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Donnerstag, 15. Juli 2010

Bereits geleistet

Vielleicht sollte man manchmal einfach wiederholen, was wissenschaftstheoretisch bereits geleistet wurde - denn vieles scheint immer wieder in Vergessenheit zu geraten, vieles, ja das meiste wohl, hinkt gerade in der Popularisierung von "Erkenntnissen" oft um Jahrhunderte hinterher.

Eine solche Erkenntnis ist die "Unvollständigkeit", die der Österreicher Kurt Gödel etwa 1930 bewiesen hat. Und die im Grunde Wittgenstein - Rebecca Goldstein zeigt das in ihrer Gödel-Biographie auch für Laien-Mathematiker bemerkenswert nachvollziehbar auf - der Gödel haßte, nur bestätigt hat (in seinem letzten Satz des "Tractatus").

Gödel sagt nichts anders, als daß (in sich widerspruchsfreie) formale Systeme - und damit ist zum einen eine rein formal verstandene Mathematik genauso verstanden wie eine rationalistische Logik - niemals aus sich selbst heraus beweisbar sein können. Sie benötigen (man kann es wie Gödel selbst sogar bis ins Religiöse transformieren) einen Rückgriff auf eine "intuitive" Einsicht und Gewißheit, will man ihre Wahrheit beweisen. Will man darauf verzichten, muß man auf weite Bereiche (der Mathematik, der Logik) verzichten, die vorhanden, die wahr, aber nicht mehr innerhalb dieses Systems beweisbar sind. (Was übrigens schon wie die Wiederholung von Aussagen Schopenhauers klingt, die hier vor kurzem zu lesen waren.)

Sehr vereinfacht, ja nur in die Richtung gewiesen: es hat mit der Selbstbezüglichkeit von Aussagen zu tun, und das berühmte Beispiel soll andeuten, was gemeint ist - im Kreter Eumenides, der da sagt: "Alle Kreter sind Lügner." Stimmt diese Aussage, ist sie zugleich falsch. Ist sie falsch, ist sie richtig.

Damit hat im Grunde Gödel einem Wissenschaftsverständnis das Licht ausgeblasen, das HEUTE aber - in spätem Nachvollzug des wissenschaftstheoretischen Formalismus der 1920er Jahre - im Verständnis der proletarisierten Akademikerhirne als Maßstab der Wissenschaftlichkeit dargestellt wird. Und sich immer noch durch die Fakultäten zieht, als "Purifizierung" der Wissenschaften.

Die Gödelschen genauso wie die Wittgensteinschen Aussagen sind fundamentale Aussagen über die Wirklichkeit - die sich einem rein logizistischen Erfassen entzieht, in ihrer Logik also den Menschen immer (!) übersteigt. (Was nicht heißt, daß sie irrationale Struktur hat, zum Gegenteil. Aber ihre "Hervorrufbarkeit" ist "metalogisch", weil menschliche Systeme nie ausreichend, immer "unvollständig" sind weil sein müssen. 

Die Gödelschen Aussagen beziehen sich ja auf eine wirklichkeitsäquivalente Rekonstruktion. Er sagt nichts anderes als daß wir mehr wissen können, als formal ausdrückbar ist, und daß man auch wissen kann, was nicht formalisierbar ist. Hier unterscheidet er sich zumindest vom frühen Wittgenstein, der da noch meinte, daß alles zu Wissende auch formalisierbar sei.)


*150710*