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Montag, 23. Mai 2011

Warum das Reden um Inflation hinkt

Was in öffentlichen Diskussionen über Währung, Inflation und Geld meist übersehen wird, ja gar nie vorkommt, ist der Umstand, daß zwar in den letzten Jahren und Jahrzehnten der Warenkorb im Preis nur weniger stieg, daß sich aber das Angebot darin verändert, und daß es sich vielfach verschlechtert hat. Warenverschlechterung und Veränderungen im Angebot werden, weil sie meist schwer meßbar sind, so gut wie nie berücksichtigt. Dabei wird übersehen, daß es in den letzten Jahrzehnten, durch die "Produktivitätssteigerungen" in allen Bereichen, zu einer Verengung des Begriffs "Ware" auf immer reduziertere "Funktion" auf Konsumentenseite wie auf Seiten der Erzeuger kam.

Preise sind ja nur die eine Seite der Inflation. Die andere ist: die Ware. Wenn man heute auf der Bank nicht mehr von einem Bankbeamten bedient wird, sondern alles mit Automaten abgewickelt wird, so ist das zumindest eine Veränderung des Angebots, in Wahrheit eine massive Verschlechterung, weil das Leben auf Funktionalität ausgedünnt wurde. Das Übel dabei ist, daß diese Verschlechterung vielfach als Verbesserung argumentiert wird. Aber wenn ich als "Radio" werte, was Samsung in Billigstfertigung  ins Regal stellt, und was Grundig vor fünfzig Jahren mit Röhrentechnik "für die Ewigkeit" baute, vergleiche ich Äpfel mit Birnen. Dasselbe gilt für Brot, das zunehmend mit Chemie versetzt wird, um es "billig" zu halten, während dem früheren vergleichbares Brot zur Delikatesse aufgewertet und massiv teurer wird. Damit müßte untersucht werden, ob nicht vieles, was heute als "Luxusgüter" im normalen Warenkorb gar nicht mehr vorkommt - Maßanzug, wirklich gute Schuhe, etc. - vor fünfzig Jahren alltäglicher Lebensstandard, wir in Wahrheit also eine Senkung unseres Lebensstandards durch stillschweigende "Produktentwertung" (Stichwort: Wegwerfgesellschaft) zu tragen haben.

Der Kult um die "Inflation" ist also vielfach ein reines Scheingefecht! Denn die Waren haben sich sehr verändert. Heute müssen sie in der Bewertung des allgemeinen Lebensstandards meist nur noch so aussehen wie das, was sie einmal waren, sind Platzhalter - aus reinen Geldvergnügungsgründen, übrigens! - für die wirklichen Waren, die von früher, die man sich aber nicht mehr leisten kann. Das übersieht man meist, wenn man von Inflation spricht. Ein "Wohlstand", der sich auf die Menge von Gütern bezieht, über die wir verfügen, könnte eine einzige Illusion sein!


*230511*