das Unheil genau durch den Umgang damit weiter aufrecht bleibt. Zumal in einer Zeit des Zerfalls der kulturellen Ordnungen. Denn das heißt, daß auch die Integrationskraft für Wunden sinkt, und früher noch integrierbare, im Schweigen diskret gehaltene Aporien, nun als Zerfallsprodukte ans Tageslicht kommen ... es wäre für alle gut, sich darauf einzustellen. Vor allem auch für die, die alle Hände voll zu tun haben, und damit gar keine mehr freihaben, um mit fanatisch geweiteten Augen die Potemkin'schen Dörferkulissen festzuhalten.

Die Ursache der grandiosen Orientierungslosigkeit, die heute herrscht, ist eigentlich genau der fehlende Begriff, die fehlende Sichtbarkeit von Heiligkeit - das ist der Kern auch all der Phantasmorgien, die sich gebildet haben, von Medjugorje bis zu Pius X. Deshalb ist die Häme, die einer Kirche entgegenschlägt, die genau das zu sein ja behauptet, heilig, heil, wie sonst sollte sie es weitergeben, nur zu verständlich: Wo ist sie denn da also, die Heiligkeit? Wie sieht es denn aus, das, was der Mensch sein könnte und - sollte, und ... wollte? Ist es denn nicht blanker Zynismus, dafür eine Lebensführung einzufordern, deren die Prediger selbst nicht fähig sind? Heiligkeit wird um kein Jota wahrer, wirklicher, wenn man dafür sorgt, daß alle die entsprechende Brille aufsetzen, die einen ansehen. Schon vergessen? Der Zweck heiligt nicht die Mittel!

Wo aber wären sie, die heiligen Priester heute? Wo!? DAS von Bischöfen und Päpsten endlich einmal zur Kenntnis genommen zu sehen, das ist ein erster Schritt ... es ist die Wehmut der Sehnsucht nach solchen Priestern! Gerade in dieser historischen Situation, wo wirklich alles zerfällt, und kosmetischer Fassadenkitt einfach nicht mehr reicht, um temporäre Schäden auszubessern, bis zur nächsten Generalsanierung. Aber als Dauerkosmetik es zu verkaufen - so agieren Keiler, die den Daumen auf die Fehlstelle halten, und nur ihrer Sache unsichere Verkäufermarionetten versuchen etwas vorzugaukeln.

Jeder offizielle, und vor allem aber: jeder selbsternannte Provinz-PR-Agent soll seine Betriebsanleitung, wie man Autorität und Stellung innerhalb der Gesellschaft erreichen könne, endlich an Scientology und NLP-Trainer zurücksenden, die sämtlich in dieser Angst vor der Wirklichkeit, dem Sein, ersticken. Das immer und in aller Gestalt letztlich tragend wirklich ist und bleibt, und auf das man auch vertrauen lernen muß, und dann sollen alle diese endlich in Pension gehen.

Tun wir alle ab den Schlaf, bedecken wir unser Haupt mit Asche, und lassen wir uns endlich erneuern. De labore sole hieß das Motto des Malachias, das über dem Pontifikat von Johannes Paul II. stehen solle. Ja, es trifft zu: Gott kann nicht mehr durchwirken. Durch die schweren Stoffe, aus denen die Kostüme gewebt sind, die Kirche und vor allem das Heil vorgaukeln sollen. Das ist ein Faktum. Und es trifft auf sowohl die Rechten, wie auf die Linken zu - sie sind Teil derselben krankhaften Misere: Gott das Heft aus der Hand nehmen zu wollen, weil er sich erdreistet, armselig zu sein.

Rudolf A. Schröder greift in seiner Predigt zum Sonntag Invokabit (der heutige erste Fastensonntag heißt auch bei den Protestanten so) im Jahre 1946 die Schuld Deutschlands der vergangenen Jahre auf, und er spricht es ins Heute, denn Geschichte ist nur das jeweilige Gesicht der stets gleichen Kräfte: auch wenn nun das große Splitter- und Balkensuchen anhebt, der Baum ist als Ganzes betroffen und verflucht. Die Wurzel kann nun nicht sagen, sie hätte ja alles ihrige getan, die Blätter seien es gewesen! Es braucht nun das Einstehen für das Gesamte, es braucht Seelen, die das Kreuz tragen - nicht abwehren, oder verteilen. Wir haben noch eine Frist erhalten.

Es braucht Seelen, die noch ernst nehmen, wenn sie vor der Kommunion dreimal an die Brust schlagen und murmeln: Domine, non sum dignus ut intres sub tectum meum, sed tantum dic verbo, et sanabitur anima mea ...


Ambrosius