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Dienstag, 28. September 2010

Passend zum Tag?

Wachen jetzt manche auf? Oder häufen sich ähnliche Meldungen heute zufällig? Kündigt sich gar, wie Werner Schneyder es nennt, eine Bernhard-Wende an? Schneidet nun das Wort "Aber der hat ja gar nichts an!" durch die von neurotischer Wirklichkeitsverweigerung dicke, ja betonstarke Luft des Kulturbetriebs? Was führt dazu, daß Schneyder sogar die erstaunlich richtige, adäquate Schlüsselfrage stellt, am Schluß, die alles aufsprengen, endlich aufsprengen könnte: "Warum habe ich mich geirrt?"

Lesen Sie, was er zu der Inszenierung von Thomas Bernhards "Heldenplatz" am Theater in der Josefstadt sagt. Es enthält Wahrheiten, die allgemein sind und über nahezu die gesamte "Kunst- und Theaterlandschaft" umlegbar sind. Und die uns - uns, von ARS ACTU - in unserer Auffassung wie Arbeit (die natürlich auf andere Weise nicht beendet wurde) nur bestätigen, mit denen durchzudringen aber nicht möglich war, weshalb wir uns bekanntermaßen entschlossen haben, vorläufig jede weitere Theaterproduktion zu unterlassen.

Wahrheiten finden sich da, die einfach die Natur der Theater- und Schauspielarbeit betreffen, Aussagen, die sich über so viele "zeitgenössische" Stücke treffen lassen, Erfahrungen, die man so häufig als Theaterbesucher macht.


Eine ganze Generation hat sich täuschen lassen!

Am Wiener Theater in der Josefstadt ist zur Zeit eine Vorstellung (dringend) zu besichtigen. Weil sie in Österreichs Theater- und Literaturgeschichte eine entscheidende Wende einleitet. Die durchaus ehrenwerte Idee, das Stück "Heldenplatz" des Thomas Bernhard zwanzig Jahre nach einem publizistisch genial disponierten und provozierten "Skandal" wieder zur Diskussion zu stellen, zeitigt ein außerordentliches Ergebnis. Das wird in erster Linie von einem sehr guten Regisseur "verschuldet", der sich (wenn wir von einer kindischen Rhythmisierung des ersten Aktes absehen) bemüht, die sprechenden Personen zu Menschen zu machen. Für diese Intention hat er in dem überragenden Schauspieler Michael Degen den bestmöglichen Protagonisten.

Und jetzt passiert das für Viele Unerwartete. Degens Schauspielkunst entlarvt den Text, denn der hält der menschlichen Interpretation nicht stand, erweist sich als blutleeres Gestammel von privatem Quatsch und politischen Behauptungen und Denunziationen, die sich nirgendwo ableiten, nirgendwo hinführen und daher nicht interessieren.

Manche "Übertreibung" entlockt einem kleinen Teil des Publikums ein leises Glucksen, der Rest langweilt sich von Anfang zum Ende. Denn hier wir nichts abgehandelt, hier geht nichts jemanden etwas an. Zwangsläufig beginnen manche zu begreifen, dass das auf Figuren aufgeteilte monaurale Gelaber auch die anderen Bühnenwerke des Autors in ein neues Licht rückt.

Es gab schon klärende Stimmen. Man denke an Erich Hackl oder Daniel Kehlmann, bei dem die Sache mit dem Fuchs und den Trauben nicht strapazierbar ist. Nun, am gespielten Exempel, liquidiert sich das literarische Fehlurteil einer Generation, vom Germanistikprofessor bis zur Trachtenverkäuferin. Was jetzt fehlt, ist - als Anflug von Größe - die Frage eines kritischen Apologeten, die da lautet: "Warum habe ich mich geirrt?"



*280910*