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Donnerstag, 16. September 2010

Wie man eine Frau besitzt

Es sind widerliche Gedanken, und sie sollen hier nur zeigen, wie manchmal scheinbar "Gewußtes" banal und oberflächlich ist und uns banausisch macht. So hört man zuweilen, daß die Benennung des Ehepartners als "meine Frau/mein Mann" einen unzulässigen Besitz reklamiere, unmoralisch sei. Man "besitze" sich ja nicht gegenseitig.

Nein, gut, vor allem aber dennoch: Ja.

Es verhält sich nämlich wohl ganz anders, und das geht aus der Beschreibung des Erkenntnisaktes hervor, wie sie zum Beispiel Feuling in seiner "Metaphysik" niederschreibt.

Denn die Bezeichnung "mein" bezieht sich - auf den Akt des Erkennens, und was dabei geschieht. Ein Gegenstand, der vor mir steht, bleibt einerseits ganz er selbst, aber indem ich ihn sinnlich aufnehme, wird er - auf andere Weise - verdoppelt, und dieses Duplikat wandert in meinen Besitz, es vermehrt meinen Erkenntnisstand, es vermehrt mein Sein.

Wenn der Erkenntnisgegenstand nun mir, dem Erkennenden, etwas darbietet, das ich mit meinen Sinnen aufnehmen kann, das NUR MIR bleibt, so "schenkt" er sich in gewisser Weise NUR MIR. Ich bin dann tatsächlich exklusiv bereichert, vermehrt, und ich "besitze" das, was mich vermehrt, es ist sogar auf eine Weise Teil meines Seins geworden. Der Ehepartner wird zu "meiner Frau/meinem Mann" - und "nur" von mir. Und es ist ja keinesfalls Zufall, daß der Geschlechtsakt - das intimste, weil die größte Freude erschaffende Geheimnis! - auch als "einander erkennen" bezeichnet wird, und sich aus genannten Gründen wesentlich Ausschließlichkeit bedeutet.

"Meine Frau/mein Mann", aber auch "mein Freund", "mein Haus" - sie alle drücken diese Intimität (in je anderer Stufe) aus. Und genau DESHALB spricht man ein Eigentum, und genau deshalb ist es schützenswert, und genau deshalb eine Bereicherung - und zwar ERST in dem Augenblick, wo das Erkannte, der Gegenstand, ganz er selbst bleibt! Und nur solange.

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Wie vortrefflich das Gesagte das tatsächliche Geschehen in seiner tiefsten Natur trifft, vermag man vielleicht im Hinweis noch weiter zu erahnen, als Naturvölker bekanntermaßen und häufig eine tiefgreifende Angst vor der Abbildung (im Photo, z. B.) besitzen (oder besaßen, bis wir sie "aufklärten", daß da ja "gar nichts" dran sei). Sie sagen, daß ihnen das Abbild - im Gebanntsein, in der Fixierung, nicht in der Flüchtigkeit des Augenblicks - ihre Seele (ihr Innerstes Ich, also) stehle. Und selbst die Verschleierung der Frau in so vielen Kulturkreisen (beileibe ja nicht nur im Islam!) wird durch dieses "Besitzen im Anblick" ganz neu verstehbar. Es läßt sich ganz gewiß nicht auf utilitaristische Moral reduzieren, wie manche die Verschleierung im Islam begründen, sondern kommt aus viel tieferen und älteren Schichten. Und es bezieht sich auf das, was im Anschauen wirklich vorgeht: ein Aneignungsprozeß des Wesens, der Wirklichkeit des Geschauten. Zwar nicht physisch real, aber noch viel tiefer, noch viel echter - in seinem geistigen Wirklichen.

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Und zwar besitzt er das Erkannte, das als Abbild in ihm ist - durch das "Ich weiß," dem Modus seines Seins (nicht aber sein Sein an sich, denn es ist immer noch "etwas", das tätig ist, das denkt!). Wenn man also das "Cogito, ERGO sum!" von Descartes so verstünde - als Ableitung der eigenen Existenz aus dem Tätigsein des Erkennens, und nicht ontisch-konstitutiv - mit all diesen Voraussetzungen, dann könnte man den Satz akzeptieren.

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Deshalb beseligt und entzückt das Erkannte im Maß seines Erfreuungspotentials, im Maß der Schönheit, je nach Stellung in der Gesamtordnung der Dinge, und das heißt: im Maß der Universalität des Erkannten. Weshalb die größte Freuung im Sehen der Freude selbst liegt, die, weil nur noch geistig (es gibt kein "physisches Ding Freude"), die Freude selbst, in uns, wird - in Gott, dem reinen Geist.

 
 
*160910*