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Mittwoch, 14. Juli 2010

Selbstinduktion Person

Schopenhauer kann nicht begründen, warum der Mensch - der Teil des All-Eins sein soll, von diesem allgemeinen Willen, "sich" in diesem Aspekt (hier Mensch, dort Ziege, dort Stein) zu zeigen, ausgehend, zu diesem zurückkehrend (Schopenhauer weiß um die Nähe unter anderem zum Hinduismus, er zitiert die Upanishaden nicht zufällig an diesen Stellen) - Todesangst überhaupt haben sollte, oder könnte. Gleichermaßen fehlt ihm die "Separation" ZUR Gestalt, zum Individuum, aus Prinzip. Er konstatiert nur - Zeit und Raum IST für ihn das Prinzip der Individuation.

Ihm fehlt der Personsbegriff, der über das Zeitliche hinausgeht. Schopenhauer kennt dieses Für-sich-stehen des Menschen nicht, er wird da seltsamer Aristotelist, wo mit der Existenz alles steht, und vergeht. Ihm zerfällt folgerichtig auch alles in dem Moment, wo der Wille sich (zum Gesamtwillen) zurückzieht - das Individuum geht ins Alleins auf. Demnach wäre der Drang zur Individuation, der dem Menschen zweifellos eigen ist, ja der allem eigen ist, trotz aller "Artheit" als Kennmerkmal, nicht erklärbar beziehungsweise nur aus "psychischem Luxus" erklärt, der Mensch nur Aspekt.

Es geht ihm um die Artheit (die Art über das Individuelle zu stellen, ja selbst nur um der Art willen da zu sein) wie es vor allem bei Tieren zu beobachten ist (denen es nur um die Art zu gehen scheint, nicht um das Individuelle - was im übrigen auch in der Natur nicht stimmt, genau aus der Beobachtung: auch das Tier kämpft ums individuelle Überleben, wenn auch abgestuft, sodaß sich diese "Eigenschaftlichkeit" aufbauend im Menschen vollkommen findet, im Tier graduell, und hinweislich)

Alles Lebende aber ist primär gekennzeichnet durch ein INNEN, das sich in die Welt hinein entfaltet, ja dieses selbständige, sich selbst induzierende Innen ist sein als Lebendes Kennzeichnendstes. Und dieses will für sich sein, will leben, nicht aufgehen.

Also wird Schopenhauer gegen Schluß seines Hauptwerkes, den er der Moral widmet, sogar in seinem Sprachstil seltsam "utopistisch" - und plötzlich "sollte", und "könnte" und "müßte" man - die Todesangst durch Reflexion und Philosophie überwinden; wo sich alles Leiden als "nichtig" relativiert, weil alles ja nur "gleichwertige" Lebenserscheinung ist.

Gleichgültigkeit ist die Folge, wenn es gleichgültig ist, ob ein Individuum existiert, oder nicht - Schopenhauer formuliert es ja richtig. Gleichgültigkeit, nicht aber Überwindung. Sodaß Moral wirklich nur noch zum "zu habenden" Lebensgesetz wird, keinen Sinn mehr in sich, als metaphysische Seinstat, hat. Das Leben wird zum stumpfen Schicksal. Und damit fehlte ihm genau das, was den Menschen aber überhaupt ausmacht: der Wille zur Kultur. Der ein Wille zur Anamorphose (Woltereck) - als Grundgesetz allen Lebens - ist: Entfaltung, Vielfalt als wenn/so einer jeden Augenblick neuen, noch nie so gewesenen Welt als Zueinander individueller (!) Willensimpulse.

Der genau fehlt eben Schopenhauer, der die Freiheit des Menschen bestreitet, und alles Leben als simple Notwendigkeit eines Konzerts zueinander stehender Motive (im Wirken) sieht - während die Biologie sogar jeden Grundimpuls des Lebendigen als Selbstinduktion "freiheitsverdächtig" - als in der höchsten Stufe in menschlicher Freiheit endend - in diesem "Konzert der Zueinander" erkennt.


*140710*