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Samstag, 19. Juni 2010

Der Wille entscheidet über das Licht

Der Intellekt ist so vergänglich, wie das Gehirn, dessen Produkt, oder vielmehr Aktion er ist. Das Gehirn ist wie der gesamte Organismus, Produkt, oder Erscheinung, kurz Sekundäres, des Willens, welcher allein das Unvergängliche ist, schreibt Schopenhauer in seinen Kommentaren zu "Die Welt als Wille und Vorstellung".

Das Bewußtsein ist bedingt durch den Intellekt, und dieser ist ein bloßes Akzidens (eine beigefügte Eigenschaft) unseres Wesens. Der Organismus ist die Sichtbarkeit, Objektivität des individuellen Willens, das Bild desselben, wie es sich darstellt, in eben jenem Gehirn. Der Intellekt ist das sekundäre Phänomen, der Organismus das primäre, nämlich die unmittelbare Erscheinung des Willens. Der Wille ist metaphysisch, der Intellekt physisch. Der Intellekt ist wie sein Objekt bloße Erscheinung; Ding an sich ist allein der Wille. Damit ist der Wille die Substanz des Menschen. Der Wille IST die Materie, der Intellekt die Form. Der Wille ist die Wärme, der Intellekt das Licht.

Damit deckt sich Schopenhauer auffällig mit Augustinus! Es wird die zentrale Stellung des Gewollten deutlich, aus dem Liebe wie Haß, Lust und Unlust, Fürchten, Hoffen, Streben, Fliehen, alles was das eigene Wohl und Wehe ausmacht, entspringen.

(Weshalb sich, das nur nebenher gesagt, großer Intellekt nur bei Menschen mit großem Willen - und leidenschaftlichem Charakter - findet. Schopenhauer meint sogar, unter Bezug auf Bechat, daß deshalb auch großer Intellekt nur bei Menschen mit entsprechender Gehirndurchblutung, also mit "dickem, kurzem Hals" zu finden sei.)

Doch ist es dem Menschen genau deshalb (weil das Bewußtsein des Erkennens über das rein leibliche Begehren geht) möglich, sich in die rein betrachtende, anschauende Tätigkeit (des erkennenden Bewußtseins, das sich ja nur mit Bildern und Anschauungen befaßt und füllt) zu versetzen - wodurch er in der Lage ist, rein objektiv (im wahrsten Sinne) zu denken! So wird er zum klaren Spiegel der Welt (der Objekte in seinen Vorstellungen, Anm.) Denn entscheidend ist, WAS man will, nicht: DASS man will. Der Wille ist immer er selbst - entscheidend ist, welche Erregung welchem Ziele zugeordnet ist.

Der Wille ist erkenntnislos und unerschöpflich - die Erkenntnis des Verstandes aber willenlos und erschöpflich. Der Intellekt muß also vom Willen angetrieben werden.


*190610*