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Mittwoch, 2. Juni 2010

Fremdsprachenirrtümer

Das Entscheidende am Erlernen einer Fremdsprache ist nicht das problemlose "Palaver", das einem in der Fertigkeitsübung möglich wird. Es ist, schreibt Schopenhauer, das Erlernen des Umgießens eines Vernunftinhalts in das Symbolhafte eines Wortes. Dieser - klar bewußte! - Akt ist also auch hilfreich, das Eigentliche der Begrifflichkeiten immer klarer sehen zu können.

Die nur in Worte fixiert werden, Wort und Begriff, der wesentlich Anschauung ist beziehungsweise auf diese zurückgeführt werden kann und muß, sind also nicht primär ident zu sehen, sondern werden vereinbart identisiert, gewissermaßen - das Wesen des Symbols.

Das ist übrigens das klarste Argument gegen die heute zunehmend angewandte "Methode" einer möglichsten Unmittelbarkeit des Erlernens von Fremdsprachen, das eben diese Bewußtheit, diese Verstandestätigkeit, ausschließt, ja ein Sprechen "jenseits der Vernunft" fördert. Mit dem Ergebnis, daß die heutigen jungen Menschen fließend und ohne jede Scheu jede Menge Fremdsprachen sprechen - und zugleich das Vermögen verlieren, zu präzisieren, wovon sie überhaupt sprechen, indem sie die Präzision des Denkens, eine Funktion der Tugend, nachgerade abzubauen lernen! Ja, es kommt zu einer nachgeraden Schädigung dessen, was die entscheidende menschliche Kraft ist - die Urteilskraft, die erst die Vernunft (als eigentliches Humanum) in ihre Größe und Aufgabe hebt.

Was sich mit der Erfahrung deckt, daß gerade Depersonalisierung (!) - anstelle eines Persönlichkeitsaufbaus wird alles in der Potenz gehalten (man beachte die heutige Rolle von "Begabung") - für "Fremdsprachenkenntnisse" höchst förderlich ist, und fremdsprachengewandte Menschen nicht selten größte Defizite im Aufbau ihrer Persönlichkeit aufzuweisen haben ... denn ihre oft stupende Sprachengewandtheit ist häufig die (zweifelhafte) Ausweitung ihrer auch in ihrer Muttersprache bestehenden Angewohnheit, zu plappern, anstatt zu sprechen.

Für sie trifft zu, was Schopenhauer pointiert, aber höchst präzise so formuliert: Sie werden abgerichtet wie Thiere, die Sprache sinkt zur Gewohnheit ab, wo sie meist auch dann lebenslang bleibt, von Erfahrung nie mehr behelligt. Und damit verbunden sind natürlich auch die Begrifflichkeiten, die ihnen mit der bequem gewordenen Sprache eingeimpft worden sind. In jedem Fall sind ja diese "subcutan gewordenen" Begrifflichkeiten, Anschaulichkeiten, relativ zu den Personen, die sie übermitteln.

Während einer der schärfsten, originellsten Denker, die der VdZ persönlich kennt, keine einzige lebende Fremdsprache, "nur" Latein, neben natürlich: großem Deutsch, zu sprechen vermag.



*020610*