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Sonntag, 25. Juli 2010

Überraschende Ehe

Ich war verblüfft: das hatte ich nicht erwartet. Nicht dort, in der häßlichsten Provinz, und nicht unter diesen Umständen. Aber der Traupfarrer schien wirklich zu wissen, wovon er sprach.

Als er nämlich die Ehe einen schöpferischen Akt zweier Menschen nannte, in welchem sie ihrer beider Leben aus den Tiefen primitiver Bedürfnisbefriedigung zum Geist erhöben. Wer heiratet, meinte er, der verlange noch mehr von sich und der Welt, der gebe sich nicht zufrieden, jemanden zu haben, an dem er seine Lüste stille, solange es ihm halt noch Spaß mache. In der Ehe sei ein Drittes im Spiel, und käme im Kind zur Frucht.

Ich verzieh ihm daraufhin die Penetranz seiner Eitelkeit, die in der Erzdiözese Wien ja Stigma nahezu des gesamten Klerus ist. Hier hatte er Mut bewiesen.

***

Es ist mehr als Gerede, wenn man allenthalben liest, daß die Kirche selbst das überzeugendste Beispiel ihrer Wahrheit sei - nämlich gerade in ihrer Bresthaftigkeit, in der manchmal unfaßbaren Unzulänglichkeit ihrer Repräsentanten.

Nach menschlichem Ermessen KANN eine derartige Organisation, ein derartiger Organismus nicht länger als höchstens einige Generationen überleben. Dann zerfällt er. Daß die Kirche nach wie vor besteht, daß sie nach wie vor - wenn man auch oft suchen muß - noch ein Ort ist, wo man Heil und Geist erfährt, hat sie nicht ihren Menschen zu verdanken, das muß Gottes Werk sein.

Wobei - und doch: es sind auch die Menschen, gerade diese Menschen, deren sich Gott bedient. Ohne sie wäre sein Wirken nicht möglich.

Unfaßbares Geheimnis!

Welch' Trost aber auch einen selbst betreffend!


*250710*