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Donnerstag, 15. Juli 2010

Gerede

K schwieg immer. Als es durch die Berge ging, durch die Klöster, als es rund um die Moscheen ging, durch Bazare und Hinterhöfe. Er schwieg.

M redete immer. Als es durch die Bazare und Straßen ging, in Klöster, Kirchen und Moscheen, in Museen und Burgen, sie redete und redete und redete, und K weigerte sich, ihr zuzuhören, es war Geräusch, sinnloses Geräusch. Er weigerte sich, die Worte auf einen Nominalwert zu reduzieren, wonach sich doch Sinn darin finden würde, so wie man einen dürren Baum absucht, der dann doch hier, oder dort, noch eine verkümmerte Frucht birgt.

Wenn sie schwieg, so nur scheinbar - um einlangende SMS zu lesen, um SMS selbst zu schreiben und abzusetzen. Oder weil sie sich Kopfhörer in die Ohren gestöpselt hatte, um Musik zu hören, der sie aber auch nur kurz zuhörte - denn meist sang sie dann mit.

Am Abend des Freitag kamen sie endlich zum Kloster. Der Mönch empfing sie, und sie wurden nach ersten Einquartierungsgeschäften zum Essen gebeten. M erzählte von der Reise, und es fehlte wohl kein Detail. Es ging über das Land, die Leute, die Bazare und Kirchen und Klöster und Berge.

Nachdem sie gespeist hatten, meinte Aristidoulos zu K: Du sagst nie etwas?
K blickte ihn an. Es gibt ohnehin viel zu viele Worte in der Welt.
Aristidoulos nickte.
Ja, sprang M auf. Das finde ich auch!

***

Es gibt Menschen, die nicht mehr für sich sein können. Sie scheuen das, was den Menschen aber überhaupt erst ausmacht: die Individuation. Sie haben sich im Gemeinen aufgelöst, sind tatsächlich nur noch Teil einer verbalen Kollektivseele, zu der die Kommunikationsmedien geworden sind: in der sich verlorene Einzelseelen ihrer selbst vergewissern. Dem Tod der Dinge ist die Auslöschung des Menschen zwangsläufig gefolgt. Beides hängt existentiell zusammen.


*150710*