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Dienstag, 27. Juli 2010

Ein wichtiger Schritt

RAI, der italienische staatliche Rundfunk, wird zukünftig bei Sportübertragungen auf die Zeitlupenwiederholung verzichten. Bislang wurde jede neuralgische Situation (und es hat auch bei uns längst überhand genommen) wieder und wieder gezeigt, und so kam es unter anderem zu ständigen Diskussionen über Schiedsrichterentscheidungen.

Das soll nun vermieden werden, denn es sei nutzlos, schaffe nur sinnlose Aufregung. Vielmehr werde die gewonnene Zeit für Analysen der Taktik etc. verwendet.

Das ist deshalb interessant, weil es ein Schritt in eine fundamental neue Richtung, ja in mancher Hinsicht eine Kehrtwendung ist. Im Bestreben, Schiedsrichterentscheidungen vollkommen zu machen, hat man ja seit vielen Jahren immer engere Wege beschritten. Längst ist der Schiedsrichter am Platz nur noch der Frontman einer hinter ihm stehenden vier-, ja fünfköpfigen Entscheidungsgremiums, das per Funk in ununterbrochenem Kontakt steht.

Und bemerkenswerterweise nahmen, wie die WM in Südafrika zeigte, die Fehlpfiffe nicht nur nicht ab, sondern sie nahmen scheinbar dramatisch zu!

Weil wir nun ja immer wußten und wissen, wann es zu einer Fehlentscheidung kam? Nein, behaupte ich, sondern weil die zurückgezogene Verantwortlichkeit des Hauptschiedsrichters am Feld (samt seiner gesteigerten Angst, Fehler zu machen) diesen zunehmend unfähiger machte, zu tun was er zu tun hatte: zu entscheiden, weil er sich aus der Spitze des Geschehens zurückzog. Was da geschah ist mit Verunsicherung längst nicht ausreichend beschrieben. Es ist ein Zurückziehen aus der Aufgabe, ein Zurückziehen aus dem ... (schon wieder das Wort?) Sein.

Je weniger Gewicht auf den aufeinanderprallenden Nadelspitzen der Dingheiten lastet, desto unrealer, un-seiender werden sie. Sie diffundieren, weil damit die Welt diffundiert, die nur Welt ist, weil sie das darstellt, wo und in welchem Maß sie mit dem Sein Kontakt hat. Womit auch angedeutet ist, warum sich heute unsere ganze Welt so dramatisch aufzulösen beginnt. Wo sich aber Welt auflöst, wuchert Lebenswille, Seinswille des Lebendigen, zum sinnlosen, ungeformten Krebsgeschwür.

Die Entscheidung von RAI  war also ein bemerkenswert richtiger Schritt - zu mehr Welt. Indem man beschließt, die Dinge wieder mehr auf sich selbst kommen zu lassen. Ein Anfang vielleicht gar, dem nun viele weitere Schritte folgen? Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne? Nein, es ist Magie. Jeder Anfang bringt eine Dingheit zur Welt, die zu wirken beginnt. Weil alles was ist, wirkt.


*270710*