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Montag, 20. September 2010

Vorzeigemodell

Neuseeland war noch vor dreißig Jahren ein Land am Rande des Abgrunds. Die historischen Wirtschaftsstrukturen - Monokulturen, wie Schafzucht, Wolle - waren am Ende angelangt, das Land übersozialisiert, bankrott, die Arbeitslosigkeit hoch. Aber man hat in die Hände gespuckt, hat überlegt was man mit den noch vorhandenen Ressourcen anfangen könnte (was unter anderem die "Kiwi" zu einem der bemerkenswertesten Erfolgsmodelle der neueren Wirtschaftsgeschichte machte!), und "ohne Rücksicht auf Verluste" das Land saniert. Und es ist gelungen, wie es aussieht. Die Presse läßt das Sanierungsprogramm Revue passieren, den es enthält manches, das auch für andere Länder Vorbildwirkung haben könnte, denn, schreibt die Presse:  

Führenden (österreichischen) Politikern zufolge leidet das Land aber nicht unter frechem Nepotismus, zügelloser Geldverschwendung, heillos überforderten Behörden und einer mäßig geglückten Bildungspolitik. Nein, das Land krankt an fortgeschrittener Unterbesteuerung. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Kanzlerpartei SPÖ zur Gesundung des Landes ein Acht-Punkte-Programm vorlegt, das keine einzige strukturelle Reform propagiert, sondern ausschließlich neue Steuern.
Was hat man in Neuseeland damals gemacht?

Statt einfach acht neue Steuern vorzustellen, hat Neuseelands Labour-Regierung die Belastung der Spitzenverdiener von 66 auf 33 Prozent halbiert, die Steuern auf Unternehmensgewinne von 45 auf 28 Prozent gesenkt, alle staatlichen Subventionen für Landwirtschaft und Industrie innerhalb von vier Jahren eliminiert. Die Staatsbetriebe wurden weitgehend verkauft, der Ladenschluss abgeschafft, die Macht der Gewerkschaften zurückgedrängt. Arbeitsverhältnisse unterlagen keinen Kollektivverträgen mehr, sie wurden auf Betriebsebene ausverhandelt, mit oder ohne Zutun der Gewerkschaften.

Fünfjahresverträge für Beamte. Der Bildungs- und Gesundheitssektor wurde marktwirtschaftlichen Kriterien unterworfen, Patienten mussten sich plötzlich an den Kosten von Arztbesuch und Krankenhausaufenthalt beteiligen, nur sozial Schwache blieben verschont. An allen Hochschulen waren Studiengebühren zu entrichten, Stipendien wurden nur noch in Form von Krediten vergeben. Die Verwaltung wurde radikal gestrafft, die Zahl der Gebietskörperschaften von über achthundert auf sechsundachtzig eingedampft, der Beschäftigtenstand im öffentlichen Dienst von neunzigtausend auf sechsunddreißigtausend reduziert, die Staatsdiener wurden mit Fünfjahresverträgen ausgestattet.

Zu Beginn machten die Reformen alles nur noch schlimmer. Die Wende ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Anfang der 1990er-Jahre erntete das Land die ersten Früchte der mühsamen Arbeit: Die Zahl der Jobs erhöhte sich in dem 4,2 Millionen Einwohner kleinen Land um zweihunderttausend, die Arbeitslosigkeit wurde von elf auf sechs Prozent zurückgedrängt, mit den Budgetüberschüssen der folgenden Jahre der hohe Schuldenberg abgetragen. Heute ist Neuseeland übrigens mit vierundzwanzig Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet.



*200910*