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Donnerstag, 5. August 2010

Das hätten sie uns nicht sagen müssen

Wir hätten es auch so gewußt - neunundsechzig Prozent der in Österreich lebenden, ansässigen, ja sogar eingebürgerten Türken fühlen sich der Türkei - "dem Staat aus dem ich stamme" beziehungsweise "aus dem meine Eltern stammen" - zugehörig, nicht Österreich, schreibt die Presse. Auch wenn sie bereits in zweiter Generation hier sind.

Auch das ein alter Hut, der jedem Menschen mit Hausverstand - also nicht solchen mit Ideologiebrillen - und alltäglicher Beobachtung bekannt war, von der "josefinischen" (Copyright by Robert Menasse) Politik aber ignoriert wurde.

Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien, Polen oder Rumänien und Deutschen (die stärkste Gruppe) fühlen sich übrigens laut Erhebung deutlich mehrheitlich Österreich zugehörig. Sie sehen sich auch weit mehr integriert, weil die Ähnlichkeit der Kultur trägt. Türken empfinden sich hingegen sehr deutlich als "Ausländer". Neunundsechzig Prozent von ihnen verfügen übrigens nur über Pflichtschulabschluß, doppelt so viele wie die übrige Bevölkerung. Der Bildungsstand der Migranten insgesamt gesehen ist im Schnitt hingegen höher: ein Drittel hat Matura, was nur auf ein Viertel der restlichen Österreicher zutrifft.

(Mit allen Fragezeichen, was solche "Bildungsausweise" oft wert sind - mit welchem Umstand der VdZ so seine Erfahrungen, nicht nur in seiner Zeit als Unternehmer, gesammelt hat.)

Insgesamt empfinden aber rund vierundvierzig Prozent der 1,469 Millionen Zuwanderer ("Menschen mit Migrationshintergrund"), die österreichische Staatsbürger sind, Österreich nicht als Heimat.

Womit die Sollbruchstellen bereits definiert sind. Wir sollten uns nur rechtzeitig überlegen, welche Staatsgebiete allenfalls zur Abtretung an einen neu entstehenden Nationalstaat - à la Kosovo - in Frage kommen. Denn über siebzig Prozent der Türkischstämmigen in Österreich fühlen sich auf jeden Fall "hier heimisch."

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Die Kleine Zeitung hinwiederum bringt, kontrapunktisch, eine Umfrage eines Linzer Instituts. Aus der hervorgeht, daß zweiundfünfzig Prozent der Österreicher FÜR Zuwanderung seien, weil anders die demographischen Probleme (sieh an, sieh an, allmählich hat sich hier ein "Problembewußtsein" eingeschlichen, vor zwei Jahren war das Thema völlig "neu") nicht zu lösen seien.

Natürlich erspart uns diese Umfrage nicht (aber auch daran sind wir gewöhnt) die Botschaft, daß nur die "Dummen", die "Ungebildeten" GEGEN Zuwanderung seien, beziehungsweise die Probleme in den Vordergrund stellten. Auf daß es uns endlich, endlich aufgehe: Nur die Dummen sind nicht politically correct. Was ein bezeichnendes Bild auf die Effekte des Bildungssystems wirft. Mit einer bemerkenswerten Facette: Frauen sehen ebenfalls mehrheitlich die Probleme die damit verbunden sind, und sind eher dagegen. Da muß man, als gelernter Österreicher, freilich nur einmal ums Eck denken, um auch das hinzukriegen: Frauen, benachteiligte Wesen per Geburtsschein, sind auch in der Bildung benachteiligt, dank des bösartig-faschistoiden "Kinder - Küche - Kirche -" Denkens des männerdominierten Landes. Also ist es wieder möglich, ihren Anteil an den Umfragewerten, wie den der "nicht Gebildeten", nicht so ernst zu nehmen, die Welt ist wieder in Ordnung.

Lassen wir die Kleine Zeitung, die ja sichtlich ihre Verantwortung wahrnimmt, was auch der KURIER sich noch deutlicher an die Fahnen zu heften vorgenommen hat, selber sprechen:

Das Linzer Meinungsforschungsinstitut "market" hat fünfhundert Personen über sechzehn Jahre in Online-Interviews zu dem Thema Zuwanderung befragt. Einundsechzig Prozent der Männer finden, daß Zuwanderung wichtig ist. Überdurchschnittlich aufgeschlossen gegenüber Immigration sind die über fünfzig Jahre alten Österreicher sowie Maturanten oder Universitäts-Abgänger (je dreiundsechzig Prozent). Daß Zuwanderung für Konflikte und Mehrkosten beim Steuerzahler sorgt, glauben dreiundvierzig Prozent der Befragten. Mit einem Anteil von achtundvierzig Prozent sind die Frauen überdurchschnittlich stark unter den Skeptikern vertreten. Auch für fünfundfünfzig Prozent der Jungen (sechzehn bis neunundzwanzig Jahre alt) und dreiundfünfzig Prozent der Volks- oder Hauptschulabgänger stehen Konflikte und Mehrkosten im Vordergrund.

"market" hat auch gefragt, wie die Integration von Ausländern in Österreich generell erfolgen sollte. Mehr als die Hälfte der Österreicher (dreiundfünfzig Prozent) ist der Meinung, dass die Politik Zuwanderer bei der Integration unterstützen sollte. Zweiundvierzig Prozent finden, dass sich die Zuwanderer selbst integrieren sollten. Ihr Anteil ist vor allem bei jenen, die glauben, daß Zuwanderung für Konflikte sorge, mit einundsechzig Prozent überdurchschnittlich hoch. Auch Ältere ab Fünfzig, die sich zu einem hohen Anteil für die Zuwanderung aussprechen, fordern zum Großteil (zweiundfünfzig Prozent) die Integration durch die Zuwanderer selbst.

Insgesamt vierundvierzig Prozent der Bevölkerung meinen, daß die Politik mehr zur Integration beitragen sollte, nur jeder Zehnte findet die derzeit gesetzten Maßnahmen ausreichend. Auf die Frage, aus welchen Ländern sie sich am ehesten Zuwanderer wünschen, bevorzugten achtundsechzig Prozent der interviewten Österreicher ihre "Lieblingsnachbarn" aus Deutschland. Tschechien landete mit fünfundzwanzig Prozent auf Platz zwei, gefolgt von Serbien und der Slowakei ex aequo mit einundzwanzig Prozent. Am anderen Ende der Liste der am ehesten gewünschten Zuwanderer sind mit jeweils sieben Prozent solche aus afrikanischen Ländern, Russland, der Ukraine und dem arabischen Raum. Noch unbeliebter sind Immigranten aus der Türkei und Rumänien (jeweils sechs Prozent) und Slowenien (fünf Prozent).

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Da hat wohl manches miteinander zu tun.

 
 
*050810*